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Champions League

Arsenal — Barcelona: Es war Kunst

Frank Baade | Freitag, 2. April 2010 1 Kommentar

Arsenal verfehlt zu häufig Titel, Barcelona spielt 2:2 gegen Arsenal und dominiert in den ersten zwei Dritteln ungeheurlich, die Bundesliga schöpft auch international neues Selbstvertrauen

Arsenal ist Wengers Lebensaufgabe

Am zweiten Champions-League-Viertelfinal-Spieltag duellierten sich zwei Klubs, die gemeinhin für das Schöne, das Ästhetische am und im Fußball stehen. Bei Arsenal (nicht: London) wirkt seit 14 Jahren schon Arsène Wenger.

Langsam wird es Zeit für einen weiteren Titel dort, berichtet Christian Eichler in der FAZ noch vor Anpfiff des Hinspiels: „Den meisten Experten gilt Arsenal in diesem Vergleich als nicht konkurrenzfähig. Das liegt nach populärer Meinung an den Prinzipien des Trainers. Er weigert sich seit Jahren, die von Klubs wie Chelsea und Real Madrid befeuerte Inflation der Transfergelder mitzumachen und große Summen für Spieler auszugeben.“ Das schlägt sich auch auf dem Briefkopf des Vereins nieder: „Seit 2005 hat Arsenal keine Trophäe gewonnen. Man war zwei-, dreimal gut dabei, aber am Ende hatten Manchester United oder Chelsea die höhere Schlagkraft.“ Dass Wenger trotz dieser Titellosigkeit nicht zum ihn umwerbenden Real Madrid wechselte, hat Gründe: „Arsenal ist für ihn kein Job, sondern eine Lebensaufgabe.“ Und trotz aller Titellosigkeit habe Arsenal gewichtige Gründe, die für es sprächen: „Das Modell Arsenal steht, was die finanzielle Solidität betrifft, turmhoch über denen vieler anderer englischer Klubs, die über ihre Verhältnisse leben und von Geldgebern abhängig werden.“ Leider wird auch bei Arsenal die Tabelle nicht anhand des Kontostands berechnet, denn: „Die Fans wollen Trophäen. Im vergangenen Mai antwortete Wenger ihnen mit dem Eingeständnis: Wenn er nicht ‚in ein oder zwei Jahren‘ die titellose Zeit beende, sei seine Strategie gescheitert.“

Und eine der so gerne ausgerufenen „letzten Gelegenheiten“ auf einen Titel sei eben jenes Duell mit dem FC Barcelona.

Allesamt Ausnahmespieler

Dieses Duell allerdings machte zu Anfang wenig Hoffnung darauf, dass Arsenal im Rennen bleiben könne. Die Berliner Zeitung labt sich an Namen und Darbietung: „So viel fußballerische Klasse war schon lange nicht mehr auf einem Fußballplatz zusammengekommen. Akteure, die dem Ideal des modernen Offensivspiels am nächsten kommen, wie Andrej Arschawin, Samir Nasri sowie Cesc Fabregas auf Seiten von Arsenal. Barcelona hatte dagegen Xavi und Lionel Messi in seinen Reihen. Allesamt Ausnahmespieler, eher kleinwüchsig, mit schnellen Beinen, ausgezeichneter Technik und einem ausgeprägten Spielverständnis. Die Frage war: Werden sich diese Ästhetiker neutralisieren oder animieren sie sich gegenseitig zu Kunst?“ Um sich selbst zu antworten: „Es war Kunst, zumindest, was die Katalanen aufführten. Keine andere Mannschaft in Europa ist so überzeugt vom eigenen Spiel, keine andere Mannschaft in Europa hat so viele Optionen. Die Londoner mühten sich um ein Gleichgewicht, und doch waren sie bis weit in den zweiten Spielabschnitt hinein in allen Belangen unterlegen. So bemerkenswert wie Barças erste Stunde war allerdings Arsenals Comeback.“

Eventuelle Probleme mit der Genfer Konvention machte Raphael Honigstein (Tagesspiegel) zu Beginn des Spiels aus: „Die Überlegenheit Barcelonas grenzte in den ersten zwanzig Minuten an seelische Grausamkeit.“ Doch insgesamt befindet er: „Das 2:2 war letztlich auf Grund der Energieleistung und Kampfmoral der Gastgeber nicht unverdient. Ob es auch reicht, um in einer Woche im Atelier der großen Meister zu bestehen, ist eine andere Frage.“

Für die NZZ versucht Benjamin Steffen, den Sturmlauf der Katalanen in Worte zu fassen: „Barcelona suchte so zielgerichtet und dominant die Offensive, dass niemand auf die Idee kam, auch bei Arsenal handle es sich um ein spielstarkes Team. In den ersten 30 Minuten verzeichnete Barcelona 70 Prozent Ballbesitz, was nicht verblüffend gewesen wäre, wenn der Gegner Basel geheissen hätte. (…) Fabregas war im Strafraum von Puyol gefoult worden, wobei es eher den Anschein machte, als habe sich Fabregas in den Beinen Puyols verfangen. Puyol wurde des Feldes verwiesen und wird im Rückspiel fehlen – Fabregas, gelb gesperrt, ebenso. Beide werden von der Tribüne aus verfolgen, wie sich ein Stück Schönheit aus der Champions League verabschiedet.“

Bundesliga mit neuem Selbstvertrauen und auch mit Chancen

Für die FAZ ist die Zeit des Außenseitertums deutscher Teams — sogar in der Champions League — so langsam wieder vorbei, befindet Christian Eichler: „Zumindest in ihren Heimspielen gegen Barcelona und Manchester haben der VfB Stuttgart und der FC Bayern bewiesen, dass deutsche Teams gegen die besten Mannschaften Europas nicht mehr als spielerisch Minderbemittelte auf den Platz gehen müssen; sondern wieder als jemand, der gegen jeden die Chance hat, das Spiel zu bestimmen.“ Das liege nicht nur an verbesserter technischer Ausbildung und einem Mehr an taktischem Wissen, welches auch gewachsen sei, weil man internationale Trainer wie van Gaal oder Gross beschäftige. Neben den typisch deutschen Tugenden, die man als auf Augenhöhe befindlich nun auch wieder mit der Hoffnung auf Auswirkung in die Waagschale werfen könne, zähle dazu ebenfalls: „Ein Selbstvertrauen, das auch darin besteht, nicht jede ausländische Mode mitzumachen, sich nicht immer nach den Erfolgen anderer zu richten. Die Bundesliga hat in den letzten Jahren an Kraft gewonnen, weil sie sich auf ihre Stärken konzentriert hat, die nun von anderen beneidet werden – und nicht auf die Resultate ihrer Klubs in Europa.“

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Kommentare

1 Kommentar zu “Arsenal — Barcelona: Es war Kunst”

  1. Heinz Gründel lebt
    Montag, 5. April 2010 um 11:06

    Oh Mann, schon wieder jede Menge dieser vorhersehbaren, oberflächlichen Analysen, mit denen mich die FAZ – genau wie Rundschau – seit Jahr und Tag nervt.
    Schreibt doch mal was dazu, wie die Herren Frankfurter Journalisten die Eintracht unter Michael Skibbe schlecht zu schreiben versucht haben, weil ihr Kumpel Friedhelm Funkel vertrieben wurde! Und dann schaut mal, wohin die Eintracht unter Skibby gerade unterwegs ist!! Aber mal das geile Training von Skibbe zu analysieren, darauf kommen die Herren FAZkes ja nicht. Dann würde ihnen nämlich aufgehen, dass der die Wenger-/Barca-Idee hegt: Fußball ist ein Sprint-and-Stopp-Sport, deshalb wird mit kurzen Belastungen und mit Ball trainiert.

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