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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Bundesliga

Sphinx Nerlinger, abgetakeltes Hannover, Labbadias Unzugänglichkeit

Frank Baade | Mittwoch, 7. April 2010 6 Kommentare

Bruno Labbadia sei bereits auf dem Abstellgleis gelandet, der kleine HSV aus Hannover hat ähnliche Probleme mit personellem Durchhaltevermögen, Mini-Portrait Christian Nerlinger

Frank Hellmann (FR) hat ähnliche Quellen aufgetan wie jene, welche gestern zitiert wurden: „Hoffmann hat dem Cheftrainer einen Dreijahresvertrag gegeben, weil er mit dem sechsten Coach im siebten Jahr endlich Kontinuität herstellen wollte. Dieses Vertrauen ist im Grunde aufgebraucht, die Wunschkonstellation erwies sich als Irrtum; die Mannschaft soll in Cliquen und Einzelinteressen zerfallen, der Trainer für alle und jeden unzugänglich sein. Eine Weiterbeschäftigung Labbadias übers Saisonende hinaus gilt als noch unwahrscheinlicher als eine Vertragsverlängerung Guerreros.“

Andreas Bock (11Freunde) macht hingegen noch einen anderen Faktor für den stets zurückkehrenden Leistungsabfall des HSV in der Rückrunde verantwortlich: „Immer wieder kommt man zu der Vermutung, dass nirgends die schillernden Vereinshistorie die Spieler so sehr lähmt wie in Hamburg. Eine oft zu beobachtende Reaktion darauf ist die plötzliche Gleichgültigkeit der Profis. Mit einem Mal verhalten sie sich so, als gehe sie das alles nichts mehr an. Sie versuchen die Saison zu Ende zu spielen, einige in der Gewissheit, dass der HSV eh nichts weiter als eine Durchgangsstation ist, andere in dem Glauben, dass sie gewiss nicht Schuld an der Misere sind.“

Abgetakelt und orientierungslos

Fast untergegangen im Gezeter um Guerreros Flaschenwurf und Labbadias bröckelnde Autorität wäre, dass es im letzten Spiel der Hamburger ja auch noch einen Gegner gab. Bei Spiegel Online stellt Rainer Schäfer in drastischen Formulierungen sein Zeugnis aus: „Kind sieht sich gerne als Macher, der Konzepte entwickeln und umsetzen kann. Im Fußball wirkt er seltsam hilflos. Sieben Manager hat Kind verschlissen, die Trainer geben sich die Klinke in die Hand. Beraten wird Kind von Dieter Schatzschneider, eine zweifelhafte Stütze.“ Und als Resultat der stetigen Fluktuation ist das Team ein Flickenteppich: „Hannover hat den wohl kuriosesten Kader der Liga zusammengestückelt. Es ist eine krude Mischung aus orientierungslosen Talenten, abgetakelten Ex-Nationalspielern wie Mike Hanke und Profis wie Sergio Pinto, die sich viel zu oft im unteren Bereich der Bundesliga-Tauglichkeit tummeln. Hannover fehlt der Kopf und manchmal auch das Herz, da wird es schwierig zu überleben. Diesem Team Esprit einzuhauchen, ist Sysiphus-Arbeit. Dass Mirko Slomka im Januar den Job übernommen hat, zeugt von Mut, vielleicht von Verzweiflung. In Hannover kann sich Slomka, der nach seiner Entlassung im August 2008 bei Schalke Arbeit suchend war, seinen Ruf verderben.“

Die bayrische Sphinx

In der FTD beschäftigt man sich mit einem beinahe Unbekannten: „Nerlinger ist derzeit noch so etwas wie eine Sphinx des deutschen Rekordmeisters. Bislang ist in der Historie des Klubs jeder Topangestellte bis ins Letzte ausgeleuchtet worden. So weit ist es bei Nerlinger noch nicht. Anders als seinem Ziehvater Uli Hoeneß liegt Nerlinger die große Bühne nicht. (…) Hoeneß hatte es jahrelang versäumt, einen Nachfolger für sich, den schier Unersetzbaren, aufzubauen. Für ihn war klar, dass sein Job künftig auf zwei Köpfe verteilt werden müsse. In Nerlinger glaubt er den richtigen Mann für den sportlichen Bereich gefunden zu haben; ein Wirtschaftsexperte wird immer noch gesucht. Wichtigstes Einstellungskriterium: Man muss diesen Klub atmen, vor morgens bis abends. Das tut Nerlinger. Mit zwölf kam er vom Münchner Vorstadtklub TSV Forstenried zum FCB – und blieb 13 Jahre.“

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Kommentare

6 Kommentare zu “Sphinx Nerlinger, abgetakeltes Hannover, Labbadias Unzugänglichkeit”

  1. Fan
    Mittwoch, 7. April 2010 um 11:01

    Nerlinger, das gibt ganz genauso ein Fiasko wie Andy Müller bei Schalke. Die Parallelen sind frappierend: beides ewige Manager-Azubis von Alphatieren (Hoeness hier, Assauer da), die einen Ja-Sager und Duckmäuser als ihren Nachfolger gesucht und gefunden haben.

  2. Heffer
    Mittwoch, 7. April 2010 um 13:06

    Eine empirisch sattelfeste Aussage, lieber Fan.

    Ich sage abwarten und Tee trinken. schließlich setzt der Uli nur auf ein Pferd, dass auch als erster durchs Ziel geht.

    siehe: Rensing u.ä. 🙂

  3. So isset
    Donnerstag, 8. April 2010 um 17:29

    Ich bin mir sicher, dass Herr Hoeness, so wenig wie ich ihn auch leiden kann, jemanden gesucht hat, der das auch erledigen kann. Nerlinger ist nicht Müller. Er wirkt reifer und aufgeschlossener. Müller ist ja eher, wie die Jungfrau zum Kind zu dem Job gekommen.
    Mir tut Slomka leid. Es ist eine sehr treffende Aussage zum Mannschaftsgefüge und auch zu Herrn Kind. Dieser Mann hat einfach zu viel Einfluss. Komisch, dass er dann an der 50 + 1 Regelung schrauben möchte.
    Labbadia sollte sich mal ernsthaft fragen, warum seine Mannschaften immer einbrechen. 2 Dinge können nicht stimmen: das Training und sein Umgang mit den Spielern. Die Ähnlichkeit zu Leverkusen ist frappierend. Wobei auch der HSV sich fragen muss, warum einen Manager – Suche so lange dauern kann. Dem Trainer fehlt ein starker Mann, so lange er nicht so eine Reputation wie Magath oder Ferguson oder Wenger hat.

  4. Hans Dampf
    Freitag, 9. April 2010 um 10:41

    So isset: Wieso bricht Leverkusen dann diese Rückrunde schon wieder ein, ohne Labbadia – wie letztes Jahr übrigens sowohl Leverkusen als auch der HSV? Ich finde es komisch, dass Labbadia immer so hart angegangen wird. Jol wollte sich diese negative Presse ja nicht mehr antun.

  5. Hans Dampf
    Sonntag, 11. April 2010 um 20:47

    Heute hat Hamburg unverdient 2:1 gegen Bochum gewonnen. Und wieder wird Labbadia auf sport1.de niedergemacht – Leserkommentare á la „trotz Labbadia hat Hamburg gewonnen“. Und das wo sie im EL-Halbfinale sind. Kann mir bitte jemand mal erklären, was die Journaille und die Öffentlichkeit gegen Labbadia haben?!

  6. Peter Glock
    Montag, 12. April 2010 um 15:48

    Ja, wenn der FC Bayern unverdient 1:0 gegen VereinX gewinnt, dann war es der Dusel oder das glückliche Händchen des Trainers, der den richtigen eingewechselt hat. Sogar das 1:1 in Leverkusen wird bejubelt. Dabei hat der FCB eine sehr ähnliche Belastung wie der HSV und außerdem eine bessere Mannschaft. Trotzdem wurde nach den 1:2-Pleiten das Team und nicht der Trainer kritisiert.
    Labbadia hatte von Anfang kaum eine Lobby.
    Die Fans sollten einfach mal das XXXX halten und froh sein, dass ihr Verein dieses Spiel gewonnen hat. TROTZ der Belastungen im Europapokal.
    Als Spieler würde ich bei diesen Fans auch mal eine Flasche werfen.

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