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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Champions League

Danke Ralf, Danke Felix

Kai Butterweck | Donnerstag, 7. April 2011 4 Kommentare

Die Presse berauscht sich am Schalker Campions League-Coup  und verneigt sich sowohl vor Ralf Rangnick als auch vor Felix Magath

Philipp Selldorf (SZ) dankt Felix Magath: „Die Schalker wussten, dass sie gegen dieses Staraufgebot objektiv im Nachteil waren, doch sie haben keine Angst gehabt. Strategie und Fußballkunst haben dieses 5:2 hervorgebracht – und die Mentalität von Gewinnern. Wem gebührt also dieser Sieg außer den Spielern, die ihn erreicht haben? Natürlich dem neuen Trainer, der den Mut hatte, die Konvention zu ignorieren. Die meisten seiner Kollegen hätten nicht gewagt, auf Angriff zu setzen, sie hätten Dichtmachen und Beten befohlen. Dank verdient aber auch Felix Magath. Wer es gut mit ihm meint, der lobt die Wirkung seiner Konditionsarbeit. Wer es nicht so gut meint, erkennt, dass das Team eine neue Freiheit auslebt.“

Der Erfolg gegen Mailand ist ein Gesamtkunstwerk

Auch Jan Reschke (Spiegel Online) hievt den Ex-Coach mit auf das Siegertreppchen:  „Wie viel Magath steckt in dem Erfolg? Wie viel Magath steckt in dem Erfolg? Quantitativ betrachtet eine Menge. Von den elf Spielern, die gegen Inter in der Startelf standen, hat Magath sieben geholt. Dass Stars wie Raúl oder Mittelfeldmann Jurado den Club weiterbringen würden, dafür brauchte man keine seherischen Fähigkeiten. Der Erfolg gegen Mailand ist ein Gesamtkunstwerk. Magath, der das Material zusammengestellt und die grobe Form vorgegeben hat. Rangnick, der ihm am Ende den Feinschliff verpasst hat.“

Daniel Theweleit (stern.de) beglückwünscht die befreiten Knappen: „ Der wichtigste Faktor für den Schalker Frühling ist aber vermutlich die Befreiung aus dem Regiment des Felix Magath. Diese Kraft wird allerdings in absehbarer Zeit nachlassen, und deshalb ist schwer zu sagen, wie stark diese Schalker Mannschaft wirklich ist. Doch die Voraussetzungen für eine bessere Zukunft sind so gut wie seit über einem Jahrzehnt nicht mehr. Es ist dem Klub gelungen, die Magath-Ära auch finanziell halbwegs glimpflich abzuschließen, der Kader ist zwar heterogen, könnte sich mit einigen geschickten Transfers aber hochwertig komplettieren lassen.“

Peter Penders (FAZ) freut sich schon auf den bevorstehenden Bundesliga-Alltag: „Es spricht für die Schalker, dass sie nach ihrem Triumph nicht gegen ihren ehemaligen Trainer nachtraten. Vielleicht war das auch nicht nötig: Am Samstag kann sich der Neu-Wolfsburger Magath in der Schalker Arena selbst davon überzeugen, ob er sein altes Team noch wiedererkennt. Eines ist sicher: Eine weitere Demonstration der Stärke würde vielen Schalkern einen ganz besonderen Spaß bereiten.“

Gelten eigentlich noch die alten Gesetze?

Peter Müller (derwesten.de) sendet eine Warnung Richtung Wolfsburg: „Gelten eigentlich noch die alten Gesetze? Auch unter Felix Magath spielten die Königsblauen in der Champions League stark – und anschließend patzten sie in der Bundesliga. Am Samstag kommt Magath mit Wolfsburg nach Schalke, doch er sollte sich nicht zu sicher fühlen. Unter Ralf Rangnicks Regie ist das Selbstbewusstsein der zuvor so instabilen Mannschaft durch den Sieg in St. Pauli und den Triumph in Mailand enorm gestärkt worden.“

Bundesliga ist ein Premiumprodukt der Unterhaltungsindustrie

Axel Kintzinger (Financial Times Deutschland) verneigt sich vor der Entwicklung des Bundesliga-Fußballs: „Der Vergleich mit Italien macht es offensichtlich. Bundesliga-Fußball ist – anders als im Lande Berlusconis – seit Jahren ein Premiumprodukt der Unterhaltungsindustrie. Er findet statt in modernsten Stadien und wird betrieben von zunehmend besser ausgebildeten Profis. Er wird geprägt von einer neuen Generation von Trainern, die sich permanent fortbilden und wissen, dass Psychologie sowie Kenntnisse in Ernährungswissenschaft und Sportmedizin in ihrem Job so wichtig sind wie taktische Finessen. Es ist schon ziemlich lange her, dass sich Rangnick, der Vater des Erfolges von Mailand, für diese Haltung in Deutschland als `Professor` verspotten lassen musste.“

Ein bitterer Abgang mit Theaterdonner und Grandezza

Birgit Schönau (SZ) verabschiedet Inter Mailand von der großen Fußball-Bühne: „Bitter ist die Gewissheit, dass endgültig eine Ära zu Ende ging: die kurze und berauschende Ära der Internazionale Trionfale. Die noch vor Jahresfrist so unerbittlich pragmatische Mannschaft bewies ihr Talent zum Melodram und bot alles auf, was das Genre zu bieten hat. Die Diva schleicht sich nicht leisen Füßen von der Bühne, sie besteht auf einen Abgang mit Theaterdonner, einem letzten Akt voller Tragik und Grandezza.“

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Julius Müller-Meiningen (Berliner Zeitung) schüttelt ungläubig den Kopf: „Inter Mailand hat das Kunststück fertiggebracht, innerhalb eines Jahres den erfolgreichsten Karren Europas an die Wand zu fahren, bei nahezu gleichbleibendem Personal. Alles, was Mourinho der Mannschaft beigebracht hatte, war am Dienstag gegen Schalke endgültig verloren gegangen: defensive Organisation, Kompaktheit, Opferbereitschaft.“

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Kommentare

4 Kommentare zu “Danke Ralf, Danke Felix”

  1. woki04
    Donnerstag, 7. April 2011 um 13:04

    Champions League
    ==============================

    Danke Ralf, Danke Felix

    Die Presse berauscht sich am Schalker Campions League-Coup und verneigt
    sich sowohl vor Ralf Rangnick als auch vor Felix Magath

    Philipp Selldorf (SZ) dankt Felix Magath: „Die Schalker wussten, dass sie
    gegen dieses Staraufgebot objektiv im Nachteil waren, doch sie haben keine
    Angst gehabt. Strategie und Fußballkunst haben dieses 5:2 hervorgebracht -
    und die Mentalität von Gewinnern. Wem gebührt also dieser Sieg außer den
    Spielern, die ihn erreicht haben? Natürlich dem neuen Trainer, der den Mut
    hatte, die Konvention zu ignorieren. Die meisten seiner Kollegen hätten
    nicht gewagt, auf Angriff zu setzen, sie hätten Dichtmachen und Beten
    befohlen.

    Dank verdient aber auch Felix Magath.

    Wer es gut mit ihm meint,
    der lobt die Wirkung seiner Konditionsarbeit. Wer es nicht so gut meint,
    erkennt, dass das Team eine neue Freiheit auslebt.“

    ### GENAUSO ### GlückAuf Ruhrpott

    http://www.sueddeutsche.de/sport/champions-league-fc-schalke-die-null-kann-gehen-1.1082182

  2. Marvin Nash
    Donnerstag, 7. April 2011 um 15:26

    Die regelmäßigen Ausfälle des IF sind echt unzumutbar. Es hat nicht jeder Zeit, den ganzen Tag über immer wieder auf die Seite zu gehen, in der Hoffnung, dass sie irgendwann mal die Artikel lädt. Ist echt schade, denn das hier ist meine Lieblingsfußballseite.

  3. tafelrunde
    Donnerstag, 7. April 2011 um 22:21

    Obwohl von dieser Stelle immer auch wieder gerne der Zufall als das wesentliche Momentum im Fußball bemüht wird, so könnte man das Schalker Spiel in Mailand auch dahingehend interpretieren, welch bestimmenden Figuren die Trainer sind.

    Es ist schon bemerkenswert, wie Inter in dieser Saison agiert. Gewisse Parallelen zu den Bayern sind offenkundig, so u.a. die vogelwilde Defensivleistung. Der große Unterschied ist aber, dass bei Inter der Trainer wechselte und mit ihm das gelernte System, bei den Bayern blieb der Übungsleiter, dennoch ging die zumindest im Aufbau befindliche Systemstärke ebenfalls flöten.

    Auf jeden Fall ist am nackten Ergebnis zu sehen, dass „the special one“ wohl ein untrügliches Näschen dafür hat, den passenden Zeitpunkt zu wählen, wann er zu neuen Ufern aufbricht. Und der immer noch sog. Professor den exakt richtigen Augenblick erwischt hat, um es allen zu zeigen.

    Dennoch sind die Coaches enorm von kaum zu beeinflussenden Kräften abhängig. Gehen bei Inter am Dienstag oder bspw. auch bei den Bayern in dieser Saison mehr Bälle statt knapp vorbei ins Tor, so löst dies eine Eigendynamik aus, die meist weitere Erfolge produziert. Das kann wohl niemand von der Hand weisen.

    Andererseits kann man natürlich sagen, die taktische Ausrichtung, die Einstellung der Spieler und die Aufstellung verantworten immer die Trainer. Sobald sich dann in einem Spiel der Verlauf aufgrund dieser vorher festgelegten Faktoren zum Wohl der eigenen Mannschaft positiv niederschlägt, hat der Trainer, und natürlich nur er, alles richtig gemacht. Wenn nicht, ist er, und nur er, an allem schuld.

    Diese immer wiederkehrende monokausale Begründung wird im Fußball ausschließlich als des Pudels Kern angeführt. Richtig ist sie deswegen noch lange nicht.

    Dessen ungeachtet gilt für Trainer (und ganz allgemein nicht nur für sie): Man muss die Richtung vorgeben und auch imstande sein, die Umsetzung dessen unter Kontrolle zu behalten. Das erfordert sehr viele Kompetenzen. Das können auch nicht viele. Demgegenüber kannst du ohne Fortune so gut sein wie du willst. Wenn die Ergebnisse nicht stimmen, ist’s aus.

  4. Henk
    Montag, 11. April 2011 um 09:29

    Ich finde es etwas irritierend, dass im Fall Magath/Schalke einem geschassten Trainer Dank gezollt wird. Sollte das jetzt Standard werden: Gut, prima, gerne! Ich freue mich auf die lobenden Nachrufe auf Armin Veh, Zvonimir Soldo, Michael Frontzeck, Louis van Gaal und Co., sollten die jeweiligen Vereinsziele (doch noch) erreicht werden und damit die Saat der ehemaligen Übungsleiter aufgehen.

    Irgendwie kann ich mich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass ich den Dank an den entlassenen Ex-Trainer in vielen anderen Fällen vermissen werde.

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