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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Confed-Cup

Confed-Cup – Tränengas, Gummiknüppel und baumelnde Kabel

Kai Butterweck | Montag, 17. Juni 2013 2 Kommentare

Der Confed-Cup gilt als Warm-Up für das im Jahr darauf folgende WM-Turnier. In Brasilien läuft die Generalprobe derzeit alles andere als reibungslos ab

Der Confed-Cup in Brasilien wird von Demonstrationen überschattet. Jens Glüsing (Spiegel Online) nimmt die Beine in die Hand: „Montag ist eine Riesendemo in São Paulo geplant, die Polizei rechnet mit Zehntausenden Teilnehmern. Die Stadt ist zwar kein Austragungsort beim Confederations Cup. Aber was in São Paulo geschieht, hat Auswirkungen im ganzen Land. Wenn es zu einer neuen Explosion der Gewalt kommt, wird sich das auch in den Protesten vor den Stadien niederschlagen. Vielleicht sollten die Getränkeverkäufer bei den nächsten Spielen neben Coca-Cola und Budweiser auch Essig bereithalten: Demonstranten empfehlen ihn als Hausmittel gegen Tränengas.“

Es gibt keine Fahrpläne, keine Apps und keine Routen

Fernanda Kist Pugliero (taz) heißt die Welt willkommen: „Wir werden bereit sein, die Fußballfans 2014 zu begrüßen. Auch für den Konföderationspokal im Juni werden wir alles fertig haben. Dass trotzdem alles wie eine große Verspätung wirken wird, liegt an unserer Kultur. Wenn man in Brasilien ein Abendessen mit Freunden für 20 Uhr plant, weiß jeder, dass niemand um 20 Uhr da sein wird. Das ist nicht zwangsläufig böse Absicht: Die einen stecken in einem dreistündigen Stau, die anderen warten seit 40 Minuten auf den Bus. Wir wissen einfach nie, wann wir irgendwo sein können. Brasilianer nennen diese Kunst, sich mit den Unwägbarkeiten ihres Alltags zu arrangieren „jeitinho“. Wir wissen nicht einmal, wann ein Bus an der Haltestelle halten wird. Es gibt keine Fahrpläne, von Apps über Routen und deren Dauer ganz zu schweigen. Manchmal ist man schon glücklich, wenn man die Bushaltestelle überhaupt findet. Hier warten Menschen? Könnte eine station sein. Schilder? Pah „jeitinho“!“

Tjerk Brühwiller (NZZ Online) sitzt beim Eröffnungsspiel auf der Tribüne und führt eine Mängelliste: „Das Nationalstadion Mané Garrincha ist mit Kosten von umgerechnet rund 700 Millionen Franken das teuerste aller WM-Stadien. Das Budget wurde um mehr als das Doppelte überschritten. Trotzdem lief relativ wenig reibungslos. So mussten Fans, die ihre Tickets noch nicht bezogen hatten, bis zu drei Stunden warten. Mehrere Sitze brachen ohne Gewalteinwirkung ein, auf mindestens zwei Toiletten fehlte Wasser, auf der Pressetribüne funktionierte das drahtlose Internet nicht, und der Rasen offenbarte erhebliche Mängel. Solche und andere Probleme werden auch die anderen Spielorte präsentieren.“

Offene Rohre, Steinplatten und Zementsäcke

Auch Thomas Kistner (SZ) schüttelt bei der Stadionführung fassungslos mit dem Kopf: „Im Inneren ist die gewaltige Betonrotunde eine Baustelle, Kabel baumeln herab, offene Rohre, Eisenbewehrungen liegen in den Ecken herum, Steinplatten, Zementsäcke. Im Aufzug hat jemand am Spieltag rasch weiße Klebebänder neben die Knöpfe gepappt, die erklären, welcher Bereich im jeweiligen Stockwerk wartet. Auf den Presserängen sind es schwarze Klebestreifen, die den Markennamen der Toshiba-Bildschirme verdecken; dummerweise ist Sony der Fifa-Sponsor. Dass die Telefone so wenig funktionieren wie später die Dolmetscherdienste bei der Pressekonferenz, wundert keinen mehr.“

Brasilien betreibt beim Auftaktsieg gegen Japan Wiedergutmachung. Lutz Wöckener (Welt Online) beschäftigt sich mit Superstar Neymar: „Auch wenn sich der 21-Jährige allzu oft verdribbelte, einige Kunstpausen einlegte und trotz des Sieges über schwache Japaner Struktur und System fehlten, haben die Fans ihre Mannschaft und ihren Superstar wieder lieb. Zuletzt ausgebuht, jubelten die Zuschauer ihm nun wieder zu, sobald der Ball in seine Nähe kam.“

Uwe Marx (FAZ) freut sich für den einzigen Confed-Teilnehmer aus Deutschland: „Ein eigenartiges Turnier, dieser Confederations Cup in Brasilien: Deutschland nimmt nicht teil, Tahiti schon. Die Nummer 138 der Fifa-Weltrangliste. Gut fürs nationale Selbstwertgefühl, sofern es sich über Fußball definiert, dass es Felix Brych gibt. Der Jurist aus München hat es durchaus zum WM-Probelauf geschafft, und wenn er beim Casting besteht, dürfte er beim Turnier der Besten 2014 dabei sein.“

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Kommentare

2 Kommentare zu “Confed-Cup – Tränengas, Gummiknüppel und baumelnde Kabel”

  1. spanier
    Montag, 17. Juni 2013 um 11:44

    in deutschland ist sowas kein deut besser. guckt euch mal bitte die iba und die igs in hamburg an. da ist 1,5 monate nach eröffnung immernoch eine baustelle.

    http://lichterkarussell.net/nachster-halt-baustelle-wilhelmsburg/

  2. #Link11: Proteste, Verurteilungen und Publikumslieblinge | Fokus Fussball
    Dienstag, 18. Juni 2013 um 09:42

    […] des Fotographen Michel de Souza, der sich mitten unter die Demonstranten mischte. Auch der Indirekte Freistoß hat Berichte um den Confed Cup […]

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