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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Confed-Cup

Confed-Cup – Ein Wunderkind trumpft auf

Kai Butterweck | Montag, 24. Juni 2013 1 Kommentar

Neymar trifft beim Confed-Cup nach Belieben. Die Presse ist entzückt. Außerdem: Ein Münchener im Rampenlicht, Beifall für Soli-Kicker, ein grinsender Platini und Ufo-Alarm im Armenviertel

Der Zuckerhut-Zauberer Neymar da Silva Santos Junior ist beim Confed-Cup das Maß aller Dinge. Oscar Beck (Welt Online) verneigt sich vor der neuen brasilianischen Nummer 10: „Nach allem, was dieser Tage zu sehen ist, werden wir dem spektakulärsten Fußballspieler beim Confed-Cup mit der bloßen Nennung seines Kurznamens nicht gerecht – würdigen wir diesen Künstler in Kanariengelb also live, in Farbe und voller Länge: Neymar da Silva Santos Junior. Der Zauberknabe vom Zuckerhut gibt Anlass zu tollkühnen Wortschöpfungen: „Neymaravilha“ hat ein entzücktes Blatt jüngst getitelt, und diese Verknüpfung von wunderbar mit Neymar ist spätestens seit dessen Freistoß gegen die Italiener vollends erlaubt.“

Karlheinz Wagner (ksta.de) wälzt sich durch Neymars Kontoauszüge: „In Europa waren von Neymars Wirken bislang nur erste Schockwellen zu vernehmen. Und natürlich diese Zahlen: Der FC Barcelona zahlt 57 Millionen Euro für den 21-Jährigen und ja, er hat eine Ausstiegsklausel, die auf 190 Millionen Euro festgeschrieben ist. Im brasilianischen TV ist er beinahe ununterbrochen zu sehen: in Talkshows, in einer Soap-Serie, in Musik- und natürlich Sportsendungen und zwischendurch mit den Werbeclips für jeden seiner 13 Sponsoren. Wenn man wissen will, warum Neymar sich schon jetzt wie eine Diva aufführt – hier liegt einer der Gründe.“

Dante ist ein Paradoxon

Bayerns Dante spielt beim Sieg gegen Italien eine tragende Rolle. Frederik Schäfer (Spiegel Online) freut sich für den Wahl-Münchener: „Dante ist ein Paradoxon. In Deutschland gefeierter Triple-Gewinner und Stütze der überragenden Bayern-Abwehr der vergangenen Saison, in seiner Heimat kannten den Verteidiger bisher nur wenige. Dantes Treffer war ein Ausrufezeichen: Mit ihm ist in Zukunft zu rechnen. Aber auch die Seleção hat ihre Reifeprüfung eindrucksvoll bestanden, gegen ein cleveres italienisches Team schießt nicht jede Mannschaft vier Treffer, und nicht jede Mannschaft beantwortet den Ausgleich wenige Minuten später mit einem so außergewöhnlichen Freistoß, wie ihn Neymar zum 2:1 schoss.“

Wir reiben uns verwundert die Augen

Viele aktive und ehemalige brasilianische Spieler solidarisieren sich mit den Demonstranten. Andreas Rüttenauer (taz) klatscht begeistert Beifall: „Wir staunen, dass ein Spieler wie Hulk, der hierzulande vor allem deshalb bekannt ist, weil er für eine irrwitzige Ablösesumme vom FC Porto zu Zenit St. Petersburg gewechselt ist, sich mit den Demonstranten, die für ein lebenswertes Leben auf die Straße gehen, solidarisiert. Schon länger staunen wir über Romario, den Weltmeister von 1994, der als Parlamentarier zu einem der schärfsten Kritiker der korrupten Fußballkaste geworden ist. Und wir reiben uns verwundert die Augen, wenn wir lesen, dass der frühere Nationalspieler Juninho auf seiner Facebook-Seite fordert, die Nationalspieler mögen ein Zeichen der Solidarität an die Protestierenden aussenden, indem sie sich beim nächsten Spiel während der Nationalhymne demonstrativ von der Landesfahne abwenden. In Brasilien scheint es zu geben, was in Deutschland nicht möglich scheint: den mündigen Fußballprofi.“

Christian Spiller (Zeit Online) stellt sich auf die Seite der Fifa-Gegner: „Niemand soll für den Sport-Zirkus darben müssen. Niemand soll als Kulisse für sonnige WM- und Olympia-Bilder dienen, aber Busse, Brote und Bildung nicht mehr bezahlen können. Wenn schon Fifa-Standards, dann bitte auch für Krankenhäuser und Grundschulen. Das fordern die Brasilianer auf den Straßen. Und sie sind das erste sportverrückte Volk der Welt, das dies laut ausspricht. Die Menschen in Rio, São Paulo und Belo Horizonte tun damit der ganzen Welt einen Gefallen. Ihre Proteste zeugen nicht nur von der demokratischen Reife eines Landes, das noch vor 30 Jahren von Generälen regiert wurde. Sie setzen den Sportgiganten auch ein Stoppschild: Bis hierhin, und nicht weiter.“

Eine Alternative zum ausufernden Gigantismus

Tobias Käufer (FAZ) beobachtet den sich die Hände reibenden Michel Platini: „Der Präsident der Europäischen Fußball-Union erntete mit seinem Vorschlag, die Europameisterschaft 2020 dezentral zu organisieren, aus den Reihen der Fifa-Führungsetage Spott und Kritik. Doch vielleicht entpuppt sich gerade diese Idee, in Zeiten einer Wirtschafts- und Finanzkrise auf eine bereits bestehende Stadion- und Verkehrs-Infrastruktur zurückzugreifen, als die richtige und flexiblere Lösung. Sie zwingt keinem Staat Milliardeninvestitionen für Stadien auf, die anschließend kaum noch Verwendung finden. Platini hat – ob unabsichtlich oder gewollt – eine Alternative zum ausufernden Gigantismus von Fußball-Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen entworfen. Die Diskussion um die Prachtbauten für die WM 2014 und Olympia 2016 in Brasilien wird mit dem Confed-Cup keineswegs zu Ende gehen. Sie hat gerade erst begonnen.“

Dunkler Qualm steigt auf, manchen ergreift Panik

Das Stadion „Castelão“ in Brasilien steht am Rande einer Favela. Wer ins „Ufo“ will, der muss sich warm anziehen. Thomas Kistner (SZ) macht sich auf den Weg: „Es gibt keine Taxis in der Favela. Nur viele Gassen. Bleibt also nur der Weg nach vorne, auf der neu asphaltierten Straße Richtung Ufo, es ist ja nicht weit. Rein in die Menge, die überwiegend friedlich demonstriert, aber hin und wieder von Vermummten und Krakeelern auf Trab gebracht wird. Und von den Knallkörpern, die ständig irgendwo detonieren; dunkler Qualm steigt auf, manchen ergreift Panik, Leute rennen andere Leute über den Haufen. Am Himmel knattern Helikopter, dick wattierte Militärpolizisten beugen sich raus. Im nächsten Abschnitt schreien und skandieren die Menschen, es rummst und raucht. Längst hat der versprengte Stadiongänger seine Akkreditierung unters T-Shirt gesteckt; sich hier als Gast der „Copa“ zu präsentieren, dürfte nicht bei jedem gut ankommen.“

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Kommentare

1 Kommentar zu “Confed-Cup – Ein Wunderkind trumpft auf”

  1. Linkelf: Ein Pep, sie zu knechten | Fokus Fussball
    Montag, 24. Juni 2013 um 10:58

    […] Auch Spanien zieht ihns Halbfinale ein, dank einem 3:0 gegen Nigeria (DerWesten). Kai Butterweck (Indirekter Freistoß) hat eine Presseschau zum Confed Cup […]

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