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Bundesliga

Hertha BSC – Mittendrin, aber nicht dabei

Kai Butterweck | Montag, 31. März 2014 1 Kommentar

Nach vier Niederlagen in Folge ziehen in Berlin dunkle Wolken auf. Außerdem: Schalker Eckpfeiler, Hoffenheimer außer Rand und Band, Münchner Schmerzen und Trainer vor dem Nervenzusammenbruch

Die Hauptstadt ist frustriert. Mit mickrigen acht Punkten steht die Hertha aus Berlin derzeit in der Rückrundentabelle auf dem Relegationsplatz. Michael Jahn (Berliner Zeitung) weiß was den Berlinern momentan fehlt: „Die ungewohnte Niederlagenserie, das Warten auf den Befreiungsschlag, nagt gehörig am Selbstbewusstsein der Spieler. Gab es in der ungemein erfolgreichen Hinrunde – von den angehäuften 28 Punkten zehrt Hertha im Moment vor allem – bei kleinen Rückschlägen sofort als Antwort wieder einen Sieg, hat sich das leider geändert. Es fehlt die Leichtigkeit der Hinrunde, auch ein wenig die Leidenschaft, die im Herbst auch bei knappen und teils unverdienten Niederlagen im Olympiastadion wie gegen Schalke oder Leverkusen zu beobachten war.“

Die meisten Niederlagen ähneln sich auf ihre Art

Stefan Hermanns (Tagesspiegel) ärgert sich über Torjäger Adrian Ramos: „Das Schlimme für die Berliner ist, dass sich die meisten der jüngsten Niederlagen auf ihre Art ähneln. Vorne vergibt die Mannschaft beste Chancen, hinten macht sie es ihren Gegnern mit unglaublichen Fehlern viel zu einfach. In Gelsenkirchen hatte Adrian Ramos die Gelegenheit, das Spiel auf eine andere Umlaufbahn zu schicken. Herthas bester Stürmer konnte zwischen drei Möglichkeiten wählen, als er nach einem Fehlpass der Schalker frei und unbedrängt aufs gegnerische Tor zulief: Er hätte sich eine Ecke aussuchen können, er hätte den Ball auf den mitlaufenden Sandro Wagner passen können – stattdessen entschied er sich gegen Schalkes Torwart-Hünen Ralf Fährmann für einen Lupfer. Der Ball flog über die Latte. Drei Minuten später erzielte Chinedu Obasi das 1:0 für Schalke.“

Drei Erfolgsgaranten

In Gelsenkirchen steht man indes vor dem erfolgreichen Ende einer mäßig begonnenen Saison. Reinhard Schüssler (derwesten.de) adelt besonders auffällige Schalker Akteure: „Mit Ralf Fährmann hat Schalke das seit Manuel Neuers Weggang vorhandene Torwartproblem überzeugend gelöst. Die Trennung von Jermaine Jones, dessen Selbstüberschätzung für latenten Sprengstoff innerhalb des Teams gesorgt hatte, sorgte in Verbindung mit der Positionierung von Kevin Prince Boateng als Antreiber im defensiven Mittelfeld für weitere Stabilität. Und Klaas-Jan Huntelaar, dessen monatelanger Ausfall selbst von Experten unterschätzt worden war, demonstriert Woche für Woche eindrucksvoll, dass er immer noch den Unterschied ausmachen kann.“

Langeweile ist den Männern aus Sinsheim eine Qual

Bärenstarke Hoffenheimer entführen in München einen Punkt. Julien Wolff (Welt Online) ist begeistert: „Die TSG kann offenbar nur Spektakel, Langeweile ist den Männern aus Sinsheim eine Qual. In den vergangenen drei Spielen erzielten die Kraichgauer jeweils drei Tore; in der Rückrunde hat die Mannschaft erst in zwei Partien nicht getroffen. Nach den Bayern hat sie die meisten Treffer erzielt. Steilpässe, schnelles Umschalten nach Ballverlust, hohes Tempo – das sind die Stärken der Hoffenheimer.“

Peter Penders (FAZ) blickt voller Erwartung in die Zukunft: „Markus Gisdol hat Hoffenheim wieder zu einem spannenden Projekt gemacht, das die Masse der Fußballfans zwar noch nicht elektrisiert, das aber die Substanz hat, künftig eine größere Rolle zu spielen. Er hat sich auch etwas Zeit erkauft, um die Mannschaft weiterzuentwickeln, um es den Konkurrenten künftig schwerer zu machen, einen Spieler abzuwerben. Geht der Fortschritt in der nächsten Saison so rasant weiter wie in der aktuellen Spielzeit, wird Hoffenheim zu den Klubs gehören, für die eine Teilnahme an der Europa League zur Zielsetzung wird.“

Nun fehlt den Bayern der Dosenöffner

Bayerns Mittelfeld-Allrounder Thiago humpelt nach zwanzig Minuten verletzt vom Platz. Diagnose: Innenbandriss im Knie. Johannes Knuth (SZ) ist geschockt: „Zwei Blicke, zwei Bewegungen, so entblößt Thiago Defensiv-Verbünde. Er fordert Bälle, fahndet nach Räumen, und wenn er eine Leerstelle in der gegnerischen Abwehr erspäht, leitet er den Ball oft mit nur einer Berührung weiter. Im besten Fall führt das zu Toren, im schlechtesten Fall behält seine Mannschaft den Ball. Nun fehlt dem FC Bayern bis zum Saisonfinale der Dosenöffner, der beste Koordinator für das Ressort Ballbesitz.“

Vogelwild an der Seitenlinie

Im Abstiegskampf geht es nicht nur auf dem Platz zur Sache. Auch rund um die Trainerbänke herrscht bisweilen das blanke Chaos. Patrick Krull (Welt Online) warnt vor allem vor dem Betreten der Freiburger Coaching-Zone: „Der Trainer der Breisgauer hat eine große Schwäche. Bei Spielen ist er immer so vogelwild, dass der Dortmunder Zampano Jürgen Klopp gegen ihn wie ein Waisenknabe wirkt. Bei jeder strittigen Aktion schaut Christian Streich wie ein Irrer zur gegnerischen Bank und zetert drauflos. Und mit ihm gern auch der Rest des Freiburger Trosses, der sich jenseits des Platzes befindet. Wie gegen Nürnberg, Streich und der Rest der Bande bauten sich fortwährend vor Verbeek auf. Dem wurde das zu bunt, was in einer legendären Wutrede gipfelte, die es in die Annalen der Bundesligahistorie schaffen könnte und neben Streich nach der 2:3-Niederlage auch Schiedsrichter Jochen Drees in keinem guten Licht dastehen ließ.“

Ralf Birkhan (derwesten.de) macht sich Gedanken: „In ihren Werbespots vermarktet sich die Bundesliga über Emotionen – sie gehören zum Wesen des Fußballs, sie machen das Spiel so überlebensgroß wie es längst geworden ist. In diese Maschinerie gerät nun der Trainer, der sein Team mitreißen soll, der die Fans überzeugen muss, der das letzte Prozentchen aus jedem Spieler kitzeln will. Die Trainer sollen also emotional sein, weil es den Marktwert des Produkts Bundesliga steigert. Aber bitte auch wieder nicht zu emotional. Dies in wirklich jedem Augenblick auseinander zu halten, kann man professionell nennen. Aber es gelingt eben nicht immer. Und das nennt man dann: menschlich.“

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Kommentare

1 Kommentar zu “Hertha BSC – Mittendrin, aber nicht dabei”

  1. #Link11: Die Nerven liegen blank | Fokus Fussball
    Montag, 31. März 2014 um 11:28

    […] Wegmann darf als Gastblogger beim Königsblog einen langen Spielbericht verfassen. Kai Butterweck (Indirekter Freistoß) stellt in seiner Presseschau fest: Hertha BSC ist “mittendrin, aber nicht […]

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