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Borussia Dortmund – Alles richtig gemacht

Kai Butterweck | Montag, 2. März 2015 Kommentare deaktiviert für Borussia Dortmund – Alles richtig gemacht

Nach vier Siegen in Serie klopfen sich in Dortmund alle Verantwortlichen zufrieden auf die Schultern. Über Gelsenkirchen hingegen ziehen dunkle Wolken auf

Spätestens nach dem ungefährdeten Derbysieg gegen Schalke scheint in Dortmund wieder flächendeckend die Sonne. Christof Kneer (SZ) verneigt sich vor den Toren des Signal Udana Parks: „All jene Mannschaften, die 52 Jahre lang Hektik und Chaos verbreitet haben, müssten eigentlich rot werden vor Scham, wenn sie das hier sehen: einen Verein, der sich befreit, ohne den Trainer zweimal oder auch nur einmal zu wechseln; einen Klub, der im Winter keinen dieser Spieler verpflichtet, die andere Vereine nicht mehr brauchen können; einen Trainer, der die Spieler nicht der Öffentlichkeit zum Fraß vorwirft; und eine Klubführung, die ihrem Trainer nicht mal ein klitzekleines Ultimatum ausstellt, sondern ihn – zumindest öffentlich – so stramm stützt, dass nicht mal der gewissenloseste Reporter eine Trainerdebatte konstruieren kann. Abstiegskampf kann so einfach sein, man muss es halt nur machen wie Borussia Dortmund.“

Vieles ist möglich!

Thomas Klein (dw.de) fordert mehr: „Über den Abstiegskampf braucht man sich in Dortmund nun keine Gedanken mehr zu machen. Dennoch tritt Klopp weiter auf die Euphoriebremse, was verständlich, aber auch unnötig ist. Zwar sind es nur fünf Punkte bis zum Relegationsplatz, doch der Abstand zu den Europa-League-Rängen beträgt auch nur sieben Zähler. Zudem schwächeln viele Klubs, die momentan noch vor dem BVB rangieren, einzig Bayern München und der VfL Wolfsburg scheinen derzeit uneinholbar zu sein – vieles ist also möglich!“

Daniel Berg (derwesten.de) klatscht begeistert in die Hände: „Die Borussia lieferte auf fast wundersame Weise einen erstaunlichen Auftritt ab. Die Jagd nach dem Ball in des Gegners Hälfte funktionierte fast wie zu besten Zeiten, die Pässe von Mats Hummels, von Nuri Sahin und Ilkay Gündogan durchschnitten die königsblaue Wand auf schmerzhafte Weise und die Offensive funktionierte prächtig.“

Auch Jan Christian Müller (FR) zeigt sich beeindruckt: „Mit jedem Sieg wachsen der Glaube, der Teamgeist und die Furcht der Gegner. So könnte es kommen in der verbleibenden Saison für den BVB. Und wenn es denn so käme, dann wären all die Fragen nach der wunderbaren Zukunft, die der noch vor nicht mal vier Wochen potenzielle Zweitligatrainer Jürgen Klopp jetzt aushalten muss, sogar völlig berechtigt gewesen.“

Es sollte kein Angsthasenfußball sein

Während sich die Dortmunder Fans vor Freude in den Armen liegen, herrscht auf Schalke Untergangsstimmung. Christian Eichler (FAZ) weiß warum: „Schalke trat in Dortmund auf, als wäre man nicht als Vierter, sondern als Achtzehnter ins Spiel gegangen. Dass ein Klub wie Schalke sich entgegen eigener Tradition einem solch destruktiven Fußball verschrieben hat wie zuletzt, zeugt auch von einem Nachholbedarf in der Bundesliga. Es fehlt am Bewusstsein, dass ein moderner Klub sich einer Art innerem Grundgesetz verpflichten sollte. Es definiert den Charakter des Fußballs als Teil des Markenkerns. Es sollte kein Angstfußball sein.“

Oliver Müller (Welt) nimmt sich die Schalker Akteure zur Brust: „Das Schlimme an diesem Derby war aus Sicht der „Königsblauen“, dass Schalke 04 offenbar nicht zu wissen schien, worauf es ankam: Der Mythos des Derbys lebt nicht von taktischen Winkelzügen, sondern von leidenschaftlichem Kampf. Und den haben die Schalker am Samstag verweigert. Ihr Auftritt war fantasiearm, leidenschaftslos und blutleer – er war peinlich für die Schalker Fans, die nach dem Schlusspfiff ihren Unmut lautstark artikulierten.“

Ralf Birkhan (derwesten.de) steht frustriert vor der Schalker Trainerbank: „Sie wollten Di Matteo, jetzt haben sie Di Matteo. Zuerst holte der Klub damit sogar Punkte, der Zweck heiligte die Mittel. Doch nachdem die Resultate nicht mehr stimmen, finden die Zuschauer auch die Mittel nicht mehr gut. Niemand sieht gerne Profis, die 90 Minuten lang in erster Linie versuchen, ein Gegentor zu verhindern. In Dortmund klappte das sogar bis zur 78. Minute, dann bröckelte der Beton, die Abwehrmauer krachte zusammen. Hätten Aubameyang und Reus die Schalker Taktik vorher gekannt, hätten sie vielleicht andere Comic-Masken hinters Tor gelegt: Nämlich die der Panzerknacker.“

Wer sich schon im Derby hängenlässt, den sollte Schalke fallen lassen

Michael Schulte (wn.de) fordert Konsequenzen: „Versprühten die Dortmunder Spielfreude wie zu allerbesten Tagen, war da ein Häuflein Verzagter aus Gelsenkirchen angereist. Auf der einen Seite wurden Torchancen quasi im Fünf-Minuten-Takt herausgespielt, auf der anderen war man 90 Minuten um Schadensbegrenzung bemüht. Wobei sich das mit dem Bemühen bei manch Blau-Weißem in sehr überschaubaren Grenzen hielt. Kapitän Benedikt Höwedes wollte keinen Kollegen in die Pfanne hauen, sah aber in punkto Einsatz der Schalker bei manchem noch „Luft nach oben“. Und genau das ist der Skandal. Wer sich schon im Derby hängenlässt, den sollte Schalke fallen lassen.“

Wer gewinnt ist zweitrangig. Christian Spiller (Zeit Online) pilgert primär wegen der Atmosphäre zum Derby: „Derby ist, wenn Freikirchler in der Innenstadt beim Verteilen religiöser Zettelchen zu hören bekommen: Nein, danke, heute glaube ich nur an den Fußballgott. Derby ist, wenn man ständig in die Scheiße der Polizeipferde tritt, die die Fans trennen sollen. Derby ist, wenn eine blonde Dortmunder Haupttribünen-Mutti und ihre vielleicht achtjährige, blonde Haupttribünen-Tochter, die zusammen so aussehen, als kämen sie direkt vom Ponyhof, dem Gästeblock schäumend ihre vier Stinkefinger entgegenrecken. Derby ist, wenn die Schalker Fans dem obligatorischen Dortmunder You‘ll never walk alone vor dem Spiel den Rücken zudrehen, als würden sie es so nicht hören.“

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