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Bundesliga

Schalke 04 – Kurz vor der Explosion

Kai Butterweck | Freitag, 23. September 2016 Kommentare deaktiviert für Schalke 04 – Kurz vor der Explosion

Vier Spiele, vier Niederlagen, null Punkte: In Gelsenkirchen brennt bereits zu Beginn der Saison der Baum. Außerdem: Köln und Dortmund auf der Überholspur

Nach dem katastrophalen Fehlstart geht in Gelsenkirchen die Angst um. Auch Ingo Durstewitz (FR) ist sprachlos: „Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Der FC Schalke 04, dieser pulsierende Klub aus dem Herzen des Ruhrpotts, liegt nach vier Partien mit null Punkten und 1:8 Toren auf Rang 17, nur Werder Bremen ist mit 3:14 Toren noch ein bisschen mieser gestartet. Dabei sollte alles besser werden. Christian Heidel kam als renommierter Sportchef, angetreten, um S04 in die Phalanx der FCB/BVB-Verfolger zu hieven und dem notorisch überdrehten Verein die Flausen auszutreiben. Und Markus Weinzierl war der Wunschtrainer der Königsblauen, der zuvor vier Jahre für den FC Augsburg exzellente Arbeit abgeliefert hat. Herausgekommen ist der schlechteste Saisonstart seit 31 Jahren.“

Sammeln Sie Punkte? Nein, danke, ich bin Schalker

Oliver Fritsch (Zeit Online) kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen: „Endlich! Endlich schoss Schalke das erste Saisontor, ging durch einen sanften Heber von Klaas-Jan Huntelaar nach einem leckeren Pass von Nabil Bentaleb in Führung. Doch schon im Gegenzug glichen die Kölner aus. Dann nahm das blau-weiße Schicksal seinen Lauf. Der neue 19-jährige Stürmer aus der Schweiz, Breel Embolo, stand frei, doch gab brav zu Huntelaar ab, statt zu schießen – und das etwas ungenau. Und Naldo war bei allen drei Gegentoren nicht dort, wo er gebraucht wurde. Vor allem bei der Kölner Führung war für ihn Anthony Modeste aus den Augen, aus dem Sinn. Man fragt sich eh, warum Schalke einem 34-jährigen Zugang aus Wolfsburg, der zuvor nie dem allerhöchsten Niveau gewachsen war, den Posten als Abwehrchef anvertraut. Nun haben die Neuen Christian Heidel und Markus Weinzierl vier Spiele und vier Niederlagen. Sammeln Sie Punkte? Nein, danke, ich bin Schalker.“

Pit Gottschalk (reviersport.de) appelliert an alle Fans der Knappen: „Wenn der notorisch ungeduldige Anhang jetzt lauter grummelt, als es der Glauben an den Neuanfang zulassen sollte, greift die alte Seemannsregel: Wer im Strudel strampelt, verliert Kraft fürs Auftauchen. Darum gilt, was Seeleute tun: Ruhig bleiben, die Kräfte sparen, Mund zu — und dann im entscheidenden Moment Kopf über Wasser. Für Schalke 04 übersetzt: Geduld haben.“

Oliver Müller (Welt) hält ebenfalls den Ball flach: „Es ist tatsächlich richtig und auch wichtig für den Verein, dass es diesmal keine Kurzschlusshandlung gibt, keinen Aktionismus. Sich nun von einem Trainer, für den man sich erst vor einigen Monaten bewusst entschieden hat, zu trennen, wäre gefährlich. Möglicherweise hat Weinzierl die Aufgabe, die Schalker Mannschaft zu einer aggressiven, lauffreudigen Truppe umzuerziehen, unterschätzt. Doch seine Ideen, seine Arbeitsweise sind richtig – und er hat die Spieler noch hinter sich.“

Ivo Hrstic (sport1.de) bereitet den Schalke-Manager auf die kommenden Tage vor: „Früher als ihm lieb sein wird, ist der bittere Bundesliga-Auftakt sofort eine echte Bewährungsprobe für Schalkes Sportvorstand. Christian Heidel ist spätestens nach dem schwachen 1:3 gegen den 1. FC Köln gefordert. Anders als in Mainz wird Heidel jetzt mit einem sehr unruhigen und aufgeregten Umfeld klar kommen müssen. Ich messe Heidel vor allem daran, ob er in dieser sensiblen Phase Fans, Medien und Aufsichtsrat in den Griff bekommen kann. Das ist in der Vergangenheit auf Schalke selten gelungen.“

„Deutscher Meister Eff-Zeh“

Während in Gelsenkirchen die Stimmung im Keller ist, träumt man in Köln bereits von der Meisterschale. Daniel Theweleit (Spiegel Online) reibt sich die Augen: „Leicester ist in der vergangenen Saison völlig überraschend englischer Meister geworden, und der Traum von solch einer Sensation existiert dieser Tage auch im Rheinland. Köln ist nach drei Siegen aus den ersten vier Partien Zweiter, „Deutscher Meister Eff-Zeh“, sangen die Fans auf Schalke, und noch vor zwei, drei Jahren hätte man sich nach solch einem Saisonstart und der wachsenden Euphorie sorgen müssen: „Werden die schon wieder größenwahnsinnig?“ Eine fatale Neigung zur Selbstherrlichkeit gehörte zu den Ursachen für das jahrelange Scheitern. Derzeit scheint der Überschwang aber kein Problem zu sein. Ganz im Gegenteil.“

Richard Leipold (FAZ) beschäftigt sich mit den Vätern des Erfolgs: „Gemeinsam haben Schmadtke und Stöger den FC zurück in die erste Liga geführt und dort etabliert. Dabei sind sie nicht nur mit kaufmännischem Geschick und einem geschulten Blick für bezahlbare Spieler vorgegangen; das Management hat auch einen Mentalitätswechsel herbeigeführt – weg von der „elitären Arroganz“, die der vormalige Manager Michael Meier als Selbstbewusstsein des FC propagiert hatte. Diese Pfade von gestern verlassen zu haben ist ein Ursprung des Aufschwungs.“

Es war ein spektakulärer Sieg

In Dortmund läuft man nach 17:1 Toren in drei Spielen mit stolzgeschwellter Brust durch die Straßen. Auch Peter Unfried (taz) ist begeistert: „Die Indiziensuche gilt jetzt der Frage, ob der BVB in dieser Saison den Abstand nach unten, also auf Platz 3 und was danach kommt, weiter vergrößert. Es war jedenfalls ein spektakulärer Sieg in Wolfsburg. Ein Spiel, das exemplarisch zeigte, dass im modernen Fußball Dominanz nicht mit Ballbesitz gleichzusetzen ist. Wolfsburg wollte mit Ball dominieren und wurde über entscheidende Phasen dominiert von einem Team, das unverwechselbar ein Tuchel-Team ist und das dabei aber auch nach Jürgen Klopps alter Devise verfuhr, dass aggressives Gegenpressing der beste Spielmacher ist.“

Dardais Mannschaft wirkt intakt und willig

In Berlin ist man nach der Niederlage gegen den Rekordmeister aus München wieder in die Realität zurückgekehrt. Christoph Dach (Tagesspiegel) klatscht dennoch Beifall: „Der FC Bayern ist schlicht und ergreifend nicht die Kategorie Mannschaft, gegen die Hertha BSC verpflichtet ist zu punkten. Überhaupt: Welcher Verein kann das schon von sich behaupten? Mit vielen kleinen, sorgsamen und richtigen Schritten haben sich die Berliner in den vergangenen eineinhalb, zwei Jahren von der Zone entfernt, die sie über Jahre hinweg quasi verfolgt hat: die Abstiegszone. Das Niveau im Kader ist deutlich ausgeglichener geworden, der Konkurrenzkampf ein ganz anderer. Pal Dardai kann mittlerweile auf vielen Positionen gleichwertig wechseln, seine Mannschaft wirkt intakt und willig.“

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