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Bundesliga

RB Leipzig – Auf der Überholspur

Kai Butterweck | Montag, 19. Dezember 2016 3 Kommentare

Vor dem Liga-Gipfeltreffen am kommenden Mittwoch zeigen die Leipziger einer völlig überforderten Mannschaft aus Berlin die Grenzen auf. Die Presse macht große Augen

Auch die Hertha zieht in Leipzig den Kürzeren. Lukas Stockhofe (Spiegel Online) ist beeindruckt: „Leipzig ist mehr als nur eine reine Kontermannschaft. Gegen Berlin stellte die RB-Elf eindrucksvoll unter Beweis, auch im eigenen Ballbesitz viel Charmantes mit dem Spielgerät anfangen zu können. Auch wenn das schon längst kein Geheimtipp mehr ist: In dieser Form wird der Aufsteiger aus Sachsen sich für das internationale Geschäft qualifizieren – mindestens für die Europa League.“

Das Ergebnis dient dem Spiel

Michael Rosentritt (Tagesspiegel) spendet Applaus: „Man hat dem Aufsteiger aus der Gründerstadt des Deutschen Fußball-Bundes sicher zugetraut, dass er mit dem Abstieg nichts zu tun haben wird, aber nicht, dass er die Liga aufmischt. Ja, weil sie Geld haben in Leipzig, aber eben auch Ahnung. Das spüren und sehen die, die Fußball mögen. Das Konstrukt RB ist gewagt und streitbar, aber nicht unfair oder verlogen. Und: Das Ergebnis dient dem Spiel. Jedenfalls ist RB Leipzig nicht schlimmer als der alte Adel, nur anders. Die Tanker der Liga, die vor Tradition kaum noch laufen können, werden sich künftig messen müssen mit der Moderne. Das ist Wettbewerb.“

Frank Hellmann (sportschau.de) reibt sich angesichts des bevorstehenden Gipfeltreffens bereits die Hände: „Das ist diesmal anders: Nur die schlechte Tordifferenz trennt den Emporkömmling vom Rekordmeister, der sich am Sonntag mit 108,5 gelaufenen Kilometern, 370 schnellen Läufen und 159 Sprints begnügte. Zum Vergleich: RB Leipzig lieferte in diesen Kategorien mehr ab: 113,3 gelaufene Kilometer, 386 schnelle Läufer, 173 Sprints. Während sich die Bayern am vierten Advent abmühten, konnten die Leipziger bereits daheim im Trainingszentrum am Cottaweg die Vorbereitung auf den Mega-Gipfel aufnehmen. Der Tag Vorsprung könnte wichtig werden, weil Ralph Hasenhüttl individuell zugeschnittene Matchpläne austüftelt, die dann hinter verschlossenen Türen im Training erprobt werden.“

Ein Wert in Guardiola-Dimensionen

Thomas Hummel (SZ) entdeckt Neues: „Dass die wilden Leipziger die zuvor drittplatzierten Berliner mit 2:0 besiegen werden würden, das traute man ihnen natürlich zu. Doch sie bewerkstelligten das nicht mit der bislang vertrauten Balljäger- und Pressing-Taktik, sondern wiesen in der beeindruckenden ersten Hälfte 73 Prozent Ballbesitz auf. Das ist ein Wert in Guardiola-Dimensionen. Die Bundesliga hat an diesem vierten Advents-Wochenende die Ballbesitz-, Dominanz- und Kontroll-Leipziger kennengelernt.“

Warum war die Hertha chancenlos? Max Bosse (Berliner Zeitung) bringt es auf den Punkt: „Wenn sich ein Reh nachts auf eine Straße verirrt und plötzlich ins Scheinwerferlicht eines Autos gerät, erstarrt es. Genauso verhielten sich die Spieler von Hertha BSC, als sie den Rasen im einstigen Zentralstadion betraten. Sie hofften, dass dieses rasende Ungetüm irgendwie Rücksicht nimmt und anhält. Oder ausweicht. Aus Rücksicht. Aber Rücksicht gibt es nicht im Profisport, und so mussten die Berliner hinterher mit zwei ernüchternden Erkenntnissen heimreisen. Die erste: Der mit 2:0 (1:0) siegreiche Gegner RB Leipzig ist ein echtes Bundesligaspitzenteam, Hertha BSC hingegen noch nicht. Und die zweite: Nicht jeder von  Pal Dardai   ausgeheckte Plan funktioniert.“

Sebastian Fischer (SZ) beschäftigt sich mit RB-Coach Ralph Hasenhüttl: „Die laufende Bundesligasaison ist keine gnädige für Trainer: sechs haben bereits ihren Job verloren, in dieser Woche erst der Trainer des Jahres 2016, Dirk Schuster. So ist das Geschäft. Die laufende Bundesligasaison, das ist bislang die des reichen Aufsteigers RB Leipzig, der bis vor einer Woche die Tabelle anführte. Und damit ist sie die Saison von Ralph Hasenhüttl. Der Österreicher, 49, ist ein Trainer, auf den die Branche künftig wohl nicht mehr verzichten wird. Denn er hat das Geschäft verstanden. Das lernen gerade nicht nur seine Kollegen.“

Er trägt ein Gewinnergebiss

Christoph Cöln (Welt) stellt RB-Gründer Dietrich Mateschitz vor: „Wenn er lacht, sieht man seine makellosen Zähne. Er trägt ein Gewinnergebiss, das vom Aufstieg des Mannes aus Sankt Marein in der Steiermark kündet. Bevor Dietrich Mateschitz ab Mitte der Achtzigerjahre mit einem Wachmachergetränk aus Dosen ein Milliardenvermögen verdiente, arbeitete er als Marketingdirektor bei der Zahnpastafirma Blendax und verkaufte den Kunden ein strahlendes Lachen aus der Tube. Doch Mateschitz wollte mehr als nur schöne Zähne. Er wollte nach ganz oben.“

Oskar Beck (Welt) nimmt sich Berliner Hohlbirnen zur Brust: „Viel schlimmer kann eine Verrohung nicht sein als die jener Horde sogenannter Berliner Fans, die zu nennenswerten menschlichen Regungen offenbar gar nicht mehr fähig sind. Seelenruhig und ohne erkennbare Gewissensbisse entfalteten sie  im Oberrang der Leipziger Arena mitten im Spiel plötzlich ein Spruchband, das anschließend die Balustrade der cirka 4500köpfigen Hertha-Kurve schmückte und die zündende Botschaft trug: „Ey Ralf, wir warten sehnlichst auf deinen nächsten Burnout.“

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Kommentare

3 Kommentare zu “RB Leipzig – Auf der Überholspur”

  1. Van Kuchen
    Dienstag, 20. Dezember 2016 um 00:02

    Es ist ja schön und gut, sich über das Banner
    aufzuregen.
    Doch, worum geht es im Profi-Sport?
    Um Fußball?
    Um Emotionen?
    Um Geld?!
    Das beweißt z.B. der ABstieg der Freiburger vor zwei Jahren und, daß Bayern seit jahrzehnten den direkten Konkurrenten immer die besten Spieler wegkauft. Nicht, damit sie für Bayern spielen, sondern, damit sie für den Konkurrenten spielen.
    Das finde ich viel unfairer, als ein Foul auf dem Platz, denn ein weggekaufter, wird – Ausnahmen bestätigen die Regel – kaum mehr für den Konkurrenten spielen und wenn, dann muß er erstmal den Trainingsrückstand, der bei Bayern entstand , aufholen.
    In der Welt der Blinden ist der Einäugige König

  2. Presse 20.12.2016 | rotebrauseblogger
    Dienstag, 20. Dezember 2016 um 14:23

    […] [Indirekter Freistoß] RB Leipzig – Auf der Überholspur: http://www.indirekter-freistoss.de/2016/12/19/leipzig-hertha-bayern-hasenhuettl-mateschitz/ […]

  3. Thommy
    Sonntag, 29. Januar 2017 um 17:27

    Mir wäre Leipzig als Meister 100x lieber als immer wieder die Bayern. Junge Truppe… netter Fussball der sich sehen lässt. Dazu noch endlich mal jemand der mit den Bayern auf Augenhöhe spielt. Wäre dann ja der zweite Aufsteiger, der direkt Meister wird. Würde mich zumindest sehr freuen.

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