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DFB-Pokal

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für DFB-Pokal

TSG Hoffenheim nach Sieg über Leverkusen auf dem Weg nach oben – Mönchengladbach nach Sieg über Stuttgart weiter im Aufschwung – „Stuttgart erholt sich bei der Niederlage im DFB-Pokal“ (Tsp)

TSG Hoffenheim – Bayer Leverkusen 3:2

Freibier in der Stadiongaststätte

Rainer Seele (FAZ 4.12.) berichtet Feierlaune beim Sieger: „Dietmar Hopp nimmt im Herbst und Winter gerne eine Auszeit von Deutschland, er verbringt dann einige Monate im sonnigeren Florida. Dort kann er, angenehmer Nebeneffekt, auch seinem Hobby Golf frönen. Weil Hopp aber auch dem Fußball sehr eng verbunden, weil er ein bedeutender Förderer der TSG Hoffenheim ist, konzentrierte er sich am Dienstag – telefonisch notgedrungen – ganz auf das Geschehen in einem so kleinen wie schmucken Stadion im Kraichgau, das seinen Namen trägt. Und als das Werk seines Klubs vollbracht, ein großer Wurf gegen Bayer Leverkusen geglückt war, gab sich Hopp sofort spendabel. Er signalisierte aus Amerika: Freibier in der Stadiongaststätte Fair Play. Hopp ist allgegenwärtig in Hoffenheim, vordergründig natürlich durch die nach ihm benannte Arena in der Silbergasse, die mit mehr als 6000 Zuschauern besetzt war. Zum Vergleich: Hoffenheim, Teilort der Großen Kreisstadt Sinsheim, hat gerade mal 3000 Einwohner. Hopp, Mitbegründer des Walldorfer Softwareunternehmens SAP und einer der reichsten Deutschen, sorgte bei der TSG Hoffenheim für eine Infrastruktur, die ihresgleichen suchen dürfte in der Regionalliga. Manchmal wird Hansi Flick, Trainer des Tabellenfünften der Regionalliga Süd, deswegen mit der Bemerkung konfrontiert, er befinde sich in einem fußballerischen Schlaraffenland. Flick, einst Profi beim FC Bayern München und beim 1. FC Köln, entgegnet in solchen Fällen: Wir lassen uns nicht bedienen, wir müssen schon hart arbeiten. Das bezieht sich in Hoffenheim nicht nur auf den Fußball. Nur ein Spieler, heißt es, der vom 1. FC Nürnberg gekommene Christian Möckel, lebe ausschließlich für den Sport – der Rest muß Fußball und Beruf kombinieren.“

Borussia Mönchengladbach – VfB Stuttgart 4:2

Eine Sorte Lektion, die der VfB gar nicht mehr kannte

Bernd Müllender (BLZ 4.12.) ist vom VfB enttäuscht: „Als Metapher für Überraschungen sind die viel zitierten Pokalgesetze mittlerweile so alt wie die Mär von den Gladbacher Fohlenfußballern. Die Wahrheit ist: Überraschungssiege sind im Pokal selbstverständlich. Auch das 2:4 des souveränen Championsligisten und Bundesliga-Ersten VfB Stuttgart beim Abstiegskandidaten Mönchengladbach folgte schlichter Logik. Anders gesagt: Wenn die beste Mannschaft Deutschlands, wie Borussias Einwechseltorschütze Arie van Lent den VfB belobigte, auftritt wie eine Elf, der der Erfolg quasi automatisch zufällt, dann droht die Gefahr unmittelbaren Zerfalls. Und die unverdiente Halbzeitführung durch Kevin Kuranyis Kunstkopfball hatte den VfB nur noch selbstsicherer gemacht. Die Strafe war dafür umso heftiger: vier wunderschön herausgespielte Gegentore in 26 Minuten. In der Liga haben sie in 14 Spielen erst drei Gegentore einstecken müssen, davon nur ein reguläres aus dem Spiel heraus. Zu wenig Siegeswillen habe er gesehen, klagte Trainer Felix Magath später, man habe es nur mit spielerischen Mitteln versucht. Das alte Klagelied, wenn das kleine Extra an Leidenschaft fehlt. Es ist ein wenig schade, dass dieser immer noch aufwühlende Wettbewerb so wenig Zuspruch erfährt, auch wenn die Klubs ihn wegen außerordentlicher Mehreinnahmen derzeit etwas mehr schätzen als noch zu paradisischen Kirch-Zeiten. Spieler werden gelegentlich geschont, Zweittorwarte neuerdings als Dank für meckerfreie Solidarität zu Pokaltorwarten erklärt. Beim VfB ging das gründlich daneben: Timo Hildebrands Stellvertreter Dirk Heinen war ein ständiger Unruheherd für die eigene Abwehr, verschuldete tapsig das entscheidende dritte Tor. Magath erklärte nach dem Abpfiff, man wolle aus der Niederlage lernen – eine Sorte Lektion, die der VfB gar nicht mehr kannte.“

Christoph Biermann (SZ 4.12.) ist auch vom VfB enttäuscht und freut sich mit Gladbach: „Bei der 2:4-Niederlage in Mönchengladbach war wenig von dem zu sehen, was den VfB Stuttgart in dieser Saison ausgezeichnet hat. Der Abwehrbeton verkam zu losem Mörtel, statt großer Laufbereitschaft sah man Behäbigkeit, und die schlechte individuelle Form etlicher Spieler war kaum zu leugnen. Am wenigsten bei Andreas Hinkel, der bei seiner schlechtesten Saisonleistung kaum einen Pass zum Mitspieler brachte und mindestens ein Gegentor verschuldete. Nach dem 0:0 in Bochum hatte Felix Magath noch davon gesprochen, sein Team hätte nach den großen Erfolgen in der Champions League „durchgeatmet“, in Gladbach schien es immer noch Luft schöpfen zu wollen (…) Auch für Borussia Mönchengladbach, weiterhin ein Abstiegskandidat der Bundesliga, ist der DFB-Pokal eine Parallelwelt, doch keine zusätzlich belastende, sondern ein Freiraum. „Wir hatten in diesem Spiel nichts zu verlieren“, sagte Arie van Lent, der direkt nach seiner Einwechselung den vierten Treffer erzielte. Eine Niederlage wäre verzeihbar gewesen, den Sieg hatte niemand ernsthaft erwartet, und nach langen grauen Wochen durften endlich einmal wieder Wörter wie „Spaß“ und „gute Stimmung“ benutzt werden.“

Jörg Stratmann (FAZ 4.12.) spürt Vergangenheit im Gegenwärtigen: „In diesen Tagen erlaubt sich der Fußballklub Borussia Mönchengladbach jede Menge gefühlvoller Rückblicke. Nur noch elfmal werden seine Fans den Bökelberg zum traditionsreichen Stadion hinaufpilgern, ehe man 2004 ins neue, viel größere Haus im Norden umzieht. Deshalb erinnert das Blättchen Fohlenecho regelmäßig an gute, alte Zeiten. In einem scheint die Borussia am Dienstag schon wieder an die große Ära angeknüpft zu haben. Held des Pokalsieges über Bundesliga-Primus VfB Stuttgart war nämlich ein Talent, dessen Weg nach einstiger Fohlenart programmiert scheint. Wenn sich der gerade 20 Jahre alte tschechische Stürmer Vaclav Sverkos so weiterentwickle, sagte jedenfalls Trainer Holger Fach, dann ist er bald für uns unbezahlbar. Wenn das nicht pünktlich zur Feier des 50. Pokalheimspiels an die Jahre erinnerte, da die Gladbacher wegen bescheidener Verdienstmöglichkeiten immer wieder die Besten abgeben mußten – und doch Titel an Titel reihten. Das schien der lang anhaltende Jubel wieder heraufbeschwören zu wollen. Hierzulande seit 17 Spielen ungeschlagen war der Favorit angereist, dazu mit gerade einmal drei Gegentoren in dieser Saison auf dem Konto. Und nun schlug allein Sverkos dreimal innerhalb von nur 23 Minuten zu.“

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