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Portrait: Eurosport-Kommentator Gottfried Weise

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 1 Kommentar

Marc Schürmann (FR 4.6.) porträtiert Eurosport-Kommentator Gottfried Weise. „Die Stimme von Gottfried Weise ist ein Echo aus alten Jahren, als die Russen noch das CCCP auf dem Trikot trugen, die Italiener noch schönen Fußball spielten und das Fernsehen drei Programme hatte. Die Stimme fließt, fließt, sie spielt die immer gleiche Melodie zwischen Satzanfang und Satzende, betont, unbetont, betont, betont, unbetont, betont, wie ein Refrain, das Tempo gleichmäßig wie beim Dauerlauf, und dann ein genüssliches Dehnen der letzten Silbe, am liebsten mit einem n, die Tschechen mit Problemennnnn!, die Stimme klingt etwas blechern wie aus einem Volksempfänger, auch wenn ein Satellit sie überträgt, man könnte sie stundenlang hören, sie fließt, fließt, ohne dass sie stört – und ohne dass sie auffällt. Der Mann, dem diese Stimme gehört, ist eigentlich der Größte der deutschen Fußballreporter, der Saurier, der Altmeister, aber wie seine Stimme fließt er bloß mit und fällt nicht auf. Um als Sportreporter berühmt zu werden, braucht man drei Dinge: einen großen Sport, ein großes Spiel und einen großen Sender. Gottfried Weise hat aber nur zwei dieser Dinge. Den größten Sport, Fußball. Und viele große Spiele, 3000 insgesamt, alle Weltmeisterschaften seit 1974. Aber er kommentiert bei Eurosport. Deswegen kennt man nicht ihn, sondern Marcel Reif und Johannes B. Kerner und Béla Réthy und Heribert Faßbender. Die bei ARD und ZDF arbeiten, bei Sat 1, RTL oder wenigstens Premiere. Über den Kerner reden die Leute am nächsten Tag, sie haben ihn ja alle gehört, aber Eurosport ? Ein Nischenkanal. Eurosport bringt rund 90-mal Weise im Jahr – aber andererseits ist es auch in Ordnung so, denn Gottfried Weise im ZDF, das wäre, als würde man für die Samstagabend-Show den Kulenkampff ausgraben (…) So viel Weise über Fußball weiß, so viel denkt er auch über ihn nach, aber das macht er nur für sich. Dienstlich beschränkt er sich aufs Handwerk. Früher waren Reporter noch Mittler des Ereignisses, sagt er, da hat man sich selbst nicht so inszeniert wie heute die jungen Leute bei ran auf Sat 1, die sind zwar berühmter, aber ihre Masche kann sich auch schnell abnutzen, mir geht sie auf den Wecker. Aber nicht beim Reif, betont Weise, der inszeniert sich zwar auch, aber er hat die Reportage an den Rand der Literatur gehoben. Weise ist immer noch ein Mittler, einer, für den ein Fußballspiel eine ernsthafte Nachricht ist und keine Unterhaltungsshow. Der sich vor jeder Live-Reportage Videos der beiden Mannschaften ansieht, der Kollegen und Ex-Spieler in Prag und Madrid und London anruft, der ein Spiel notfalls aber auch aus dem Schlaf heraus kommentierten könnte, weil er aus dem Kopf weiß, dass Klaus Sammer beim DDR-Pokalfinale 1971 in Halle zwei Tore geschossen hat und das 2:1 in der 119. Minute. Oder dass Fernandez im WM-Halbfinale Brasilien gegen Frankreich 1986 den entscheidenden Elfmeter für Frankreich verwandelte. Die Stimme fließt, fließt, der Kopf fließt mit, er ist ein Archiv voller Spielzüge, Namen, Tore, Minuten, Pokale, Tränen. Den Kopf macht er auf und kramt heraus, was der Zuschauer gebrauchen kann.“

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Kommentare

1 Kommentar zu “Portrait: Eurosport-Kommentator Gottfried Weise”

  1. Langer, Heinz Chemnitz ehem. Sportlehrer
    Montag, 2. Juli 2012 um 17:09

    Hallo Gottfried durch die Fußball EM bin ich wieder an dich erinnert worden freue mich,daß du noch aktiv bist sicher erinnerst auch du dich an unsere Berufschulzeit in Chemnitz .Ich bin schon lange Rentner und die sportlichen Aktivitäten halten sich in Grenzen ,das Kreuz macht nicht mehr mit. Vielleicht höre ich mal was von dir .Gruß Heinz Langer ehem. Sportlehrer.

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