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Ball und Buchstabe

Giftiger Schatten

Oliver Fritsch | Samstag, 27. November 2004 Kommentare deaktiviert für Giftiger Schatten

Peter Hartmann (NZZ 27.11.) kommentiert das Doping-Urteil in Sachen Juventus Turin: „Nach vier Jahren Ermittlungen und drei Jahren Prozessdauer, nach 38 Gerichtsterminen und Hunderten von Einvernahmen endlich ein Urteil und eine Gewissheit: Die unwiderstehliche Juventus-Squadra der neunziger Jahre war gedopt. Die Spieler – Stars wie Zidane, Del Piero, Roberto Baggio – und ihr damaliger Trainer Marcello Lippi, heute Commissario tecnico der Nationalmannschaft, bleiben jedoch ungeschoren. Zur Wahrheitsfindung haben sie kaum etwas beigetragen, obwohl sie nur als „informierte Zeugen“ und nicht als Beschuldigte einvernommen wurden. Nach Art der Mafia verschanzten sie sich hinter einer abgesprochenen Omertà und gestanden nur den massiven Konsum der nicht verbotenen Aufbausubstanz Kreatin ein. Aber mit der Verurteilung des Arztes Riccardo Agricola fällt jetzt ein giftiger Schatten auf den italienischen Rekordmeister und den Calcio. Die „Alte Dame“ gewann 1994 bis 1998, auf die sich die Nachforschungen des Turiner Staatsanwaltes Raffaele Guariniello erstreckten, nach einem neunjährigen Tief dreimal den nationalen Titel und einmal die Champions League.

Der Staat, der Staat, der Staat

Hans-Joachim Waldbröl (FAZ 27.11.) bemängelt den Umstand, dass der Sport nicht zur Selbstkontrolle fähig sei: „Komisch: Doping mit diesem oder jenem bringt in dieser oder jener Sportart so lange nichts, bis entweder ernsthaft auf einen Mißbrauch hin kontrolliert wird. Oder bis der Staat – am Sport vorbei – zugreift. Plötzlich gibt es sogar ohne positive Proben, die der organisierte Sport als unabdingbares Beweismittel angesehen oder auch nur vorgeschoben hat, Geständnisse und Verurteilungen. Wer hat denn bei der Tour de France mit manipulierenden Radprofis aufgeräumt? Der Staat, in Person seiner öffentlichen Ermittler. Wer brachte dopende Sprinter Kelli White und Calvin Harrison in den Vereinigten Staaten zu Geständnissen? Die staatliche Antidoping-Agentur. Wer klagt die griechischen Testflüchtlinge Kostas Kenteris und Ekaterini Thanou an? Der Staatsanwalt. Und der Sport, der sich seit eh und je seiner freiwilligen Selbstkontrolle rühmt und die längste Zeit darüber geklagt hat, daß staatliches Recht die sportliche Gerechtigkeit einschränke, daß zweijährige Sperren sich als Berufsverbot von selbst verböten, dieser Sport steht nun da und kann nur staunen, welche Strenge dieser strafende Vater Staat walten läßt.“

Max´ Dax

Christoph Bieber (ZMI) schaut in seinen Briefkasten und macht einen Einwurf: „Die klaren Worte von Uli Hoeneß zur vermeintlich überkritischen Berichterstattung des Bezahlsenders premiere sind kaum verhallt, da erhalten Mitglieder des FC Bayern ein prima Angebot – rechtzeitig mit der Post zum Heimspiel gegen Mainz flattert ein aufdringlicher Werbebrief ins Haus: „Holen Sie sich die Bundesliga ins Haus: mit dem „premiere start“-Abo!“ In Kombination mit einem Sparangebot der FCB-Partnerbank möchte der Verein einen „gelungenen Doppelpass“ spielen. Plant der notorisch genervte Manager hinterrücks die Übernahme des Senders durch eine Infiltrierung des Abonenntenstammes mit bayerntreuen Zuschauern? Oder bekommt gar die eigentümliche Werbefigur des FCB-Finanzpartners demnächst seine eigene Börsenshow auf premiere (Arbeitstitelvorschlag: „Max´ Dax“)? Nein, nein, so subtil werkeln nicht einmal die Bayern hinter den Kulissen der Medienfußballwelt.“

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