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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Internationaler Fußball

Kein Ort, in dem Fußball alles ist

Oliver Fritsch | Dienstag, 28. März 2006 Kommentare deaktiviert für Kein Ort, in dem Fußball alles ist

Christian Eichler (FAZ) stellt uns Reading, Aufsteiger in die Premier League, als Stadt der Kultur vor: „So früh im Jahr war noch keinem Klub in der englischen Fußballgeschichte der Aufstieg in die Premier League gelungen. Letztes Jahr Wigan, die graue Industriesiedlung im Nordwesten; dieses Jahr Reading, das propere Bürgerstädtchen an der Themse – wieder ein neuer Name auf der Karte des englischen Spitzenfußballs. Es sind Kellerkinder des Kicker-Wunderlandes, die einen Platz in der attraktivsten Liga der Welt erobern. Wie in Wigan mit dem Sportladen-Unternehmer Dave Whelan, so steht auch in Reading in John Madejski, der sein Geld mit einer Gebrauchtwagenzeitschrift machte, ein Multimillionär hinter dem Erfolg. Doch floß das meiste Geld nicht in teure Spielerkäufe, sondern in professionelle Strukturen, vor allem ein neues Stadion. Madejski investierte, seit er den Klub 1990 als neuer Präsident vor dem Ruin bewahrte, rund 40 Millionen Pfund; das meiste in das 25.000 Zuschauer fassende Madejski Stadium. Reading ist kein Ort, wie er dem Klischee des englischen Arbeiterfußballs entspricht. An der Themse gelegen, 50 Kilometer westlich von London, in der Provinz Royal Berkshire, verwöhnt von lieblicher Natur und Wohlstand, nicht weit von Oxford, Windsor, Henley, war es Durchgangsstation für viele Könige und Heimat einer der reichsten Abteien des Landes, ehe sich Heinrich VIII. ihrer bemächtigte und den Abt am Tor aufhängen ließ. Eine Stadt mit Hochschule, Kunstszene, Musikfestivals, vielen Firmen der Informationstechnologie – kein Ort, in dem Fußball alles ist. 1920 schloß sich der Klub der dritten Liga an und verbrachte in ihr 45 der folgenden 50 Jahre – die zementierte Drittklassigkeit. ‚Biscuitmen‘ nannte man die harmlosen, blau-weiß gestreiften Reading-Kicker, nach einer örtlichen Keksfabrik. Madejski waren die Krümel zu wenig, er ließ das Team umtaufen in ‚Royals‘.“

In der Welt sieht Reading anders aus: „Nach Reading fahren Engländer nicht, sie fahren nur durch. Was schlichtweg daran liegt, daß Reading nahe London am Motorway M4 Richtung Süden liegt, aber nichts besitzt, was den Stop lohnen könnte. Nach Reading – heißt es in der englischen Hauptstadt – nur unter Zwang! Es sei denn, es wird Fußball gespielt. (…) Der viertälteste Klub Englands, 1871 gegründet, ist der letzte Traditionsverein, der noch nie im englischen Fußballoberhaus mitspielen durfte. Was selbst Schriftsteller Nick Hornby, Readings berühmtestem Sohn, in seiner Jugend zu viel der Leiden gewesen war. Weshalb er lieber mit seinem Vater zum FC Arsenal London fuhr, dort auf höherem Niveau litt.“

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