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Wolfsburger Werbechance vertan

Oliver Fritsch | Donnerstag, 19. April 2007 Kommentare deaktiviert für Wolfsburger Werbechance vertan

Wolfsburg hat die Chance verpaßt, überregionale Werbung für sich zu machen

Pressestimmen zum zweiten Pokalhalbfinale

Frank Heikes (FAZ) Hoffnung auf ein spannendes und intensives Pokalhalbfinale ist von Wolfsburg und Stuttgart enttäuscht worden; zudem bedauert er Marcelinho: „Es war ein Spiel zum schnellen Vergessen, kein Vergleich mit dem stimmungsvollen Abend von Nürnberg, auch wenn es endlich mal echte Fußballstimmung gab in Wolfsburg. (…) Das Spiel zeigte auch die aus Berlin bekannte Gefahr eines Marcelinho-Transfers: Man macht sich von ihm und seiner Tagesform abhängig, weil die Mitspieler sich automatisch ausruhen, wenn einer so dominant ist. Was soll Marcelinho denn machen: Entweder wird er schlecht angespielt von den Wolfsburger Grobmotorikern, oder die Kollegen können mit seinen Pässen nichts anfangen. (…) Vielleicht wäre der VfL mit seinem beschränkten Kreativpotential gegen Bochum oder Bielefeld weitergekommen. Gegen einen aggressiven VfB aber, der nicht gut spielte, sondern nur die Räume verengte und der Souveränität seiner Innenverteidiger Delpierre und Meira vertraute, wirkte Wolfsburg so durch und durch mittelmäßig, wie es nun einmal ist. Der VfL Wolfsburg hat die große Chance verpaßt, überregionale Werbung für sich zu machen.“

Claudio Catuogno (SZ) spürt die Nervosität der Stuttgart angesichts des Saison-Finishs: „Man durfte die Geschäftsmäßigkeit, mit der die Stuttgarter ihren Triumph über bedauernswert limitierte Wolfsburger begingen, nicht mit Arroganz verwechseln. Eher mit einer speziellen Form von Erleichterung, die bloß noch nicht ausreichte, um die Anspannung dieser Tage zu überlagern. Seit Monaten werden Armin Veh und sein junges Ensemble bestaunt und bejubelt, aber erst jetzt, zum Saisonende, stellt sich die Frage nach dem Ertrag. Und so langsam schwant den Schwaben, wie eng Triumph und Traurigkeit beieinander liegen können. Fällen nun vielleicht ein, zwei Szenen das Urteil über ein ganzes Jahr? Pokalfinale und Champions-League-Qualifikation – das wäre eine Sensation. Pokalaus und Rang vier in der Liga – das wäre, Spaßfußball hin oder her, eine Enttäuschung.“

Andreas Lesch (Berliner Zeitung) dagegen attestiert den Stuttgartern ein gutes Immunsystem: „Der VfB Stuttgart hat eine neue Qualität entdeckt. Er ist mittlerweile in der Lage, eine hübsch geplante Choreographie humorlos kaputt zu machen. Er beherrscht nicht mehr nur das Offensivspektakel, sondern auch die Kunst der Zerstörung. Er kann auch durch Glanzlosigkeit glänzen. Er kann in mehrere Rollen schlüpfen. Er ist nicht festgelegt auf den Part des strahlenden Helden, er gibt auch mal den grimmigen Bösewicht. Er ist jetzt schwerer auszurechen, weil kein Gegner wissen kann, was der VfB an welchem Abend plant.“

Grauzone zwischen Rechts- und Spielregeln

Thomas Kistner (SZ) erneuert anläßlich der falschen Abseitsentscheidung gegen Wolfsburg seine Forderung nach dem Video-Beweis im Fußball: „Tatsächlich werden im Fußball Irrtümer per Videobeweis korrigiert, auch und gerade Urteile der Referees: etwa wenn brutale Ellbogenstöße übersehen wurden. Hier dient die Technik der Urteilsfindung – warum also sollte der menschliche Makel dort als wichtiges Spielelement geschützt werden, wo er Resultate verfälscht oder den Ausgang von Turnieren und Meisterschaften? Die Furcht vor dem unbestechlichen TV-Auge ist eine Eigentümlichkeit der Kickerbranche. Basketball, Eishockey, Fechten, Tennis und andere nutzen es längst zur Trefferermittlung. Doch kann der Fußball in Zeiten von Schiedsrichter- und Wettspielaffären nicht mehr am Liebreiz menschlicher Irrtümer festhalten, weil diese ja, wenn sie zum System gehören, ein gefährliches Instrument darin bilden. Schon deshalb gehört die Grauzone zwischen Rechts- und Spielregeln nicht verklärt, sondern aufgeklärt. Es bräuchte einen Kläger, der eine Fehlentscheidung wie die von Wolfsburg vor Gericht anficht.“

Der Erfolg ist das Ergebnis der Arbeit zweier Trainer

Abschließend gönnt Lesch den beiden Siegern die Finalteilnahme: „Die Saison, die lange so wirr und chaotisch gewirkt hat, findet in dem Duell zwischen Stuttgart und Nürnberg doch noch einen würdigen, logischen Höhepunkt. Im Berliner Olympiastadion werden zwei Vereine aufeinandertreffen, die ein Konzept haben, eine klug zusammengestellte Mannschaft und einen Trainer mit Ideen – das unterscheidet sie von vielen ihrer Konkurrenten. Stuttgart und Nürnberg sind keine großen Namen, aber sie versprechen ein großes Spiel.“ Stefan Osterhaus (NZZ) fügt hinzu: „Der Erfolg ist das Ergebnis der Arbeit zweier Trainer, deren Qualitäten auch darin liegen, in einem nicht eben einfachen Umfeld zurechtzukommen.“

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