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Kauf-mich-Schild um den Hals

Oliver Fritsch | Samstag, 28. April 2007 Kommentare deaktiviert für Kauf-mich-Schild um den Hals

Der Wirbel um Miroslav Kloses Seitensprung mit Bayern München überschattet das 0:3 Werder Bremens bei Espanyol Barcelona

Klaus Hoeltzenbein (SZ) kritisiert die Bayern wegen ihres Werbens um Miroslav Klose und überführt Uli Hoeneß der Heuchelei; Hoeneß rüffelte Jürgen Klinsmann vor einem Jahr, weil dieser Oliver Kahn einen Tag vor dem wichtigen Spiel in Bremen von seiner Rückversetzung im Nationalteam informiert hatte: „Neu ist nicht, daß entgegen des internationalen Reglements mit einem Profi gesprochen wird, lange bevor dessen Vertrag ausläuft; neu ist auch nicht, daß man den Gegner einzulullen versucht, indem man der Frau des Regisseurs Blumen schickt. Neu aber ist die Rasanz des Vergessens: ‚Er hätte Kahn das alles in Ruhe am Sonntag sagen können, aber da geht wohl wieder ein Flieger nach Amerika‘, war nur eine der bitteren Botschaften, die Hoeneß dem Bundestrainer Klinsmann damals zum Thema Stil und Anstand hinterher rief. Recht hatte er, doch wer in einem moralarmen Gewerbe die Moral herbeizitiert, der darf sie ruhig selbst in Pflege nehmen. Sie hatten es doch so bequem in ihrer Liga, die Bayern. Das Dauergekeife mit dem Willi-Lemke-Bremen war längst Geschichte, als die Bösen wurden auch mal die Blauen (Neureich-Schalke) oder die Gelben (Spekulanten-Dortmund) angesehen. Die Bayern waren bundesweit nicht mehr nur gefürchtet, sie waren respektiert, besonders deshalb, weil sie besser als die anderen das Geld häufen konnten. Oft war dabei von einem neuen Solidarpakt in der Liga die Rede. Der ist nun einseitig und ohne Angabe von Gründen aufgehoben worden.“

Ralf Wiegand (SZ) kann Kloses Gefummel mit Bayern München nicht verstehen: „So ungeschickt wie Klose hat sich nicht einmal sein Vorgänger als Bremer Publikumsliebling, das lebende Vereinsmaskottchen Ailton, bei seinem Wechsel nach Schalke angestellt. Der gab wenigstens unumwunden zu, aus seiner kurzen Karriere so viel Ertrag wie möglich ziehen zu wollen, auch wenn es weh tut. Ein erschlagendes Argument. Klose ist indes gerade im Begriff, sich in eine ziemlich aussichtslose Situation zu manövrieren. Ihn holten die Bremer auf dem Tiefpunkt seiner Karriere für die riskante Ablöse zurück auf die Sonnenseite des Sports. In Bremen, behutsam wieder aufgebaut von Trainer Schaaf, reifte Klose zum Star auf dem Spielfeld und blieb außerhalb bescheiden, ruhig, fast dankbar. So mögen es die Werder-Fans. Umso irritierter sind sie, seitdem Klose mit einem ‚Kauf‘-mich‘-Schild um den Hals herumläuft, schwer wie ein Mühlrad. Kein einziger großer Klub aus dem Ausland, zu dem er angeblich so gerne wechseln möchte, hat sich bei Werder Bremen gemeldet. Die Stimmung der Fans, Kloses Chancen auf einen großen Klub und seine Leistungen auf dem Platz strebten seit Wochen parallel einem Tiefpunkt entgegen – erreicht wurde er in Barcelona, nachdem ein Treffen Kloses mit Vertretern von Bayern München publik geworden war. Im Verbund mit dem nach Turin schielenden Torsten Frings und dem angeblich von Real Madrid umworbenen Diego ergibt sich vier Wochen vor Ende einer von den Bremern stark gespielten Saison das Bild einer auseinanderfallenden Mannschaft.“

Frank Hellmann (FR) fügt hinzu: „Klose hat drei sehr erfolgreiche Jahre an der Weser verbracht. Eine Beziehung zum beiderseitigen Nutzen, deren Ende nun abzusehen ist. Der Spieler, der Eindruck verstärkt sich, ist schlecht beraten. Wenn er nicht für die finalen Pflichtspiele mit Gegenleistung zurückzahlt, wird der Abschied zum unwürdigen Spießrutenlauf.“

Ronald Reng (Berliner Zeitung) nennt die Schwächen der Bremer nach dem 0:3 in Barcelona: „Wenn die Bremer glauben, es sei nur ein schlechter Abend gewesen, machen sie sich etwas vor. Zu oft sind sie dieses Jahr auswärts im Europacup entstellt worden. Chelsea, Barça, Ajax, die Liste wird zu lang. Sie müssen lernen, ihr Spiel zu variieren. Und sie müssen lernen, mit den Gerüchten [um Spielerwechsel, if] zu leben. (…) Wer Werders Gesamteindruck in dieser Saison im Auge behält, kann auch nicht die vielen fehlenden Kleinigkeiten übersehen, die den Unterschied zwischen einer sehr guten und einer Siegerelf ausmachen. Streßresistenz auf und abseits des Spielfelds ist solch ein Detail.“

FAZ: Bremer Depression nach blauem Wunder
SZ/Hintergrund: Verhandlungen mit Spielern sind vor Ablauf der Schutzfrist nicht erlaubt – bestraft werden solche Verstöße aber nur in England

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