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Internationaler Fußball

Zum Siegen verdammt

Oliver Fritsch | Dienstag, 20. Mai 2008 Kommentare deaktiviert für Zum Siegen verdammt

Inter Mailand besiegt Parma 2:0 und wird zum dritten Mal hintereinander italienischer Meister, allerdings darf im Gegensatz zu den letzten beiden Titelgewinnen diesmal richtig gefeiert werden / Zlatan Ibrahimovic, Matchwinner mit schwierigem Charakter

Dirk Schümer (FAZ) fällt es schwer, sich mit Inter Mailand über die Meisterschaft zu freuen: „Heuern und Feuern gehört zum Geschäftsmodell dieses reichen, schicken, kalten Vereins, der die Philosophie der internationalen Wundertüte schon im Namen trägt. Seit jeher aufgestockt mit den besten, vorzugsweise südamerikanischen Angeboten vom Markt, ist Inter zum Siegen verdammt und kennt außer dem argentinischen Kapitän Zanetti und allenfalls dem Rauhbein Materazzi keine eigentlichen Identifikationsfiguren. Eine schmerzliche Durststrecke von fünfzehn Jahren beendete erst der Scudetto vor zwei Jahren, als Inter der Titel nach dem Schiedsrichterskandal am Grünen Tisch zugesprochen wurde. Auch am Triumph 2007 haftete noch der Ruch des Geschenks, weil damals Juventus Turin in die Serie B strafversetzt war und der AC Mailand mit Punktabzug antrat. Umso größer war die Panik bei Inter, den ersten regulären Titel in den letzten Minuten zu verspielen. In Mailand wurde umso ausgiebiger gefeiert, weil der vorige Titel noch im Glanz des Champions-League-Triumphes des Stadtrivalen AC Milan nahezu untergegangen war. Diesmal verpasste die Truppe von Silvio Berlusconi am letzten Spieltag sogar die Qualifikation und muss im Uefa-Pokal antreten. Für alle Inter-Fans ein doppelter Grund, das Herzschlagfinale von 2008 für immer ins Herz zu schließen.“

Birgit Schönau (SZ) widmet sich dem Sein und Bewusstsein des zweifachen Mailänder Torschützen: „Zlatan Ibrahimovics Aufstieg vom Kinder-Vorstadtkicker des Emigrantenklubs FK Balkan in Malmö-Rosengard zu einem der höchstbezahlten Profis im europäischen Fußball ging einher mit einer Vielzahl von Anekdoten über seinen angeblich launischen, unsteten, ja zänkischen Charakter. Von der Schuldirektorin, die angab, Zlatan sei ganz bestimmt der schwierigste Schüler ihrer Laufbahn gewesen, bis zum ehemaligen Ajax-Teamkollegen Rafael van der Vaart, der Ibrahimovic anhängte, ihn beim Freundschaftsspiel absichtlich verletzt zu haben – eine ganze Reihe von Leuten mag über Ibrahimovic nichts Gutes sagen. Ibrahimovic will nicht sympathisch sein. Er will gewinnen. Sympathie ist für den Sohn eines bosnischen Vaters und einer kroatischen Mutter ein Luxus für Verlierer oder Pensionäre. Ibrahimovic schert sich um nichts. Nicht um das Gerede und Gefeixe über die Beziehung zu seiner zwölf Jahre älteren Lebensgefährtin, von der er zwei Kinder hat. Nicht um das rassistische Gegröle, das ihm in gegnerischen Stadien entgegenschlägt: ‚Ibra Zigeuner’, denn die Italiener setzen Osteuropäer inzwischen automatisch mit den Roma gleich, die sie in ihrem Land nicht mehr haben wollen – unter Anleitung der neuen Regierung. Zlatan Ibrahimovic ficht das nicht an. Er will gewinnen, er hat gewonnen.“

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