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Ball und Buchstabe

Maulkorb für die Referees

Kai Butterweck | Dienstag, 22. Juni 2010 Kommentare deaktiviert für Maulkorb für die Referees

Bei den bisher gezeigten Leistungen der Schiedsrichter gehen die Meinungen auseinander. Während sich die Öffentlichkeit empört zeigt, ist die FIFA sehr zufrieden

Seit dem Beginn der WM stehen die Schiedsrichter in der öffentlichen Kritik. Jens Weinreich (Financial Times Deutschland) stellt dahingehend Verblüffendes fest: „Der Spanier José María García-Aranda ist Schiedsrichterobmann des Weltverbands Fifa. Anders als Millionen Menschen weltweit, die täglich in Superzeitlupe und aus vielerlei Kameraeinstellungen die haarsträubenden Schiedsrichterfehler dieser WM vorgeführt bekommen, hat García-Aranda einen ganz anderen Eindruck gewonnen. Er ist nicht nur zufrieden, sondern sogar: `Sehr, sehr zufrieden! Wir haben bisher exzellente Schiedsrichterleistungen gesehen.` Gestern durften die Journalisten ein Training der Schiedsrichter beobachten und mit allen Referees sprechen. In den Stadien selbst sind den Unparteiischen Interviews verboten. An alles ist gedacht bei diesem Training, auch an den Lärm der Vuvuzelas, eingespielt über Lautsprecher, um den Ernstfall zu simulieren. Einer aus dem Stab der Fifa führt stolz die Videotechnik vor. `Wir spielen Referee gegen Spieler`, sagt er. Immer wieder werden Abseitsszenen simuliert. Die Entscheidungen werden sofort ausgewertet. `Ja, richtig`, schreit der Mann von der Fifa. `1:0 für die Schiedsrichter!` Er fordert die Journalisten zum Beifall auf. Diese Szenen erklären das Dilemma der Branche: Hier beim Training ist der Videobeweis hilfreich und erwünscht, im Ernstfall aber verweigert die Fifa technische Hilfsmittel. Etliche Fehlentscheidungen in diesem Turnier hätten sich leicht korrigieren lassen.“

Thomas Gotthardt (Südwest Presse) beobachtet ein „Kartell des Schweigens“ innerhalb der Schiedsrichter-Gemeinschaft: „Die Fifa hat zum `open day` auf dem Gelände der Odendaal High School geladen. Der Fußball-Weltverband ließ die Interessierten allerdings vorher wissen, dass die Referees angehalten seien, weder über die eigene Leistung noch über die Leistungen der Kollegen zu reden. Immerhin bot der `offene Tag` trotz des Maulkorb-Erlasses einen Einblick ins Training der Schiedsrichter, die einmal am Tag von 9 bis 11.30 Uhr Situationen, die auf dem Feld passieren können, üben.“ Auch der deutsche Referee Wolfgang Stark sei anwesend gewesen: „Ob er denn nicht vielleicht doch etwas zu den Leistungen so ganz allgemein sagen könne? `Nein`, wiederholt Stark, der aber immerhin nochmal deutlich macht, dass er gegen den häufig diskutierten Videobeweis sei und dass er es aus praktischen Überlegungen heraus für nicht möglich erachtet, den Spielern auf dem Platz seine Entscheidungen zu erklären. `Wir haben dafür einfach keine Zeit`, meint Stark. Der Bayer steht zweifelsohne seinen Mann, bleibt auch ruhig, wenn Fragen immer wieder in eine Richtung gehen, die er nicht beantworten will, nicht beantworten darf. Der `open day` wird, wie kann es anders sein, mit einem Schlusspfiff eines Funktionärs beendet.“

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