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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Am Grünen Tisch

Zwanzigers Machtspiel, Blatters Vetternwirtschaft

Christoph Asche | Freitag, 4. November 2011 5 Kommentare

Theo Zwanziger trägt einen internen Machtkampf gegen seinen Vize aus, Sepp Blatter begünstigt die eigene Familie bei der Vergabe von Vermarktungsrechten. Die Presse über zwei der streitbarsten Fußball-Funktionäre

Es verwundert doch stark, was man derzeit über Theo Zwanziger und seinen Vize Roland Koch liest. Wenn man dem DFB-Medienapparat glaubt, hat Koch eine kleine Revolution angezettelt und sich – ohne Zwanziger im Vor- bzw. Nachhinein zu informieren – mit Ex-Schiedsrichter Amerell getroffen. Dabei habe ein Gespräch „im Interesse des DFB“ stattgefunden, versichert Koch. Um zu erahnen, wie wenig der DFB-Boss solch eine Untergrabung seiner Autorität duldet, muss man ihn nicht persönlich kennen.

Zerrüttetes Verhältnis

Robert Ide (Tagesspiegel) sieht die dunklen Wolken über der DFB-Zentrale schon aufziehen und schreibt von einer „Vertrauenskrise“. Sollte es zu keiner Einigung kommen, vermutet er, „steht bei der nächsten DFB-Präsidiumssitzung am 2. Dezember eine Machtprobe an.“ Die Mitteilung des DFB-Mediendirektors Ralf Köttker („Das war sicher keine vertrauensbildende Maßnahme“) deute „auf das zerrüttete Verhältnis von Zwanziger und Koch hin, der nun zum Rapport einbestellt ist.“

Jörg Winterfeldt (FR Online) mahnt, dass der „üppige Verwaltungsapparat inklusive Juristen und PR-Strategen“ beim DFB eigentlich dazu da ist, zum Wohle des Fußballs tätig zu werden. „Doch immer häufiger drängt sich nun der Eindruck auf, sie seien zuvorderst zum Wohle des Präsidenten Theo Zwanziger tätig. Dieser scheint unter einer übermäßig ausgeprägten Eitelkeit zu leiden. Mal äußert sie sich darin, dass er wirkt, als dränge er ins Rampenlicht, mal fährt er schwere juristische Geschütze gegen einen Journalisten auf, der befand, er sei ein Demagoge. Und nun geht seine Propagandaabteilung, die eigentlich das Image des DFB hübsch wirken lassen soll, öffentlich gegen einen Vizepräsidenten vor.“ Seriös geführte Verbände würden für gewöhnlich Streitigkeiten ihrer Top-Funktionäre intern klären, statt sie von der eigenen PR-Maschinerie noch öffentlich befeuern zu lassen, schreibt Winterfeldt.

Koch als Rivale

Claudio Catuogno sieht interne Machtansprüche als die Wurzel der öffentlichen Machthaberei. Auf sueddeutsche.de schreibt er: „Seit Zwanziger 2006 alleiniger DFB-Präsident wurde, hat er Koch als Rivalen ausgemacht. Als dann Ende 2009 die Affäre Amerell ruchbar wurde, hat Zwanziger das Schiedsrichterwesen eilig an sich gezogen; Koch war de facto entmachtet. Da kann es dem DFB-Chef nicht gefallen, dass Koch kürzlich an die Spitze des mächtigen Süddeutschen Verbandes rückte. Und ob Zufall oder nicht: Seither versucht Zwanziger, die Liaison Amerells mit dem jungen Referee Michael Kempter zu einem Koch-Skandal zu machen; weil der die Schiedsrichterei damals formal verantwortete.“

Sepp Blatter sorgt wieder einmal dafür, dass sich die Fifa mit Korruptionsvorwürfen auseinandersetzen muss. Bei der Vergabe von Vermarktungsrechten für die kommenden Weltmeisterschaften hat mit „Match Hospitality“ ein Unternehmen den Zuschlag erhalten, an dem sein Neffe Philippe Blatter mit fünf Prozent beteiligt ist. Andreas Rüttenauer erklärt in der taz, dass es nicht das erste Mal ist, dass Blatters Neffe von Deals mit der Fifa profitiert: „Der ehemalige Fifa-Generalsekretär Michael Zen-Ruffinen hat vorgerechnet, dass die Fifa Aufträge im Wert von 7 Millionen US-Dollar an die Consultingfirma McKinsey vergeben hat, als Blatters Neffe in deren Auftrag für den Weltverband tätig war.“ Ob es wirklich stimme, dass „Match Hospitality“ das beste Angebot vorgelegt hat, „wird derjenige bezweifeln, der gesehen hat, wie schlecht besucht die VIP-Bereiche in den Stadien der Fußball-WM in Südafrika waren.“

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Kommentare

5 Kommentare zu “Zwanzigers Machtspiel, Blatters Vetternwirtschaft”

  1. Malte
    Freitag, 4. November 2011 um 13:31

    Rainer, nicht Roland Koch 😉

  2. Manu
    Freitag, 4. November 2011 um 14:10

    Danke für die interessante Zusammenstellung. Schön, dass in den etablierten Medien etwas verstärkt über den DFB und die übergeordnete „Familie“ berichtet wird. Aber selbst damit sind die Informationen, die z. B. ein Herr Weinreich recherchiert, meiner Meinung nach immer noch unterrepräsentiert…

  3. Timm
    Freitag, 4. November 2011 um 18:25

    Wir mussten eben das hier lesen http://www.marketingfish.de/all/sparda-bank-photoshop-patzer-laesst-werbebotschaft-platzen-5477/ > So sieht Marketing von Leuten aus, die auch keine Ahnung von Fußball haben! 😉

  4. mustard
    Samstag, 5. November 2011 um 12:12

    Es ist unglaublich wie unsympathisch der DFB und seine Akteure werden wenn man einmal genauer hin schaut.

  5. Ingrid
    Freitag, 18. November 2011 um 01:01
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