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DFB-Pokal

Pokalfinale – Ein Pott, Helene Fischer und 75.000 Pfiffe

Kai Butterweck | Montag, 29. Mai 2017 Kommentare deaktiviert für Pokalfinale – Ein Pott, Helene Fischer und 75.000 Pfiffe

Kein Handspiel, kein verschossener Elfmeter und auch kein Abseitstor: Der größte Aufreger beim diesjährigen Pokalfinale in Berlin war keine strittige Situation auf dem grünen Rasen, sondern der Halbzeitauftritt eines nationalen Megastars mit blondem Haar

Während ihres Halbzeit-Auftritts beim DFB-Pokalfinale erntet Helene Fischer ein gellendes Pfeifkonzert. Martin Schneider (SZ) wundert sich nicht: „Dass Helene Fischer in ihrer ganzen künstlerischen Konzeption für saubere, konfliktfreie Unterhaltung steht und Fußball-Fans in ihrer ganzen Konzeption eher ein archaisches Element haben, wirkt als Katalysator, und am Ende dieser ganzen Entwicklungsstränge steht dann ein achtminütiges Pfeifkonzert. Die Erkenntnis dieses Vorfalls? Fußballfans wollen in einem Fußball-Stadion hauptsächlich Fußball schauen. So einfach, so banal.“

Bemerkenswerte Vehemenz

Michael Horeni (FAZ) hält sich die Ohren zu: „Die Vehemenz, mit der auf diese Einlage gepfiffen wurde, war bemerkenswert – und es drängte sich die Frage auf, ob das Fernsehen gar das Stadiongeräusch ab- und die Musik aufgedreht hatte. Das Pokalfinale ist nicht der deutsche Superbowl. Und die lautstarke Ablehnung der Entertainment-Einlage war auch ein Zeichen, dass sich zumindest die Fans im Stadion an den Rand gedrängt fühlten.“

Tim Schulze (stern.de) hingegen stellt sich auf die Seite der „Ausgebuhten“: „Wenn wir ehrlich sind, ist das alles ziemlich peinlich. Natürlich haben Fans das Recht, die Kommerzialisierung im Fußball anzuprangern. Aber ob Pfiffe gegen Helene Fischer da wirklich helfen, darf man bezweifeln. Selbstverständlich macht der DFB im Verhältnis zu den Fans nicht alles richtig. Aber deswegen muss man dem Verband nicht gleich den „Krieg“ erklären. Und warum soll es eigentlich keinen Showact in der Halbzeitpause geben? Daran ist grundsätzlich nichts falsch. Viele Fans hätten wahrscheinlich liebend gern mitgesungen. Helene Fischer soll ja sehr erfolgreich sein und viele Anhänger haben.“

Das Votum der Fans sollte erhört werden

Lars Wallrodt (Welt) fordert ein Umdenken: „Der Deutsche Fußball-Bund und die Klubs täten gut daran, darüber nachzudenken, ob sie wirklich jede Minute vor, während und nach einem Pokalfinale vollpfropfen wollen mit Show, dröhnender Musik und Chichi auf dem Rasen. Das Votum der Fans sollte erhört werden, bevor die Stimmung endgültig kippt und sich die breite Masse abwendet. Denn dann hätte der Fußball ein wesentlich größeres Problem als nur Helene Fischer.“

Ivo Hrstic (sport1.de) steht applaudierend vor den Fankurven: „Die Reaktion von den Rängen am Samstag war eine klare Gelbe Karte für den DFB, den Bogen nicht zu überspannen. Die Anhänger des BVB und von Eintracht Frankfurt waren mit ihrer fantastischen Unterstützung das schönste Rahmenprogramm, authentisch und emotional. Das genügt, da muss nicht künstlich nachgeholfen werden. Dafür haben die Fans zum Glück noch ein feines Gespür und strafen die Funktionäre regelmäßig ab.“

Ilja Behnisch (11Freunde) sieht das ähnlich: „Man muss Helene Fischer dankbar sein. Wenn es sogar die deutsche Konsens-»Künstlerin« der vergangenen Jahre schafft, ein ganzes Fußball-Stadion gegen sich aufzubringen, dann sollte auch der letzte Aktenordner in der DFB-Zentrale abgeheftet haben, dass der gemeine Fan an einem Finaltag vor allem eines sehen will: Fußball.“

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