Vermischtes
Hoeneß ist ein Trotzkopf
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| Donnerstag, 25. März 2004Wolfgang Hettfleisch (FR 12.3.) kritisiert die Verteidigungen des Bayern-Managers. „Hoeneß ist ein Trotzkopf – notfalls auch wider besseres Wissen. Wer ihn bedrängt, ihn gar in die Defensive zwingen will, muss mit wütenden Ausfällen rechnen. Siehe Deutsche Fußball-Liga. Erklärungsbedarf wegen des im Herbst 1999 ausgehandelten geheimen Zusatzvertrags mit Kirch, der dem FC Bayern 92 Millionen Euro einbringen sollte, von denen knapp 21,5 Millionen tatsächlich flossen, sieht Hoeneß erst gar nicht. Sagt Hoeneß. Der dünne Hinweis, man habe mit dem auf höchster Ebene eingetüteten Kirch-Deal nicht seine Zustimmung zum Solidarmodell Zentralvermarktung verkauft, als dessen potenter Zahlmeister sich die Bayern gern feiern ließen, sondern die (in der aktuellen Lage am Sportrechtemarkt womöglich dramatisch entwerteten) Pay-per-View-Rechte, muss inhaltlich genügen. Der Rest ist, jedenfalls soweit es Hoeneß betrifft, munteres Grätschen – ob er nun die DFL der Weitergabe des 18-seitigen Vertrags zwischen Kirch und der Bayern-Tochter Sportwerbe GmbH an die Medien zeiht, oder den Berichterstattern anlässlich der Schlagzeilen über Kahns Privatleben Scheinheiligkeit vorwirft. Was ja berechtigt ist. Bloß fällt Hoeneß hier einmal mehr als begnadeter Verwurster unvereinbarer Sachverhalte auf. Fast möchte man mutmaßen, der Wirbel um Kahn sei ihm gelegen gekommen. Lächerliche Bettenschnüffelei hier, die Aufdeckung eines alarmierenden Interessengeflechts zwischen dem FCB, Kirch und dem Umfeld von Franz Beckenbauer dort: In den saftigen Repliken von Uli Hoeneß wird das schnell untergerührt, sind Sensationsgier und Neid die wahren und einzigen Triebfedern für alle Anwürfe. Aufklärung sieht anders aus. Er glaube nicht, hat Hoeneß gesagt, nachdem das manager magazin die Existenz des geheimen Kirch-Papiers offenbart hatte, dass es jemanden gibt, der den FC Bayern an der Moral packen kann. Das klang für manches feine Gehör eher so, als sorge sich Uli Hoeneß, es könnte jemanden geben, der den FC Bayern an der Moral packen kann. Das Bild von den karitativen Edelleuten aus dem Süden hat Risse bekommen. Die ersten schon, als im Herbst 2001 bekannt geworden war, dass sie Wunschspieler Sebastian Deisler, als dieser noch für Hertha BSC kickte, mit zehn Millionen Euro das Konto geflutet hatten und – in geringerem Umfang – analog bei Sebastian Kehl verfahren waren. Uli Hoeneß hatte geschäumt. Nicht wegen der unanständigen bayerischen Anwerbepraxis, sondern weil sie aufgeflogen war. Erste Berichte hatte der Bayern-Manager noch in Oscar-reifer Empörung als Schwachsinn zurückgewiesen. Wo es um die Durchsetzung von Interessen der Bayern geht, hat der Moralist Hoeneß gern mal Pause. Als die Kirch-Gruppe vor einem Jahr aus dem letzten Loch pfiff, flocht er dem Partner noch eifrig Kränze. Unverdrossen behauptet er nun, in der kommenden Saison könne die Liga TV-Gelder in Höhe von 120 bis 150 Millionen Euro einstreichen – ein Betrag, der nicht annähernd erzielt werden wird. Desinformation als unternehmerisches Kalkül? Die Lektion aus München lautet: Dort sind die Menschen nicht besser als anderswo. Und Chefpropagandist Hoeneß, der bislang gern die vermeintlich blütenweiße Wäsche des FC Bayern vorzeigte, muss sich fragen lassen, ob im eigenen Laden stets so klare Kante gefahren wurde, wie er dies diverse Male von anderen einforderte. Doch Hoeneß ist loyal bis an die Schmerzgrenze. Franz Beckenbauer, heißt es, habe die Kirch-Nummer eingefädelt – Arbeit und Ärger überließ er Hoeneß und Finanzvorstand Fritz Scherer. Als die Sache ruchbar wurde, sagte Beckenbauer im Bezahlsender Premiere rotzfrech, er könne ja nicht jeden Vertrag kennen. Hoeneß grummelte zwar, er habe keine Lust, als Chef-Angeklagter des Vereins zu gelten. In Wahrheit aber zog er noch stets die Pfeile auf sich, wenn Not am Mann war. Das wird er auch weiter tun – und sich in einer stillen Stunde vielleicht mal fragen, ob sein persönlicher Wertekanon in diesem Geschäftsumfeld tatsächlich keinen Schaden genommen hat.“
Von Evi Simeoni (FAZ 13.3.) lesen wir über die Situation beim Tabellenführer. “In der Zentrale machen sie sich Sorgen. Er könnte vor den Paparazzi ins Ausland fliehen, fürchtet Rummenigge. Allerdings sei in England die Skandalpresse noch aggressiver. In Italien hingegen sei das Privatleben der Spieler tabu. Rummenigge weiß dies zu schätzen. Er hat vier Jahre lang für Inter Mailand gespielt. Läßt sich in Italien also auch jetzt noch ungeniert der Promi-Bonus bei lebenslustigen Party-Mädchen ausspielen, so wie früher in Deutschland? Niemand will offen Kahns Lebenswandel verteidigen. Aber es ist viel von Scheinheiligen die Rede zur Zeit an der Säbener Straße. Und die unerschütterlichen – auch weiblichen – Fans warten, bis Kahn vom Duschen kommt, entschlossen, ihm den Rücken zu stärken. Ob Kahn trotz allem weiter seine Leistung bringen kann? Er hat sich hochgearbeitet zwischen den Pfosten, er war hart zu sich selbst, hat sich nie ablenken lassen und nur so auch alle Talentierteren hinter sich gelassen. Nun geht beim FC Bayern und in der Nationalmannschaft die bange Frage um, ob er die Konzentration aufrecht erhalten kann, die seine Weltklasse ausmacht. Er könnte, sobald die Anspannung nachläßt und die privaten Angelegenheiten geregelt sind, in ein psychisches Loch fallen. Es ist kein Geheimnis, daß Auszeiten nach der WM mit persönlichen Problemen zu tun hatten. Sie sind froh beim FC Bayern, daß sie in der Bundesliga zur Zeit dreizehn Punkte Vorsprung auf den ersten Verfolger, Borussia Dortmund, haben. Kahn steigt in seinen Audi, der wie alle Bayern-Autos das Kennzeichen M – RM trägt. Das RM steht für Rekordmeister. Er fährt los, und die Fans schauen ihm nach, in eine frühlingshafte Staubwolke gehüllt. Dort endet ihre Welt. Am Abend im italienischen Restaurant Eboli im Villenvorort Grünwald, wo die Bayern-Stars verkehren, schaut die Münchner Szene genauer hin. Oder in der News Bar in der Amalienstraße, an deren Ausgang jüngst kompromittierende Fotos von Kahn aufgenommen wurden. Dort weiß man, worum es im Leben noch geht. Davon künden die Porträts mit Untertitel, die dort die Wände schmücken. Eines trägt die Aufschrift: Boris says he can get any woman he wants. Wirklich? Boris kann alle Frauen bekommen, die er will? Mag sein. Aber das ist eine andere Münchner Geschichte.“
Zum Verhältnis zwischen Jürgen Röber und Stefan Effenberg heißt es bei Jörg Marwedel (SZ13.3.). „Die starken Worte des Trainers lassen keinen Zweifel an seinem Willen, die eigene Autorität nicht durch ein bedingungsloses Bündnis mit dem machtbewussten Spielmacher zu gefährden – so, wie es Wolf passiert war. Und sie schüren die Spekulation, dass man sich am Saisonende von Effenberg trennen wird. Die für Anfang März terminierten Vertragsgespräche sind jedenfalls auf vorerst unbestimmte Zeit vertagt. Auch Effenbergs Annahme, er selbst entscheide über eine Fortsetzung seines Engagements, wird von Mitgliedern der Wolfsburger Führungsorganisation nicht bestätigt. Im Aufsichtsrat der VfL Wolfsburg Fußball GmbH steht man einer Vertragsverlängerung mit dem teuren Altstar (zwei Millionen Euro Jahressalär) jedenfalls zunehmend skeptisch gegenüber. Die jüngste Auto-Affäre Effenbergs, der einen Polizisten nach einer Verfolgungsfahrt „Arschloch“ genannt haben soll, hat ihm ebenso wenig Pluspunkte eingebracht wie der Auftritt des VfL im ersten Spiel unter Röber. Erstmals nach Monaten hatte die Mannschaft beim 3:2 gegen Energie Cottbus wieder Teamgeist gezeigt – ohne Effenberg, der verletzt auf der Tribüne saß. Viele Beobachter haben da einen Zusammenhang vermutet, denn auch in der Mannschaft hatte sich zuletzt Unmut über Effenbergs mangelnde Laufbereitschaft breit gemacht. Das hatte zu latenten Fraktionsbildungen pro und contra Effenberg und zum Absturz bis in die Nähe der Abstiegsränge geführt. Über die Zukunft des früheren Nationalspielers in Wolfsburg soll indes allein der neue Trainer befinden. „Welche Entscheidung Röber auch trifft – ich kann mir nicht vorstellen, dass es bei uns Widerstand gibt“, sagte der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Wolfgang Heitmann. Und weil auch Manager Pander, dem einst größten Befürworter Effenbergs, offenbar Bedenken gekommen sind, wird sich an dieser Frage kaum der erste Krach im neuen sportlichen Führungsduo entzünden.“
Jörg Hanau (FR 12.3.) kommentiert die Forderung des südamerikanischen Fußballverbandes (CSF), die Teilnehmerzahl bei WM-Endrunden um vier auf 36 zu erhöhren. „Dass die Latino-Machos nun dafür plädieren, das Feld von 32 auf 36 Teams aufzustocken, ist unlauter, um nicht zu sagen chauvinistisch. Lange haben sie sich in den führenden Kontinentalverbänden dafür stark gemacht, den vermeintlich Kleinen auf die Beine zu helfen. Nun, da in Afrika und Asien guter Fußball gespielt wird, ist das Geschrei der Arrivierten groß. Der Modus mit 32 Mannschaften hat sich zweifelsfrei bewährt, einen Monat lang wird in 64 Spielen der Weltmeister ermittelt. Das muss reichen. Eine neuerliche Erweiterung wäre der Sache nicht dienlich, dem Produkt Fußball-Weltmeisterschaft möglicherweise sogar abträglich. Und überhaupt: Worin liegt der Unterschied, ob nun Uruguay als Fünfter der CSF-Qualifikationsrunde in der Vorrunde scheitert, oder eben Australien, das in den interkontinentalen Playoff-Spielen den Südamerikanern knapp unterlegen war?“
Martin Hägele (SZ 13.3.) meint dazu. „Nichts gegen die Weltmeister-Nationen Brasilien und Argentinien, aber was nach ihnen kommt, gehört nicht zur Elite des Fußballs. Wieso soll eine zehnköpfige Konföderation gleich fünf ihrer Mitglieder zur WM nach Deutschland schicken dürfen? Wegen der Kicker aus Ekuador und Paraguay hockten beim letzten Festival im asiatischen Sommer nicht Hunderte von Millionen nächtens vorm Fernseher; und der sportliche Reiz des Turniers würde sich auch nicht steigern, wenn noch eine Auswahl aus Venezuela, Bolivien oder Kolumbien im Juni 2006 zwischen München und Berlin mitmischten. Diese Meinung schert die Conmebol-Vertreter kaum. Man kommt dem Grund ihres Antrags näher, wenn man den zwei wichtigsten Fifa-Funktionären dieser Region auf die Finger schaut. Sowohl Julio Grondona aus Argentinien als auch dem Brasilianer Ricardo Teixeira werden geschäftliche Verbindungen zum kontinentalen TV-Vermarkter Traffic nachgesagt. Die beiden könnten von mehr WM- Spielen mit südamerikanischer Beteiligung profitieren (…) Rund um die gemeinsame Berliner Medienkonferenz von Fifa und WM-Sponsor MasterCard sickerte gestern durch, dass die Südamerikaner bereits den mächtigsten Verbündeten in ihr Lager gezogen haben. Uefa-Boss Lennart Johansson versprach Conmebol-Vize Figueredo seine Unterstützung. Er werde mit dem Präsidenten des DFB reden und ihm zum 36er-Modell raten. Man darf gespannt sein, wie Gerhard Mayer-Vorfelder mit der Empfehlung des alten Schweden umgeht. Am 3.Mai soll das Exekutiv-Komitee entscheiden. Sechs Wochen sind eine verdammt lange Zeit für Funktionäre, um Blödsinn zu machen. Vor allem, wenn viele davon zu alt, zu bequem und zu feige geworden sind – und nicht mehr wissen, dass sie für ihren Sport auch Verantwortung tragen.“
„Mit Markus Feldhoff will Uerdingen den Abstieg verhindern“ SZ
Matti Lieske (taz 12.3.) fragt. “Wer wird Fußballweltmeister 2006? Klarer Fall: die USA. Der Grund: Freddy Adu. Wenn das Turnier in Deutschland beginnt, wird der Stürmer gerade seinen 17. Geburtstag gefeiert haben, und schon jetzt ist abzusehen, dass er durchaus das Zeug hat, in die Fußstapfen eines Pelé, Maradona oder Ronaldo zu treten. Dabei darf man davon ausgehen, dass die USA kaum den Fehler begehen werden, Adu nicht in den WM-Kader zu berufen, wie es Trainer Menotti 1978 dem 17-jährigen Maradona antat, oder ihn die ganze Zeit auf der Bank schmoren zu lassen wie Coach Parreira 1994 den 17-jährigen Ronaldo. Geschadet hat es im Übrigen beiden Trainern nicht, sowohl Argentinien als auch Brasilien holten jeweils den Titel. Freddy Adu jedoch könnte eher dem Beispiel Pelés folgen, der 1958 in Schweden mit der Wucht eines Naturereignisses die Fußballbühne betrat und Brasilien zum WM-Gewinn führte. Mit dem kleinen Unterschied allerdings, dass den jungen Burschen aus Santos damals kaum ein Mensch kannte, Adu aber schon heute, als 13-Jähriger, heftig von den größten und reichsten Fußballklubs der Welt sowie den bedeutendsten Sportartikelfirmen und Management-Agenturen umworben wird. Seine Mutter Emilia, die als Kassiererin in einem Baumarkt arbeitet, lehnte jedoch selbst sechsstellige Dollarbeträge, wie sie Inter Mailand bot, konsequent ab. Er ist doch noch ein kleiner Junge, meinte sie und schickte den begabten Sohn stattdessen nach Bradenton, Florida, ins Jugendfußballcamp des US-Verbandes.Freddy Adu stammt aus Ghana und ist ein Neffe des langjährigen Bundesligaspielers Anthony Yeboah. 1997 gewann seine Familie bei einer Lotterie eine Green Card für die USA und wanderte mit dem Sprössling nach Potomac in Maryland aus. Im März erhielt Emilia, die ihre beiden Söhne inzwischen allein erzieht, die US-Staatsbürgerschaft, damit war auch Freddy spielberechtigt für die Auswahlteams der USA. Bei seinem offiziellen Debüt am letzten Wochenende beim Qualifikationsturnier für die U17-WM war er im Kreis seiner wesentlich älteren Mitspieler sofort der beste Akteur.“
Gewinnspiel für Experten