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Deutsche Elf

Vom Hauptdarsteller zur Randfigur

Oliver Fritsch | Mittwoch, 17. Oktober 2007 Kommentare deaktiviert für Vom Hauptdarsteller zur Randfigur

Die deutsche Fußballpresse befasst sich sorgenvoll mit dem Karriereknick Lukas Podolskis

Andreas Lesch (Berliner Zeitung) schildert die Marginalisierung Podolskis: „Seine wahre Heimat bleiben Köln und die Nationalmannschaft. Dort kennt er die Menschen, dort findet er die Nestwärme, die er braucht, dort fühlt er sich geborgen. Aber der 1. FC Köln gurkt in der Zweiten Liga herum, und in der Nationalmannschaft wächst die Konkurrenz im Sturm. In München wohnt Podolski weit außerhalb der Stadt, beim FC Bayern sitzt er auf der Bank. Podolskis Stagnation fällt auf, denn er spielt in zwei Mannschaften, die sich in letzter Zeit rasant entwickelt haben: Das Nationalteam ist gereift, es wirkt abgeklärter als bei der WM 2006; der FC Bayern, einst Garant für Schlafwagenfußball, hat plötzlich die Lust am Feinschmeckerkick entdeckt. Podolski zählt in diesen Gewinnermannschaften zu den Verlierern. Er ist vom Hauptdarsteller zur Randfigur geworden.“

Ist Bayern München der richtige Klub für den 22-Jährigen? Katrin Weber-Klüver (FAS) gibt zu bedenken: „In dieser Bundesligasaison hatte Podolski fünf Kurzeinsätze, sie hinterließen weder bleibenden Eindruck noch Tore. Als im letzten Ligaspiel Klose verletzt fehlte, stürmte Toni alleine. Und als es in der Schlussphase ans übliche Wechseln ging, kam noch vor Podolski Jan Schlaudraff dran. Schlaudraff, den man bei all den Star-Einkäufen des FC Bayern München schon fast wieder vergessen hat. Er gehört womöglich zu jener Kategorie Spieler, die Bayern im Vorübergehen einkauft, damit sie vom Markt sind, die aber gar nicht gebraucht und irgendwann beiläufig wieder abgestoßen werden. Podolski ist ein viel zu begabter Fußballer, um nur ein durchlaufender Posten zu sein. Vielleicht hätte er es machen sollen wie Ballack und Klose, die sich, nachdem sie beide in Kaiserslautern aufgefallen waren, über die Zwischenstationen Leverkusen und Bremen fit für die Erfolgsmaschine in München gemacht haben. Podolski will von solchen Modellen nichts wissen, wäre ja ohnehin zu spät.“

Von Wunderkind zum lernwilligen Herausforderer

Christian Gödecke (Spiegel Online) hält Podolskis Milieusensibilität fest: „In der Nationalmannschaft herrschte lange die Meinung, Podolski treffe vor allem gegen schwächere Mannschaften wie Thailand oder Südafrika, und es fehle ihm in den wichtigen Spielen das Durchsetzungsvermögen. Das änderte sich mit seinem Auftritt im WM-Achtelfinale gegen Schweden, als er beide Treffer zum 2:0-Erfolg schoss. Vielleicht schafft er es ja wirklich in München. Dagegen spricht aber vor allem eines: das Umfeld. Die Auftritte des sensiblen Podolski bei der Nationalmannschaft erinnern an einen lockeren und entspannten Erholungsurlauber. Beim FC Bayern herrscht vor allem Druck, statt salbungsvoller Worte gibt es die geballte Kritik der Vereinsbosse. Und daran wird sich in den nächsten Jahren auch nichts ändern.“

Michael Horeni (FAZ) blickt zuversichtlich in die Zukunft: „Nach einer Trotzphase, in der er die Erdung nach dem Leben im WM-Himmel und im Kölner Traumland etwas zu lange nicht wahrhaben wollte, hat Podolski seine neue Rolle offenbar akzeptiert. Aus dem Wunderkind, dem alles zufliegt, ist ein Herausforderer geworden, ein lernwilliger Herausforderer. An der grundsätzlich hohen Meinung, die in der Nationalmannschaft über Podolski herrscht, hat die schwierige Zeit nichts geändert.“

Der bisherige Höhepunkt in Podolskis Karriere: zwei Tore im WM-Achtelfinale gegen Schweden. Doch eigentlich war es das Spiel Miroslav Kloses.

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