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Herz und Schmerz und Schmalz

Oliver Fritsch | Donnerstag, 24. April 2008 Kommentare deaktiviert für Herz und Schmerz und Schmalz

Fred Ruttens Einstieg in Schalke wird von hohen Erwartungen begleitet – zu hohen? / Nun wirds auch Zeit für Hamburg

Daniel Theweleit (Berliner Zeitung) zweifelt am Profil des neuen Schalker Trainers: „Er ist ein gewagter Versuch, denn die beiden Hauptbaustellen, die Pflege des schwierigen Umfeldes und die angekündigten Verpflichtungen international brauchbarer Spieler, die diese Mannschaft auch auf Champions-League-Niveau weiter bringen, gehörten im beschaulichen Enschede nicht zum konkreten Arbeitsfeld Ruttens.“

Richard Leipold (FAZ) skizziert die schwierige Aufgabe Ruttens und die vielfältigen Erwartungen an ihn: „Schalke will offenbar eine andere Fußball-Lebensart erreichen: weg vom berechnenden, hin zum begeisternden Fußball. Insofern muss Rutten mehr leisten, als eine jüngere Kopie seines in Gelsenkirchen hochgeachteten Landsmannes Huub Stevens zu sein. Dessen Weggang vor sechs Jahren hatte eine immer tiefer werdende Sehnsucht nach einem Trainer hinterlassen, der auf schwierigem Schalker Terrain seinen Weg macht und zu einer Identifikationsfigur wird, die Misserfolge vergessen lässt. Der ‚neue Stevens’ muss mehr können. Inzwischen ist ein erfolgreiches Hochglanzprodukt gefragt, das aber nicht zu berechnend wirken darf. Herz und Schmerz und Schmalz müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen. (…) Während der Demontage Slomkas hatte der Vorsitzende Schnusenberg in (veröffentlichten) Gedankenspielen die Frage aufgeworfen, ob Schalke nicht gut beraten sei, ‚einen Trainer mit internationalem Standing zu verpflichten’. Dieses Kriterium erfüllt Rutten (noch) nicht.“

Philipp Selldorf (SZ) ergänzt: „Wie es aussieht, renoviert Schalke mit Entschlossenheit nahezu den kompletten Betreuerstab, selbst Oliver Reck muss angeblich um seinen Posten als Torwarttrainer fürchten. Und nicht nur die Integration der alten Vereinshelden Mulder und Büskens legt den Eindruck nahe, als wollte man nach zweieinhalb Jahren mit dem kühlen und nur mäßig populären Laptop-Trainer Slomka auch einen grundsätzlichen ideellen Wandel schaffen. So bedeutet die Lösung mit Rutten außer fachlicher Erneuerung auch die Wiederbelebung einer Fußballmentalität, wie sie im Klub viele Jahre geschätzt wurde.“

Zeit zum Handeln

Roland Zorn (FAZ) wirft ein trübes Licht auf den HSV, der noch immer einen Trainer sucht: „In Hamburg, wo sie zunächst innovativ anmuteten mit ihrem gründlichen Trainer-Scouting, haben sich die Spuren bei der langen Suche nach dem richtigen Mann irgendwann verlaufen. Zu viele Namen, aber keine Entscheidung: Zwischenzeitlich wurde stattdessen ein Dissens zwischen dem Vorstandsvorsitzenden Hoffmann und Sportchef Beiersdorfer erkennbar. So unterliefen die Norddeutschen ihre eigene bessere Absicht, mit mehr Gründlichkeit einen Zeitvorsprung bei der Trainerfindung zu nutzen. Inzwischen steckt der Klub sowohl in der sportlichen wie auch in der personalpolitischen Bredouille. Dabei war die Grundidee, alle möglichen Daten und Erkenntnisse über den Mann einzuholen, der demnächst die Verantwortung für Wohl und Wehe der Mannschaft tragen soll, im Grunde gut. Da aber große Teile der Suchphase öffentlich, und sei es auch nur spekulativ, begleitet wurden, wohnte der produktiven Absicht auch ein faktischer Entwertungsprozess inne. Der Hamburger SV ist jetzt an einem Punkt, an dem er handeln sollte; die Schalker haben vorgemacht, wie man schnell ans Ziel kommen kann: mit einer Lösung, die vielversprechend anmutet. Schließlich gehörte Fred Rutten auch bei den Hamburger Trainerforschern mal zu den aussichtsreichsten Kandidaten.“

taz-Portrait Rutten

taz: 10 Dinge über Zenit St. Petersburg

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