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Bundesliga

Warum bloß macht Wolfsburg halbe Sachen?

Oliver Fritsch | Dienstag, 26. August 2008 Kommentare deaktiviert für Warum bloß macht Wolfsburg halbe Sachen?

Bei den Unentschieden zwischen Bochum und Wolfsburg (2:2) und Köln und Frankfurt (1:1) gibt es (fast) nur Verlierer / Mohamed Zidan läuft Jürgen „Daddy“ Klopp wieder in die Arme

Der VfL Wolfsburg steht unter zunehmender Beobachtung. Im letzten Jahr wäre ein Unentschieden in Bochum noch als natürliches Resultat (wie anders kann so ein Spiel ausgehen?), und vier Punkte nach zwei Spielen wäre als Erfolg gewertet worden. Nach Platz 5 in der Saison 07/08 und weiteren Investitionen durch VW sehen einige Experten das Team bereits als Kandidat für die Champions-League-Teilnahme. Und die Latte liegt höher, die FAZ legt Wolfsburgs Widersprüche offen und spricht von einem „janusköpfigen Start in die neue Saison“. Gemeint ist schlicht die Tatsache, dass die Elf, wie in der Woche zuvor gegen Köln, mit einem Rückstand in die Pause ging – und in den zweiten 45 Minuten ein anderes Gesicht zeigte.

Die Rede kommt auch auf die Verdrossenheit Felix Magaths, der auf die nach solchen Spielverläufen übliche Floskel verzichtet, seine Mannschaft habe Moral gezeigt. Richard Leipold (FAZ) beobachtet ihn beim grübelnden Grübeln: „Er wirkte irritiert, zumal er es nicht leiden kann, wenn er vor einem Mysterium steht, das sich mit analytischem Vermögen nicht lösen lässt.“ Auch Leipold kann sich keinen Reim machen: „Die Mannschaft des VfL Wolfsburg ist ein Rätsel. Warum bloß macht sie nur halbe Sachen?“

Zähe Auseinandersetzung

Im anderen Sonntagsspiel standen sich zwei Mannschaften gegenüber, deren Fans, trotz aller Mentalitätsunterschiede, eines zu einen scheint: der Glaube an unverrückbare Größe ihrer Traditionsklubs. Denn eigentlich machen Köln und Frankfurt bloß eine schöpferische Pause (halt seit gut zehn Jahren), und es ist nur eine Frage der Zeit, wann sie wieder oben ankommen werden. Ganz oben. Doch allen Träumen von der Tabellenspitze macht Philipp Selldorf (SZ) mit seinem Diktum den Garaus: „Dieses war Remis ein symptomatisches Resultat in einem symptomatischen Duell: Man wird in dieser Saison noch viele solcher zähen Auseinandersetzungen erleben, die durch ein unvermutetes Vorkommnis entschieden werden. Die Liga, soviel zeichnet sich nach zwei Spieltagen schon ab, weist in ihrer unteren Hälfte einen viel dichteren Leistungsstand auf als im Jahr zuvor.“

Und fast grimmig protokolliert Selldorf das Eintracht-Tor am Ende des Spiels: „Ein seltener lichter Moment hatte den Frankfurtern den unverhofften Ausgleich durch Fenin beschert, es war eine unangemessene Belohnung für ihr sprödes und einfallsloses Spiel.“ Ralf Weitbrecht (FAZ) entgegnet an die Kölner Adresse: „In dem Maße, in dem sich die Frankfurter in der jüngeren Vergangenheit in der Eliteklasse etabliert haben, wollen auch die Kölner ein fester Teil der Bundesliga werden. Doch um wirklich im Mittelfeld zu landen, muss sich der FC gehörig steigern.“ Die Eintracht etwa nicht?

Hai und Putzerfisch

Mohamed Zidan läuft zum dritten Mal in seiner Karriere in Jürgen Klopps Arme – zwei Mal in Mainz und jetzt in Dortmund. Kai Pahl hat das Nötige über Zidans Zeit in Hamburg notiert: „Die Probleme, die Zidan in Hamburg hatte, werden häufig auf das Psychologische verkürzt: Zidan hätte Kloppeske Vaterliebe gebraucht, statt einen harten Hund wie Stevens. Da ist was dran. Das konnte man beim Afrika-Cup sehen, als Zidan befreit aufspielte. Aber es ist nur die halbe Wahrheit, und in diesem Fall ist es die andere Hälfte, die ihn in Hamburg das Genick gebrochen hat. Die Kritik, die Stevens an Zidan hatte, wurde in der zweiten Hälfte der letzten Saison substantieller: Zidan sei ein Instinktfußballer, der von taktischen Verhalten soviel Ahnung hat wie eine Scheibe Toastbrot. Konkret ging es dabei um Laufwege in Abstimmung mit seinen Kollegen – Zidan pflegte in Ignoranz seiner Kameraden, sein Ding zu machen – und um die Arbeit nach hinten: dem frühen Dichtmachen von Gegenangriffen die über den linken Hamburger Flügel kommen. Je öfter Zidan in der Saison spielte desto mehr wurde seine Schwächen freigelegt. Ich mag Zidan. Wenn er aufspielt, hat er einen irren Zug zum Tor, spielt energiegeladen, wie ein Beserker. Aber ich weiß nicht was Jürgen Klopp mit ihm anstellt, damit die taktischen Probleme nicht auch beim BVB auftauchen.“

Stefan Osterhaus (Neue Zürcher Zeitung) beschreibt das Verhältnis zwischen Klopp und Zidan anhand eines außergewöhnlichen Vergleichs aus der Zoologie und räumt in einem Nebensatz mit einem Bremer Mythos auf: „In Bremen, wo die Konkurrenten Klose und Klasnic hießen, fand sich kein Platz für das äußerst sensible Gemüt. Zidan kam im sachlichen Klima der Bremer Leistungsgesellschaft, die noch immer landesweit als Wohlfühlklub verklärt wird, nicht zurecht. In Mainz dagegen hatte sich seinerzeit eine sonderbare Symbiose ergeben. Zidan und Klopp verhielten sich zueinander wie Hai und Putzerfisch.“

Frühere Mainzer und nun Dortmunder Kooperation

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