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Bundesliga

Jürgen Klopp – Das Ende einer Ära

Kai Butterweck | Donnerstag, 16. April 2015 3 Kommentare

Gestern verkündete Jürgen Klopp, dass er den BVB nach der Saison verlassen wird. Die Presse ist außer Rand und Band

Die Abschiedsankündigung von Jürgen Klopp schlägt in der Presse hohe Wellen. Michael Horeni (FAZ) ist den Tränen nahe: „So einen bewegten und bewegenden Tag hat die Bundesliga selten erlebt: Am Mittwoch haben innerhalb weniger Minuten erst der HSV und dann Borussia Dortmund neue Kapitel ihrer traditionsreichen Geschichte aufgeschlagen. Die Unterschiede auf diesem Weg könnten allerdings größer kaum sein: Der irrlichternde HSV hat mit der notgedrungenen Verpflichtung von Trainer Labbadia in seinem ewigen Abstiegskampf nur eine weitere Lachnummer produziert. Während das traurige Ende der Ära Klopp allen Fußball-Liebhabern das Herz bricht, nicht nur in Dortmund.“

Starker Auftritt

Philipp Selldorf (SZ) zeigt sich beeindruckt vom Auftritt des BVB-Trainers: „Klopp hat am Mittwoch in seinem ganz persönlichen Heimspiel im Dortmunder Stadion einen starken Auftritt hingelegt, das werden auch diejenigen nicht leugnen können, die seiner rhetorischen Verführungsgabe misstrauen. Er hat sich nicht in Einzelheiten verloren und keine komplizierten Prozesse geschildert, die dem ehrgeizigen Verein die Saison verdorben haben. Er hat stattdessen getan, was er sich vorgenommen hatte: professionell seine Entscheidung zu verkünden.“

Auch Oliver Müller (Welt) zieht seinen Hut: „Klopps Leistung in Dortmund war phänomenal. Nun geht er von sich aus. Zu realisieren, dass der Weg zu Ende ist, ist eine große Leistung, wie sie in der schnelllebigen Ego-Branche Bundesliga nur selten anzutreffen ist. Er sei nicht mehr der perfekte Trainer für diesen Klub, sagte er. Dies verdient höchsten Respekt.“

So etwas nennt man Kapitulation – oder feige

Tobias Nordmann (n-tv.de) hingegen kann die Entscheidung nicht nachvollziehen: „Nach der verkorksten Saison ist beim BVB ein Schnitt notwendig. Der Kader muss an vielen Stellen verändert werden. Es braucht eine neue Spielidee, mehr taktische Variabilität, um den schwierigen Weg zurück an die nationale Spitze zu finden. Klopp hätte das Vertrauen der Chefs und der Fans für diese Aufgabe gehabt. Er selbst fühlt sich nicht mehr bereit dazu. Er gibt das auf, was ihn jahrelang stark gemacht hat. Der erfolgreiche Klopp-BVB braucht nach sieben Jahren eine Renovierung. Doch der Bauherr legt die Arbeit nieder. So etwas nennt man Kapitulation – oder feige.“

Christian Gödecke (Spiegel Online) schickt warnende Worte in Richtung München: „Nicht auszuschließen, dass auch die Mannschaft nach der Klärung der Klopp-Frage befreit aufspielt. Es wäre durchaus im Sinne des scheidenden Coaches. Der hat nämlich noch den letzten Traum, „noch einmal mit gutem Grund um den Borsigplatz zu fahren“. Dafür müsste er den Pokal gewinnen, und dafür müsste er im Halbfinale beim FC Bayern siegen. Dem großen Rivalen über die Jahre, Opfer der größten Klopp-Triumphe und Nemesis im Champions-League-Finale. Die Bayern sollten sich nun sehr warm anziehen.“

Klopp hat den Bayern Beine gemacht

Oliver Fritsch (Zeit Online) blickt zurück: „Als Klopp den Verein 2008 übernahm, steckte der im Mittelmaß. Fünf Jahre später galt er als die heißeste Nummer im Weltfußball. Dank Klopp und seinem Überfallfußball stand Borussia Dortmund kurz vor dem größten Triumph: Im Champions-League-Finale von Wembley 2013 hieß es in der 89. Minute 1:1. Bis Arjen Robben kam und den allerletzten Schritt des Rookie BVB an Europas Spitze verhinderte. Dennoch hat Klopp die Champions League ein bisschen mit gewonnen. Denn den großen Bayern hatte er Beine gemacht. Der BVB und sein laufintensives Gegenpressing wurden zum Vorbild für viele.“

Felix Haas (Stern) „freut“ sich für alle Beteiligten: „Der Schritt, aufzuhören, ist für alle Involvierten richtig. Klopp selber kann durchatmen oder sich auf eine neue Aufgabe in einem neuen Umfeld konzentrieren. Der BVB kann sich von Klopp lösen, muss nicht seinem Kumpel dabei zusehen, wie er langsamer wird, muss nicht mit ihm in alten Zeiten schwelgen, um die Liebe zu bestätigen. Der beste Kumpel, er musste weg. Und ehrlich wie er ist, gibt er es als erster öffentlich zu.“

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Kommentare

3 Kommentare zu “Jürgen Klopp – Das Ende einer Ära”

  1. #Link11: Auf dem Trainerkarussell fahren alle gleich schnell | Fokus Fussball
    Donnerstag, 16. April 2015 um 10:52

    […] der Folgerichtigkeit und Notwendigkeit dieses Schrittes nicht an. Weitere Pressestimmen stellt der Indirekte Freistoß […]

  2. Pumukel
    Donnerstag, 16. April 2015 um 17:59

    Ist Klopp ein Trainer, dem man als Spieler folgt, weil er mit guten Argumenten überzeugen kann, weil er besonders einfühlend und kommunikativ ist oder weil er eine Atmosphäre der Angst erzeugen kann?

    Ich finde: Klopp ist einer der unangenehmsten Zeitgenossen, die die Bundesliga kennt. (Vor allem dann, wenn es nicht nach seinem Kopf geht. Man nehme allein seine arroganten Aussagen in Interviews). Da kommt er nämlich schon auf Rang 2, dich hinter Matthias Sammer.

  3. Van Kuchen
    Montag, 27. April 2015 um 17:14

    Ich habe mich über die Entscheidung von Jürgen Klopp gefreut.
    Offenbar ist das, was so lange viele (außer den Bayern) Fans so begeisterte, zu Ende. Und statt gleich in die nächste Aufgabe zu springen, gibt er sich erstmal ein wenig Zeit.
    Das Leben ist nicht nur Arbeit. Das suggeriert zwar eine Gesellschaft, in der Der Mensch fast nichts und das Geld alles sein soll (so wird behauptet, schlimmer noch, so wird es gelebt).
    Ich bezweifle dies.
    Ich beglückwünsche Ihn zu seiner Entscheidung, seiner Ehrlichkeit und seinem Mut.

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