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Basler

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Basler

Friedhard Teuffel (FAZ 2.6.) ist enttäuscht von Baslers letztem Auftritt. „Basler kam aus der Kabine heraus, gekleidet wie ein feiner Herr im Ausgehanzug des FCK, aber schon seine ersten Sätze waren die eines Gassenjungen. Worte wie Scheißdreck und Fresse halten blubberten nur so hervor aus seinem Mund, und es ging vor allem gegen den deutschen Teamchef Rudi Völler. Nur mit Dusel sei die Nationalmannschaft Zweiter bei der Weltmeisterschaft geworden, hatte Basler kürzlich in einem Zeitschrifteninterview gesagt, daraufhin erklärte Völler, es wäre besser gewesen, wenn Basler auch mal auf den Trainer gehört hätte statt in zehn Minuten fünf Weißbier zu trinken und eine Schachtel Marlboro zu rauchen. Jetzt war wieder Basler an der Reihe: Fünf Weißbier in zehn Minuten habe ich noch nie geschafft, höchstens zwei. Wenn der Rudi mal soviel Bier trinken würde, würde er nicht soviel Scheißdreck erzählen. Und: Ich bin zufrieden mit meiner Karriere, wenn es der Rudi mit seiner auch ist, soll er die Fresse halten. Basler, der plumpe Austeiler.“

Jan Christian Müller (FR 2.6.) bejaht die Entscheidung des FCK-Coaches, Basler nicht mehr einzuwechseln. “Gerets ist ein mutiger Mann, einer mit Rückgrat. Basler zu bringen wäre leichter gewesen, als Basler 45 Minuten lang hinter dem Tor auf und ab traben zu lassen. In den vergangenen Wochen hat sich der Unzähmbare eine Abschiedstour durch den Medienwald gegönnt. Quintessenz seiner Ansichten: Ich bin ein Typ. Die anderen sind es nicht. Ergo werde ich der Bundesliga mehr fehlen als andersherum. Erik Gerets hat das nicht gefallen. Er hat Fußball immer als Mannschaftssport definiert. Ihm wäre es niemals wie Basler passiert, bei einer Weltmeisterschaft (1994) und einer Europameisterschaft (1996) frustriert frühzeitig abzureisen. So etwas macht nur einer, der seine Eigeninteressen über die der Mannschaft stellt. Da hilft es wenig, dass Mario Basler ein umgänglicher Kumpeltyp mit einer gehörigen Portion Mutterwitz sein kann. Gerets vermag da fein zu unterscheiden zwischen privater Sympathie und Sozialverhalten innerhalb der Gruppe.“

Ein wildes Leben war es nicht

Ralf Wiegand (SZ 31.5.) porträtiert einen Möchtegern-Rebellen (der mich -ehrlich gesagt – außerhalb des Platzes immer langweilte). „Ein wildes Leben war es nicht. Ein paar Hektoliter Bier, eine Lastwagenladung Zigaretten, sonnige Nachmittage auf der Rennbahn, schummrige Abende beim Kartenspiel; dazu ein paar Attacken gegen die, die ihn abservierten: den DFB, die Bayern. Bei weitem nicht das, was man erhofft von einem revoltierenden Profi, der findet, 97 Prozent aller Bundesliga-Profis seien Ja-Sager. Er natürlich nicht. Aber was hat Mario Basler damit erreicht, seine Zigarette nicht erschrocken auszudrücken, wenn eine Kamera auftauchte, wie das andere tun? Oder sein Bier zu trinken, wenn ihm danach war, auch live im Fernsehen? Nichts, höchstens mehr Ärger als Länderspiele. Bestenfalls ein Image. Um den Ärger zu verarbeiten, verkauft so ein Spieler seine Schwäche als Abgrenzung gegenüber der stromlinienförmigen Masse. Wenn er schlau ist, vermarktet er sein Image. Zum Abschied aus der Bundesliga hat Basler noch einmal versucht, sich selbst als gradlinigen, unbeugsamen Widerstandskämpfer gegen die Gleichförmigkeit zu stilisieren, er bekam genug Gelegenheit dazu, in Abschieds-Interviews. Und er bekam wie schon früher die passende Antwort. Rudi Völler, der aktuelle Teamchef, hielt am Freitag eine Philippika auf Mario Basler und damit auf den gesamten Stand der selbst ernannten „Typen“. Völler redete fünf Minuten: „Ein Typ ist, wer Woche für Woche Weltklasse-Leistungen bringt. Nur das zählt, nicht der ganze Scheißdreck nebenan.“ Einmal war es also noch wie früher, einmal regte sich noch jemand auf über Mario Basler. Dabei sind dessen stürmischen Jahre längst Vergangenheit (…) Der Mario Basler von früher war ein großer Junge, trotzig und verspielt und schon immer getrieben von der Sehnsucht nach Badelatschen. 1994, beim Pokalfinale, trat er mit dieser Fußbekleidung sogar dem Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker unter die Augen. Klaus-Dieter Fischer erzählt: „Otto Rehhagel hatte ihn ausgewechselt, Mario rannte in die Kabine und wollte nicht mehr raus. Auch nicht zur Siegerehrung. Da bin ich rein und habe ihn angeschrieen: ,Du kommst jetzt mit, du versaust dir deine ganze Karriere.‘ Wir sind dann raus, ich glaube sogar Händchen haltend, so wie er war.“ Er war in Badelatschen auf jedem Foto.“

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