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Themen: Edgar Geenen , geduldeter Manager in Nürnberg – sollen wir uns auf die Sportschau freuen? – Uefa bläst den Uefa-Cup auf – Blatter will nationale Ligen reduzieren u.v.m.

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Themen: Edgar Geenen , geduldeter Manager in Nürnberg – sollen wir uns auf die Sportschau freuen? – Uefa bläst den Uefa-Cup auf – Blatter will nationale Ligen reduzieren u.v.m.

Müßiggang

Christian Zaschke (SZ 9.7.) glossiert die Tätigkeit Edgar Geenens in Nürnberg. „Hektik überall, man weiß gar nicht mehr, wo einem der Kopf steht, es flackert der Blick über die wilde Welt, bis er auf die Stadt Nürnberg fällt und dort im Zentrum des Tosens Edgar Geenen entdeckt. Wie er dort sitzt in seinem Büro (täglich 9.00 bis 17.30 Uhr, eine Stunde Mittagspause) und lächelt, entspannt, ein leiser Wind pfeift durchs geöffnete Fenster und flüstert das vergessene Wort: Müßiggang. Wahrscheinlich ist der Fußballmanager Edgar Geenen zurzeit einer der glücklichsten Menschen der Welt. Das liegt daran, dass er beim 1. FC Nürnberg trotz eines laufenden Vertrages (bis 30. Juni 2004) zur persona non grata erklärt wurde, er ist dort nicht mehr erwünscht. Doch Vereinsboss Roth zahlt keine Abfindung, er besteht darauf, dass Geenen allmorgendlich ins Büro kommt. Wie herrlich.“

Gerald Kleffmann (SZ 11.7.) recherchiert. „Es ist eine sonderbare Geschichte, die dem TSV 1860 da offenbar widerfährt. Als einzige deutsche Mannschaft dürfen die Löwen vom 15. bis 22. Juli beim so genannten Peace Cup in Südkorea teilnehmen, mit Teams wie PSV Eindhoven, Olympique Lyon, Besiktas Istanbul und Club Nacional de Fútbol aus Uruguay. Insgesamt acht Mannschaften treten in zwei Vierergruppen gegeneinander an, die beiden Erstplatzierten kämpfen im Finale um den Siegerscheck in Höhe von zwei Millionen Dollar; für den Verlierer bleiben 500.000 Dollar. Wenn man zusätzlich bedenkt, dass jede der acht teilnehmenden Mannschaften ein Antrittsgeld in Höhe von 600.000 Euro erhält sowie sämtliche Kosten für Flug, Hotel und Spesen erstattet bekommt, taucht eine interessante Frage auf: Wer wirft da mit Scheinen um sich, als handele es sich um Spielgeld? Wer steckt hinter dem Peace Cup? Wie wird er finanziert? Es ist eine höchst sonderbare Geschichte. Darf man der Internetseite des Turniers glauben, steht hinter dem Peace Cup eine Vereinigung namens Sunmoon Peace Football Foundation. Weiter heißt es dort, dass ein Mann namens Sun MyungMoon dieses Turnier, das alle zwei Jahre stattfindet, gegründet habe. Was nicht dort erwähnt wird, aber mit ein paar Klicks im Internet mühelos nachprüfbar ist, ist der pikante Sachverhalt, dass jener Sun Myung Moon auch das Oberhaupt der religiösen Vereinigung Unification Church ist; er gilt als Sektenführer (…) Sun Myung Moon, 1920 in Jeongju geboren, erwies sich früh als religiöser Eiferer. Im Alter von 34 Jahren gründete er die „Vereinigungskirche“. Mit dem sektiererischen Gebilde wollte er sich zum Retter der Menschheit aufschwingen. Die Organisation ist seitdem berüchtigt als weltumspannende Geld- und Gehirnwaschanlage. Welch gefährliches Potenzial in Sun Myung Moon steckt, zeigte sich im Jahre 1975. Damals trat er in Südkorea vor eine riesige Menschenmenge und verkündete, dass er eine vereinigte Zivilisation der gesamten Menschheit anstrebe – mit dem Zentrum Korea.“

Die Zuseher wurden behandelt wie in einem Ostblock-Kaufhaus

Christoph Biermann (taz 10.7.) freut sich nicht auf die Sportschau. „In der Sportschau oder auch der guten alten Sportschau, wie Harald Schmidt derzeit beharrlich spottet, wurden die Zuseher behandelt wie in einem Ostblock-Kaufhaus jener Tage. Man musste anstehen, wusste nicht, was es gibt, und vor den leeren Regalen standen missmutige Verkäufer. Mein Bruder Claus und ich hatten dabei auch schnell unseren Lieblingsfeind ausgemacht. Fritz Klein vom NDR war offensichtlich so wichtig, dass er es nicht mehr für notwendig hielt, sich ordentlich vorzubereiten. Wahrscheinlich war es ihm aber auch nur zuwider, zwischen Jürgen Köper, Michael Lameck oder Heinz-Werner Eggeling und anderen Bochumern unterscheiden zu müssen. Die hatten zwar auch damals schon Rückennummern und waren auch sonst prima zu erkennen, aber wer wollte es schon genau wissen. Klein jedenfalls nicht. So saßen Claus und ich vor dem Fernseher, verspotteten ihn, wenn er mal wieder alle durcheinander würfelte, und fanden ihn schließlich beim damaligen Schnöselsport Golf bestens aufgehoben, wo er sich nicht die Namen von irgendwelchen kickenden Proleten aus dem Ruhrgebiet merken musste. Beharrlich waren die Moderatoren der Sportschau auch nicht dazu in der Lage, die Ortsnamen Bochum und Duisburg richtig auszusprechen. Bei Bochum sprachen sie die Vokale möglichst kurz aus, als würden sie sich sonst den Mund schmutzig machen, während sie in Duisburg die ersten beiden Vokale einfach nicht zu einem ü verschleifen mochten. Nun könnte man diese steinalten Beschwerden leicht unter der Rubrik beleidigtes Provinzlertum abbuchen (was es ja auch war), an der beklagten Haltung änderte sich in der Sportschau jedoch auch später wenig, weshalb mir die populäre Sehnsucht nach ihr stets völlig unverständlich war und ein Musterbeispiel falschen Erinnerns. Ich fand nie, dass es an der Sportschau irgendetwas zu vermissen gab, sieht man einmal von der Abwesenheit von Werbepausen ab. Die Sportschau war auch nie besser als ran, sie war nur anders blöd: spießig, muffig und arrogant, weil sie machen konnten, was sie wollten, und es keine Alternative gab. (Wobei hier gerne Dieter Adler, Ernst Huberty oder Fritz von Thurn und Taxis, der sich vor sehr vielen Jahren im Presseraum des Bochumer Ruhrstadions doch wirklich über den Heimverein erkundigte, ausgenommen seien.) Oder um es in Zeitungen zu übersetzen: Wenn ran die Bild-Zeitung wurde, entsprach die Sportschau dem Neuen Deutschland vor der Wende.“

Uefa bläst Uefa-Cup auf

Ob des neuen Uefa-Cup-Modus (ab Saison 04/05 Gruppenphase) ist Felix Reidhaar (NZZ 11.7.) skeptisch. „Das Ei des Kolumbus hat die Uefa-Exekutive entgegen der Ansicht ihres Präsidenten Lennart Johansson nicht gefunden. Der neue Uefa- Cup-Modus ist eine Zangengeburt. Im „Brutkasten“ der Testphase ist ihm keine grosse Überlebenschance zu bescheinigen, das Provisorium scheint offenkundig und ist den führenden europäischen Vereinen verständlicherweise ein Dorn im Auge. Noch im Vorjahr hatte die in Monte Carlo vorgestellte Idee einer Gruppenphase deshalb schwachen Sukkurs gefunden, weil viele eine Konkurrenzierung der abgespeckten Champions League für nicht opportun hielten. Nach langwierigen Konsultationen mit Vereinsvertretern Europas, die aus wirtschaftlichen Gründen Planungssicherheit favorisieren, ist nun ein von Kompromissen begleiteter Modus Procendi herausgekommen, der schwer an ein Zwittermodell erinnert. Es bedarf jedenfalls grosser Vorstellungskraft, sich von ihm erhöhten Spektakel zu versprechen.“

Roland Zorn (FAZ 11.7.) teilt dazu mit. „Europa will mehr, die Welt weniger Fußball sehen. Schön, daß an ein und demselben Tag die Uefa beschloß, den Uefa-Pokal wie einen Badering für Nichtschwimmer aufzublasen – und der Präsident der Fifa zum Wohle des Sports eine Reduzierung der nationalen Ligen forderte. Die Gegensätzlichkeit der Erweiterung hier und des Sparwillens dort zeigt eindrucksvoll, wie widersprüchlich die wichtigsten Advokaten des Fußballs seit je in eigener Sache argumentieren (…) Nach noch mehr Uefa-Cup dürstete es bisher so gut wie niemand, doch auf die nationalen Ligaspiele mit 18 Vereinen wie in Deutschland und Italien oder 20 Klubs wie in Spanien und England freuen sich die Fans massenhaft. Ihnen begreiflich zu machen, daß die Ligen eingedampft werden müssen, um noch mehr heiße Luft im Konföderationenpokal oder in der sogenannten Vereinsweltmeisterschaft zu produzieren, dürfte schwerfallen. Die Funktionäre jedenfalls begegnen in ihrem steten Reformeifer einem aus Erfahrung skeptischen Publikum. Bedient wurden am Donnerstag nur die eigene Klientel und der Wunsch nach besseren Geschäften. Damit aber haben weder der Uefa- noch der Fifa-Präsident den Interessen des Fußballs einen besonders wertvollen Dienst erwiesen. Alles beim alten belassen zu wollen klingt altmodisch, ist aber manchmal der bessere Weg, glaubwürdig zu bleiben.“

Thomas Kistner (SZ 11.7.) durchschaut Blatters Strategie. „Sepp Blatter lässt gerade wieder eine raus. Eine seiner gefürchteten Spontan-Träumereien zum höheren Nutzen des Weltfußballs – und der arbeitende Teil der Branche erleidet Bauchkrämpfe. Der Fifa-Boss will alle nationalen Ligen auf 16 Klubs reduzieren, eine revolutionäre Eingebung, die ihn so plötzlich und unerwartet traf wie der Herztod den Kameruner Nationalspieler Marc-Vivien Foe vorletzte Woche auf dem Spielfeld, inmitten eines Fifa- Turniers. Und nun gibt es auch noch Ärzte, die den Autopsiebefund öffentlich anzweifeln! Womit eine Stoßrichtung der Blatter-Offensive schon erkennbar wird: Zurückweisung jeder Mitverantwortung. Wer könnte denn eine Schuld haben an diesem tragischen Zwischenfall? Doch nicht die Fifa, will Blatter dem Gesamtbetrieb soufflieren. Das Übel liegt nicht beim Weltverband, der die besten Profis in der Sommerpause zu weiterem Turnierstress vergattert hatte, sondern bei den Klubs, die diesen Profis Gehälter bezahlen. Die Klubs protestieren gegen die Kürzung, die DFL kündigt härtesten Widerstand an. Doch müssten zumindest Branchenkenner allmählich wissen, was sich hinter derlei präsidialen Visionen verbirgt: Schnapsideen. Die Kunst, tragende Gedanken anzutäuschen, beherrscht Blatter perfekt. Insofern ist es überflüssig, sich mit dem Inhalt näher auseinander zu setzen. Eher hilft die Frage: Handelt es sich hier um eines jener Blatterschen Hirngespinste, die sogleich in sich selbst zusammenfallen – wie einst der famose Gedanke, alle Fußballgehäuse zu vergrößern, um das Spiel torreicher zu machen? Oder ist der Vorstoß jener Sorte Schnapsidee zuzurechnen, die man nicht unterschätzen darf, weil sich der Sepp daraus politische Vorteile erhofft? Wir tippen auf Letzteres.“

„Uwe Bindewald, fast 35, ist der Typ Vollprofi, dem die Frankfurter Fans auch manch absonderlichen Fehler nachsehen“ FR

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