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Bemitleideter Bruder der Champions League

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Bemitleideter Bruder der Champions League

Der Uefa-Cup ist „sportlich wie wirtschaftlich der kleine, oft gar bemitleidete Bruder der Champions League“, vergleicht die NZZ die unterschiedlichen Bedeutungen der beiden europäischen Vereinswettbewerbe

Eine breite internationale Resonanz erfährt daher nur das Finale, das an diesem Mittwoch FC Porto und Celtic Glasgow bestritten, „zwei Vereine des europäischen Mittelstandes“. In Sevilla siegte der portugiesische Meister 3:2 und „trat verdientermassen als Mannschaft mit der ungleich kultivierteren Spielweise hervor“ (NZZ). Berichtenswert halten alle Kommentatoren zudem die friedliche „Invasion“ der Schotten, die aus allen Erdteilen angereist ihr Team unterstützten. Was man über die Iren sagt, trifft auch auf sie zu. Fänden Fußballspiele auf dem Mond statt, mit Briten ist zu rechnen.

Dem traditionsreichen Wettbewerb kam in den letzten Jahren eine Sprungbrettfunktion zu. Nicht zuletzt Borussia Dortmund (Finalist 1993) und Bayern München (Sieger 1996) nutzten die dort gesammelten Erfahrungen für spätere Erfolge in der Champions League (1997 und 2001). Auch den beiden diesjährigen Finalisten sagt man Ambitionen nach. Insbesondere die Namen der beiden Trainer wird man sich merken müssen. Sieger José Mourinho gewann in seiner ersten Saison als Cheftrainer bereits seinen zweiten Titel (ein dritter soll im nationalen Pokalfinale noch folgen) und freut sich auf höhere Aufgaben. Der Ire O‘Neill wird als Nachfolger von Alex Ferguson bei Manchester United gehandelt.

Celtic Glasgow – FC Porto 2:3 n.V.

Ronald Reng (BLZ 23.5.) skizziert die bemerkenswerte Laufbahn des Trainers der Portugiesen. “Eine Saison lang zogen Celtic Glasgow und der FC Porto auf parallelen Wegen durch Europa, Brüder im Geiste, zwei Mannschaften, die nie als große wahrgenommen wurden. Im Finale erfüllten der noch amtierende schottische Meister, der auf dem Weg nach Sevilla den VfB Stuttgart, Liverpool und Celta Vigo ausgeschaltet hatte, und der gerade gekürte portugiesische Champion, im Halbfinale Dompteur von Lazio Rom, noch einmal gemeinsam ihre Mission – zu zeigen, dass nicht nur in England, Spanien oder Italien Fußball gespielt wird. Dann trennten sich ihre Wege: Celtic versank in Trance, Porto geht in die Geschichte ein, sagte Trainer José Mourinho (…) Mit 40 fängt er gerade an als Trainer. Auf die ungewöhnlichste Karriere unter den Spitzentrainern darf er allerdings schon jetzt verweisen. Mourinho war nie Profi, er ließ das Fußballspielen Anfang 20, wurde Lehrer und trainierte in Setúbal ein Jugendteam. Dann bekam er über ein paar Bekannte und Zufälle Anfang der Neunziger einen Job bei Sporting Lissabon: als Übersetzer für den englischen Trainer Bobby Robson. Robson wechselte die Clubs, von Lissabon zum FC Porto zum FC Barcelona; seinen Übersetzer nahm er immer mit. Irgendwann begann er dann ein bisschen im Training zu helfen, er machte sich Notizen, er lernte schnell, erinnert sich Robson, acht Jahre als Übersetzer, und zwei Jahre später ist er als Trainer Meister in Portugal und im Uefa-Cup-Finale – mir wird schwindlig. Drei Monate als Aushilfstrainer bei Benfica Lissabon, eine Saison beim mittelmäßigen Erstligisten Union Leiria reichten, um sich für den Posten in Porto zu empfehlen – dort krempelte Mourinho in 17 Monaten ein dahin dümpelndes Team radikal um. Er schaffte die Quadratur des Kreises, nach der Trainer streben: System und Ordnung im Team zu etablieren, ohne den Individualismus der Spieler, ihre Intuition, zu ersticken. Deco etwa war, bevor Mourinho kam, ein passabler Mittelfeldspieler. Nun ist er einer der kreativsten in Europa.“

Andere Vorstellungen von den Ingredienzen dieses Spiels

Felix Reidhaar (NZZ 23.5.) ließ sich von der Atmosphäre des Finales anstecken. „Voraus ging ein Happening, wie es selbst abgebrühte Habitués an fussballerischen Höhepunkten kaum je erlebt haben. Wer bisher von der fussballverrückten Anhängerschaft aus Glasgow im Allgemeinen und vom Celtic FC im Speziellen nur vom Hörensagen wusste, konnte sich in Sevilla bildhaft davon vergewissern. Zwischen 50.000 und 80.000 Fans, rund 30.000 davon mit Eintrittskarten, waren gemäss Schätzungen in der Stadt eingefallen und hatten Strassen und Plätze in uniformem grün-weissem Tuch in Beschlag genommen. Aus Schottland waren sie mehrheitlich angereist, aber u.a. auch aus New York, Phoenix, San Antonio und Toronto, und selbst in Johannesburg oder Sidney wohnhafte Supporter hatten es sich nicht nehmen lassen, sich nach aufwendigem Deplacement dieser irisch-katholisch motivierten Prozession in der Backofenhitze Andalusiens anzuschliessen. Wundert es da noch, dass die „katholischen“ Kelten heute noch Zuschauerrekorde im europäischen Fussball halten? 146.433 Schaulustige am schottischen Cup-Final 1937 gegen Aberdeen oder 133.961 am Meistercup- Halbfinal 1970 gegen Leeds United, beide Partien im legendären alten Hampden Park, sind heute noch einsame Marken. Die Flughafenkapazität in Sevilla reichte nicht aus für diese Art von Invasion, von den 350 Jets mussten knapp 100 nach Málaga und Jerez ausweichen. Dass es sich hierbei um eine besonders friedfertig-gesittete und mit fröhlichen Gesängen untermalte Eroberung handelte, muss hervorgehoben werden zu Zeiten noch immer nicht ausgerotteten Hooliganismus. Weder vor noch nach dem nicht nach schottischem Gusto ausgegangenen Endspiel hielten sich Aggressionen in sehr engen Grenzen, überwog der gegenseitige Respekt zwischen südländisch anmutenden Briten und atlantisch schwermütigen Lusitanern (…) Das Team des Celtic Football Club konnte dieser vorbehaltlosen Unterstützung mindestens 45 Minuten lang und insgesamt spielerisch nicht ganz Rechnung tragen. Mit seinem rustikalen Stil blieb das internationale Spieler-Gemisch unter dem Niveau der mustergültigen Anhänger – was diesen völlig gleichgültig blieb. Briten haben, wie man weiss, ziemlich andere Vorstellungen von den Ingredienzen dieses Spiels: Kampf Kraft – überspitzt ausgedrückt: Kick Rush – stimmen die Fans glücklich in Schlachtgesänge ein, Corners wie Einwürfe werden fast so frenetisch applaudiert wie Erfolge. Dass sich der 38fache schottische Meister und 31fache Cup-Sieger nach einem Rückstand gegen den FC Porto zweimal rasch wieder zurückkämpfte, war exakt das richtige Pulver, um die Fans auf den Rängen zur Ekstase zu bringen. Deshalb lebte der Uefa-Cup-Final von Sevilla über weite Strecken von der Ambiance, von der Emotionalität und vom sagenhaften Lärm, mit dem die grün-weisse Kulisse die blau-weissen Portistas in der Ostkurve buchstäblich zudeckte. Ein einziger atmosphärischer Wermutstropfen trübte die andalusische Nacht: Die gellenden Pfiffe der schottischen Zuschauer zur lusitanischen Siegesfeier wollten so schlecht zum Gesamtbild passen. Sie drückten anderseits nur aus, dass dem Gegner und seinem gänzlich anders gearteten Spielstil keine besonderen Sympathien zuflogen – nicht verwunderlich angesichts der stark divergierenden Auffassungen über Fussball. Der portugiesische Meister hatte diese Respektlosigkeit nicht verdient. Er trat verdientermassen als Mannschaft mit der ungleich kultivierteren Spielweise aus diesem Endspiel hervor.”

Futebol, Fado und Fátima

Thomas Klemm (FAZ 23.5.) beleuchtet den nationalen Stellenwert des Titelgewinns. „Zwar war es der FC Porto, der am Mittwoch Celtic Glasgow besiegte und den Triumph errang; doch auf der Sonnenseite fühlt sich plötzlich wieder ein ganzes Land, um dessen Selbstwertgefühl es derzeit traurig bestellt ist, wie ein Kommentator zum Finale schrieb. Er ist unser, titelte daher die Sportzeitung O Jogo am Donnerstag und zeigte neben dem Uefa-Pokal die portugiesische Nationalflagge. Das schlechte Abschneiden der Selecão bei der Weltmeisterschaft 2002 sowie die Tatsache, daß sich in diesem Jahr kein Team für die Champions League qualifizieren konnte, hatten am Selbstbewußtsein genagt in einem Land, das von Futebol, Fado und Fátima bestimmt ist. Erleichtert stellte Ministerpräsident Durão Barroso daher fest, daß Portos Sieg zum richtigen Zeitpunkt kam. Wir haben unser Potential im Fußball gezeigt, das ist gut für die Europameisterschaft 2004.“

(21.5.)

Zwei Vereine des europäischen Mittelstandes

Felix Reidhaar (NZZ 21.5.) kontrastiert das heutige Finale mit dem Champions-League-Wettbewerb. „Der Uefa-Cup ist sportlich wie wirtschaftlich der kleine, oft gar bemitleidete Bruder. Die Klubs vermarkten ihre Spiele selber und ziehen bescheidenen Nutzen aus diesem dezentralen Vorgehen. Nicht verwunderlich, dass die Uefa seit geraumer Zeit Gedanken über ihr Sorgenkind anstellt und dabei immer auch auf die Modalitäten der Champions League schielt. Konkurrenzieren will sie ihren Markenartikel freilich nicht, weshalb bis dato kein Konzept Entscheidungsreife erlangt hat. Weder die 1999 veranlasste Verschmelzung des Uefa-Cups (früher Messestädte-Cup) mit dem hierarchisch höher gewichteten Cup-Sieger-Cup noch die Reduktion auf einen Final vermochten dieser Kompetition auch nur zu einem bisschen Leuchtkraft an dem von der Champions League besetzten „Sternenhimmel“ zu verhelfen. Es war zuletzt das Verdienst engagierter Mannschaften, dass wenigstens die letzten beiden Endspiele zu reden gaben. Zuerst das erinnerungswürdige Duell zwischen Liverpool und Alaves im Westfalenstadion (5:4), dann im letzten Jahr Feyenoord Rotterdam und Borussia Dortmund (3:2). Oder erinnert sich jemand an spezielle Ereignisse im laufenden Wettbewerb, aus dem sich etwa die Grasshoppers viel zu früh und wenig stilvoll verabschiedet hatten? Ganz zufällig ist es da nicht, dass im letzten Match des Uefa-Cups zwei Vereine des europäischen Mittelstandes stehen. Es ist immerhin 16 Jahre her, dass ein solcher Final ohne Beteiligung eines Klubs aus den Big Five, den führenden fünf Landesverbänden, vonstatten geht: IFK Göteborg – Dundee United hiessen damals die Parteien. Die heurigen Finalisten stammen aus nationalen Ligen mit marginalen Leistungsdichten und entsprechend raren Anforderungen. So führt der FC Porto, der seit einiger Zeit als Meister feststeht, in der Primera Divisão 13 Punkte vor dem Rivalen Benfica und deren 23 vor dem Vorgänger Sporting. Noch krasser sieht die Situation in der schottischen Premier League aus, aus der sich die beiden Glasgower Spitzenklubs schon mehrfach davonzumachen versuchten. Eine Runde vor Meisterschaftsschluss liegen die Rangers und Celtic Kopf an Kopf: je 94 Punkte aus 37 Spielen, dieselbe Tordifferenz mit 95:27 bzw. 94:26 Toren – und einem Scheitel Vorsprung für die Rangers dank dem mehr erzielten Tor. Heart of Midlothian sieht dem Duo aus 34 Punkten Entfernung nach. Die sogenannte Zweitklassigkeit tut der Begeisterung in den beiden Reihen keinen Abbruch. Celtic-Fans sind zu Zehntausenden nach Sevilla gereist, einige taten dies gar per „Zwischenstopp“ in Porto, wo sie Eintrittskarten mit Phantasiepreisen bis zu 1000 Euro jenen lokalen Anhängern abluchsten, die dafür 40 Stunden Schlangen gestanden hatten.“

Fergusons Nachfolger in Manchester?

Christian Eichler (FAZ 21.5.) porträtiert den Coach Celtics. „In Sevilla will der Sohn eines Barbiers Celtic Glasgow als ersten schottischen Klub zum Gewinn des Uefa-Cups führen. Ihm wäre damit nicht nur ein Denkmal sicher, gleich neben Jock Stein, der 1967 mit Celtic den Europapokal der Meister gewann. Es wäre auch das internationale Sprungbrett für den 51 Jahre alten Nordiren. Der mag mit seiner Kassenbrille aussehen wie ein netter Studienrat beim Training des Schulteams. Doch auf der Insel gilt er vielen als der talentierteste und bissigste seines Fachs in der Generation nach Alex Ferguson – und als dessen möglicher Nachfolger bei Manchester United. Wer nach Schottland geht, wie es O‘Neill 2000 tat, nachdem er Leicester City in die englische Premier League und zum Gewinn des Ligapokals geführt hatte, riskiert, vergessen und verschlissen zu werden. Während der Dominanz des Lokalrivalen Rangers hatte Celtic in den neunziger Jahren neun Trainer in neun Jahren verbraucht. Mit O‘Neill gewann Celtic das erste Derby 6:2 und wurde prompt zweimal Meister. Am Sonntag ist der dritte Titel in Folge möglich. Im knappsten Finale der Geschichte haben Celtic und Rangers nach 37 von 38 Spielen die identische Bilanz: 94 Punkte, plus 68 Tore. Durch einen Titelhattrick würde O‘Neill zur schottischen Legende – aber nur durch den Uefa-Cup zu einer europäischen Größe. Berühmte Vorgänger nutzten die Karrierechance, Klubs vom Rande des Kontinents in den kleinen Europapokalen zum Titel zu führen und sich die Tür zu den Großen Europas zu öffnen: wie Sven-Göran Eriksson (Uefa-Cup mit IFK Göteborg 1982 gegen den Hamburger SV) oder Alex Ferguson (Cup der Pokalsieger mit FC Aberdeen 1983 gegen Real Madrid). Der schottische Fußball ist sehr schlechtgemacht worden, sagt O‘Neill, wir haben ihm einen neuen Schub gegeben. (…) 80.000 Schotten werden in Sevilla erwartet; nur 35.000 haben Tickets, was ausreicht, um zwei Drittel des Stadions zu füllen und Heimspielstimmung zu schaffen. Weil alle Züge ausgebucht sind, wollen 3.000 Schotten mit Mopeds aus Malaga kommen.“

Ronald Reng (FTD 21.5.) erinnert an das anhaltende Wirken religiöser Konflikte. “Heute Abend trägt Neil Lennon die Botin des Todes ins Olympiastadion von Sevilla. Die Banshee, die Todesfee aus der irischen Sagenwelt, sitzt auf dem linken Arm des 31-jährigen Mittelfeldspielers, der mit Celtic Glasgow als Außenseiter das Uefa-Pokal-Finale gegen den FC Porto bestreitet. „Wenn die Banshee heult, kommt der Tod, um dich zu holen“, erklärt Lennon. Die Idee, dass jemand solch eine Tätowierung unheimlich finden könnte, scheint ihm fern. Denn dort, wo Lennon herkommt, ist krasse Symbolik schick. Dort haben sie sich daran gewöhnt, mit der alltäglichen Bedrohung durch den Tod zu leben. Er wuchs zu Hochzeiten des nordirischen Bürgerkriegs in einer katholischen Enklave in der mehrheitlich protestantischen Kleinstadt Lurgan auf. Wie für die meisten Nordiren war der gewaltsame Kampf zwischen den zu Irland strebenden radikalen Katholiken und den loyal zu Großbritannien stehenden protestantischen Extremisten auch für Lennon im Alltag zwar immer präsent, allerdings ohne dass es ihn direkt betroffen hätte. Es hat seine bittere Ironie, oder besser: seine perverse Logik, dass Lennon erst jetzt, da er außerhalb Nordirlands lebt, ein Opfer des wahnwitzigen Religionshasses geworden ist. Der heutige Mittwoch kann sportlich der größte Tag seines Lebens werden – doch diese Saison wird auch immer die bleiben, in der Lennon wegen Morddrohungen aus der nordirischen Nationalelf zurücktreten musste und – vor zwei Wochen – nachts von drei jungen Männern im Glasgower Westend verprügelt wurde. Weil er als nordirischer Katholik für Celtic spielt. Mag Celtics erste Europapokalfinalteilnahme seit 33 Jahren auch beweisen, dass der 38-malige schottische Meister endlich wieder den Anschluss an den internationalen Spitzenfußball gefunden hat, so verdeutlicht der Fall Lennon, dass sich manche Dinge in Glasgow wohl nie ändern werden. Die altertümlichen Etiketten vom Protestantenklub Rangers und Celtic, dem Team der Katholiken, gelten noch immer. Obwohl in den Teams selber längst Katholiken, Protestanten und vor allem Atheisten bunt gemischt spielen, ist die Mehrheit der Fans noch immer für Rangers, weil sie protestantisch getauft wurden – oder für Celtic, weil sie aus katholischen Familien stammen. Und zu viele von ihnen betreiben die Rivalität noch immer mit der Verbohrtheit von Glaubenskämpfern aus dem 18. Jahrhundert. Dass Fans es auf Lennon abgesehen haben, ist kein Zufall. Denn er kommt direkt aus dem Konfliktgebiet. Dort trägt man Rangers- oder Celtic-Trikots auf der Straße, um seine politische Überzeugung kundzutun. Die Rivalität geht in Nordirland tiefer als in Glasgow selbst, jedes Wochenende fahren 3.000 bis 5.000 Nordiren zu den Spielen nach Schottland, und Wandmalereien in Belfast preisen die IRA und Stürmerstar Henrik Larsson als Helden ein und derselben Bewegung.“

Konfliktfreudig und arrogant

Thomas Klemm (FAZ 21.5.) porträtiert den Trainer der Portugiesen. „Erfolg hat der junge Trainer beim FC Porto, seit er vor 16 Monaten in einer Nacht-und-Nebel-Aktion vom Ligakonkurrenten União Leiria geholt wurde und gleich vollmundig einen Titel ankündigte. Seine Verheißung Im nächsten Jahr sind wir Meister hat José Mourinho vor knapp drei Wochen wahr gemacht, als er den FC Porto mit großem Vorsprung vor Benfica Lissabon vorzeitig zum 19. nationalen Titel führte. Nun kann Mourinho, einst Assistent von Sir Bobby Robson und Louis van Gaal, ehe er vor zweieinhalb Jahren Jupp Heynckes bei Benfica für neun Spiele als Cheftrainer ablöste, sogar noch den nationalen Pokal sowie den Uefa-Cup holen. Einen Sieg gegen Glasgow könne er nicht versprechen, sagt Mourinho, nur soviel: Wir werden das Spiel unseres Lebens machen. Schließlich könnte es der größte Erfolg für den portugiesischen Vereinsfußball werden, seit der FC Porto 1987 den Landesmeister-Wettbewerb gewann. José Mourinho versteht es, junge und erfahrene Spieler gleichermaßen zu motivieren. Selbst bei einer komfortablen Führung steckt kein Profi auf; weder Deco, der im Mittelfeld alle Freiheiten genießt und unter Mourinho vom brasilianischen Künstler zum portugiesischen Nationalspieler wurde; und erst recht nicht der Kämpe Jorge Costa, der sich tief in Mourinhos Schuld fühlt, weil er, vorige Saison nach Charlton abgeschoben, vom neuen Trainer nach Porto zurückgeholt wurde. Die vorbehaltlose Unterstützung allerdings, die Präsident Pinto da Costa von der Öffentlichkeit für seinen Coach einfordert, fällt vielen schwer. Zu kühl, konfliktfreudig und arrogant erscheint Mourinho, um auch die Herzen der als bescheiden geltenden Portuenser zu gewinnen.“

Den Fado bis zum Stillstand zu tanzen

Der Schriftsteller Perikles Monouidis (NZZaS 18.5.) blickt voraus auf das Uefa-Cup-Finale zwischen Celtic Glasgow und dem FC Porto. “Was Boavista und der FC Porto gemein haben: Sie können das Spiel bei Bedarf verlangsamen, ohne dabei die Räume im Mittelfeld eng zu machen. Sie lullen den Gegner ein, legen erratisch, da ohne Raumgewinn, Kurzpassdreiecke aneinander, bis das Spiel zum Stillstand kommt. Am Nullpunkt hält jeder Spieler aus Porto den Ball so lange wie möglich am Fuss, zieht ihn unter der Sohle nach links oder nach rechts hin, schiebt ihn dem Mitspieler zu. In seiner Melancholie erwartet er den Schlusspfiff und die anschliessende dumpfe Stille in der Kabine, vielleicht von der Saudade geleitet. Im Unterschied zu Figo und Zidane von Real Madrid können Spielmacher Deco und der Russe Aleinitschew das Spiel nicht jederzeit wieder aufwecken, sie tanzen den Fado mit dem Gegner gewissermassen zu Ende; unabhängig davon, dass der junge Trainer Mourinho – einst Assistent von Sir Bobby Robson und von Louis van Gaal – täglich Taktik und Spielvarianten üben lässt. Die Angreifer Hélder Postiga, nach einer Tätlichkeit für den Final gesperrt, und der Brasilianer Derlei ziehen sich in der Depression ins Mittelfeld zurück, warten auf ein weites Zuspiel, oft vergeblich, und kreisen dabei um den Gegenspieler. Wie Derlei hat auch der elsternhafte Henrik Larsson, schwedischer Angreifer der Celtics, im laufenden Wettbewerb durchschnittlich ein Tor pro Spiel erzielt, darunter die entscheidenden im Halbfinal. Die Spielreihen der Celtics, besetzt mit beinahe grösstmöglicher ethnischer Vielfalt, schieben sich auf eine Weise ineinander und auseinander, dass das Spiel auf beide Tore hin kontraktil wird: festgemacht am eigenen Tor, wirft sich die Mannschaft wie ein Netz, das vorn mit einem Haken, eben Larsson, versehen ist, über das Feld, fast so, als ob Arrigo Sacchi, Trainer der grossen AC Milan von 1989, ihr das beigebracht hätte. Das Credo des Vereins, seinem Namen heute durch ethnische Vielfalt gerecht zu werden, bindet die Celtic-Spieler an die Kelten zurück wie die Porto-Spieler der spielerische Nullpunkt an Saudade und Fado. Was für ein Spiel ist zwischen dem FC Porto und dem Celtic Glasgow FC zu erwarten? Beide Mannschaften werden schnell in Führung gehen wollen, um dann das Netz einzuziehen beziehungsweise den Fado bis zum Stillstand zu tanzen.“

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