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Identifikationsfigur, Mädchen für alles und Auszubildender

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Identifikationsfigur, Mädchen für alles und Auszubildender

Aufgabe und Bedeutung Jürgen Kohlers in Leverkusen – SZ-Portrait Klaus Allofs’, Sportdirektor Werder Bremens – FR-Interview mit Christian Müller, DFL-Geschäftsführer, über die Finanzpolitik der Bundesliga-Vereine – wohin ist Dortmunds Geld gewandert? – Halbzeitverlängerung für Würstchenpause? u.v.m.

Identifikationsfigur, Mädchen für alles und Auszubildender

Ulrich Hartmann (SZ 24.1.) beschreibt Aufgabe und Bedeutung Jürgen Kohlers in Leverkusen: „Kohler hat unterschiedliche Aufgaben, von denen die markanteste ist, einfach nur Jürgen Kohler zu sein, ein berühmter Mann, der den Verein mit seinem Namen repräsentiert. 19 Jahre lang war Kohler Fußballspieler in Köln, München, Turin und Dortmund, und nun ist er seit zehn Monaten Sportdirektor in Leverkusen. Sportdirektor, das klingt vornehm und mächtig, nach einem, der die Fäden zieht und über Wohl und Wehe eines Fußballklubs entscheidet, aber so ist es nicht. Kohler ist im vergangenen Frühjahr nach Leverkusen gekommen, als dort die Hölle los war und der Verein beinahe in die Zweite Liga abgestiegen wäre. Er hat sich von einem panisch agierenden Geschäftsführer Reiner Calmund aus seinem Vertrag als Junioren-Bundestrainer herausholen lassen, sich in Leverkusen gleich vor jede Kamera gestellt und Durchhalteparolen gepredigt oder berichtet, wie er die Spieler mit ein paar Späßen wieder aufrichtet. Die vergangene Saison war bei Bayer ein apokalyptisches Durcheinander. „Ein Wellenbad der Gefühle“, sagt Kohler. Mittlerweile läuft eine neue Saison, die Spieler gehen wieder aufrecht. Bayer Leverkusen hat mit Klaus Augenthaler einen neuen Trainer und steht in der Winterpause auf dem dritten Platz der Bundesliga. Kohler braucht also vor keiner Kamera mehr zu stehen und kann sich in aller Ruhe seiner Arbeit als Sportdirektor widmen, aber er ärgert sich manchmal, dass ihn nun alle fragen, was er eigentlich so treibt den ganzen Tag. Die Fans haben ihn das bei einem Fantreffen gefragt, und Journalisten fragen ihn das bei Journalistentreffen. Im Detail mag Kohler das aber gar nicht erzählen. Er spricht kryptisch von einer Funktion als Bindeglied zwischen Mannschaft und Management oder berichtet gestenreich vom Ausloten subtiler Stimmungen innerhalb der Mannschaft, mit der er drei Mal in der Woche zusammen trainiert, oder er theoretisiert über Personalplanungen für die nächsten Jahre. Kohler ist auf der Führungsebene von Bayer 04 vieles: Identifikationsfigur, Mädchen für alles und Auszubildender. Er geht wieder in die Lehre und sagt: „Reiner Calmund ist ein guter Lehrmeister.“ Der einst kompromisslose Vorstopper lernt bei der sportlichen Konzerntochter der Bayer AG also die Kunst, ein Fußballmanager zu sein. Vorbilder findet er dort viele. Der Vorstand ist besetzt wie ein flotter Krimi mit dem mächtigen Paten Reiner Calmund, dem intellektuellen Finanzchef Wolfgang Holzhäuser, dem aufstrebenden Jungmanager Ilja Kaenzig, dem kauzigen Trainer Klaus Augenthaler und dem einflussreichen Bayer-Sportbeauftragten Meinolf Sprink.“

Eine Transferbilanz, wie sie kaum ein anderer Bundesligaklub aufweisen kann

Jörg Marwedel (SZ 23.1.) porträtiert Klaus Allofs, Sportdirektor Werder Bremens: „Damals war der SV Werder dank des Trainerneulings Thomas Schaaf gerade dem Abstieg entronnen, und Allofs, der einstige Nationalspieler und Werder-Profi, traf als Nachfolger der Manager-Ikone Willi Lemke auf all jene Skeptiker, die sich nur allzu gern beeindrucken lassen von hemdsärmeligen Machern mit kernigen Sprüchen und nicht fragen, welche Fähigkeiten jemand wirklich hat. Es klang alles so ausgewogen und vernünftig, was der Neuling zu erzählen hatte, irgendwie farblos. Es gab keine Attacken mehr auf das Bremer Lieblingsfeindbild Uli Hoeneß, keine markigen Parolen der Kategorie Klassenkampf. Und das ist noch heute so. Wenn Allofs über die Verteilungskämpfe zwischen den großen und kleinen Klubs der Bundesliga sinniert, sagt er: „Die Wahrheit heißt nicht: ,Alles für mich’, sie heißt aber auch nicht: ,Alles für die Kleinen’. Das ist im Fußball wie in der Gesellschaft.“ Solche Sätze erklären, weshalb Allofs „bestimmt kein Liebling der Boulevardpresse“ ist, wie er einräumt. Womöglich ist das auch ein Grund, weshalb man ihn so lange unterschätzt hat: dass er nicht als polternder Lobbyist durch die Lande zieht wie die schwergewichtigen und bei Bedarf populistischen Kollegen Uli Hoeneß aus München, Rudi Assauer aus Schalke oder Reiner Calmund aus Leverkusen. Oder dass er sich lange zurückgehalten hat in der großen Fußballpolitik, weil „Werder ein Verein auf der Suche war, der nicht wusste, ob er noch zu den Kleinen oder schon zu den Großen zählt“. Inzwischen ortet Allofs Werder bei den Großen und pflegt die Vision, den Klub trotz wirtschaftlicher Nachteile gegenüber Bayern oder Schalke „dauerhaft unter den ersten Drei zu etablieren (…) Dabei hat Allofs das Bremer Team bislang mit relativ wenig Geld, aber einem Näschen für günstige und gute Spieler Jahr für Jahr verstärkt. Es ging immer aufwärts, obwohl auch Torsten Frings und Frank Rost dem Ruf des Geldes folgten und Marco Bode die Karriere beendete. Für den abbauenden Spielmacher Andreas Herzog fand Allofs den ablösefreien Beinahe-Weltstar Johan Micoud, für den alten und zu teuren Abwehrchef Frank Verlaat kam Valerien Ismael, in Frings’ Mittelfeldrolle wuchs der beim HSV ausgemusterte Fabian Ernst. Unter dem Strich steht eine Transferbilanz, wie sie kaum ein anderer Bundesligaklub aufweisen kann.“

FR-Interview mit Christian Müller, DFL-Geschäftsführer, über die Finanzen der Bundesliga-Vereine

FR: Herr Müller, Sie leiten das Lizenzierungsverfahren. Da kommen bis 15. März Berge von Unterlagen bei Ihnen an, und bei den Finanzen hapert es regelmäßig. Müssten Sie nicht strenger werden, zum Beispiel, indem sie Finanzierungen über neue Kredite verbieten oder verlangen, dass über eine Saison hinaus genug Geld auf dem Konto ist?

CM: Das ist uns nicht möglich. Die Gerichte haben uns aufgezeigt, wie weit die Verbandsautonomie geht. Uns hat vor allem zu interessieren, ob die Liquidität bis zum Ende der zu lizenzierenden Saison ausreicht. Das heißt nicht unbedingt, dass der jeweilige Club Überschuss ausweisen muss. Aber er muss seine Gehälter bezahlen können, und sei es, indem er eingeräumte Kreditlinien nutzt. Wir können keinen Club dazu zwingen, dass er ein positives Ergebnis erwirtschaftet. Wir als Liga können nur sagen: Voraussetzung eines geregelten Spielbetriebes ist, dass uns kein Club mitten in der Saison abamselt, wenn ich das mal salopp ausdrücken darf.

FR: Also: Hauptsache, Geld ist da, egal woher?

CM: Ganz so ist es denn doch nicht. Nicht wenige Stimmen sagen, dass unverhältnismäßig hohe Schulden den Wettbewerb verzerren. Wir verhängen so genannte Kapitalauflagen. Denn die Eigenkapitalausstattung der Clubs ist bis auf wenige Ausnahmen nicht so komfortabel, wie es wünschenswert wäre. Deshalb sehen wir es als unsere Aufgabe an, dafür zu sorgen, dass Clubs, deren Vermögenswerte sowieso schon nicht zur Deckung ihrer Verbindlichkeiten ausreichen, diese Deckungslücke nicht noch vergrößern. Diese Clubs müssen sonst mit Sanktionen rechnen. Von Geldstrafen über Punktabzug bis zum Lizenzentzug.

FR: Durch das Lizenzierungsverfahren müsste ja eigentlich sichergestellt sein, dass zum Beispiel Borussia Dortmund bis Saisonende flüssig ist.

CM: Richtig. Borussia Dortmund hat seine Lizenz recht problemlos erhalten. Die Liquidität bis zum Saisonende ist auch in diesem Verein sichergestellt.

FR: Aber das Lizenzierungsverfahren stellt eben nicht sicher, dass die Dortmunder danach ihre Verpflichtungen auch weiterhin erfüllen können?

CM: Das tut das anlaufende Lizenzierungsverfahren. Wir führen diese Woche intensive Gespräche mit den Dortmundern, weil auch die Borussia Redebedarf angemeldet hat. Manch neuere Entwicklung muss erklärt werden.

FR: Das Lizenzierungsverfahren der DFL wird allenthalben gelobt. Die Clubs sind inzwischen mit 677 Millionen Euro verschuldet, sollte Dortmund eine Finanzanleihe aufnehmen, wären wir bei bald 800 Millionen Euro. Wie viel Sorgen muss man sich da machen?

CM: In den Medien werden diese Schulden effekthascherisch immer so dargestellt, als handele es sich um die Summe, mit der die Liga überschuldet ist. Diesen Schulden stehen erhebliche Vermögenswerte gegenüber, genau so wie bei einem Häuslebauer, wo dem Immobilienkredit der Wert des Hauses gegenübersteht.

FR: Dann sind Sie nicht beunruhigt über den Anstieg der Schulden?

CM: Nein, es gibt eine ganze Menge Clubs mit erheblichen liquiden Mitteln, Clubs auch, die Gebäude besitzen, dazu die Jugendleistungszentren und natürlich die Spielerwerte. Nehmen Sie etwa den VfB Stuttgart: Der hat ja für seine jungen Spieler keine Ablöse aktiviert, aber langfristige Verträge geschlossen. Die tauchen in der Bilanz gar nicht auf, obwohl sie einen hohen Marktwert verkörpern. Die Spieler, oder richtiger, ihre Arbeitsverträge sind stille Reserven.

FR: Schalke 04 hat 85 Millionen Euro als Anleihe aufgenommen, Fremdkapital also, das die Verschuldungssituation der Liga verschärft und das der Club 24 Jahre lang abstottern muss. Borussia Dortmund erwägt ebenfalls eine Anleihe, es heißt, zwischen 80 und 100 Millionen zum Zins von acht Prozent. Machen Sie sich Sorgen, wenn Sie diese Konstrukte beobachten?

CM: Wir beobachten das mit großem Interesse. Es gab da erheblichen Erklärungsbedarf seitens der Schalker. Aus meiner Sicht wäre es wünschenswert, dass die Liga von derartigen Entwicklungen nicht überrollt wird. Im Extremfall müsste sichergestellt sein, dass Clubs Finanzmittel, die sie sozusagen außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit einnehmen, nicht beliebig auf dem Spielermarkt ausgeben dürfen.

(…)

FR: Um es auf den Punkt zu bringen: Sie halten die Entwicklung für gefährlich?

CM: Wenn dieses Geld wirklich genommen wird, um weiter an der Gehaltsspirale zu drehen, dann ist das nicht im Interesse der Liga. Wenn mit diesem frischen Geld die Stars geholt werden, die die Attraktivität der Bundesliga in Übersee steigern, dann schon.FR: Würde es Ihnen Angst machen, wenn das Anleihen-Modell nach Beispiel Schalke Schule machte in der Bundesliga?

CM: Ich habe gerade gelesen, dass eine Reihe ausländischer Clubs, die eine ähnliche Anleihe aufgenommen haben, inzwischen insolvent sind. Anleihen sind kein Allheilmittel, sondern nur eine besondere Form von Darlehen. Sie immunisieren nicht gegen wirtschaftliche Fehlschläge.

Frank Hellmann Jan Christian Müller (FR 26.1.) befassen sich mit Dortmunder Finanzen: „Auf den schillernden Börsengang fällt Schatten: Zum einen sollen damals Gefälligkeitsgutachten verfasst worden sein, um die Aktien flugs zu verbreiten. Zum anderen betrugen die Verbindlichkeiten bereits 72 Millionen Euro. Da stand als Wert noch das Stadion gegenüber, das mittlerweile für 75 Millionen Euro veräußert ist und vom Verein teuer zurückgeleast wird. Aus Analystensicht ein perfider Deal. Denn das werthaltigste Anlagevermögen besitzt der Club nicht mehr. Als werthaltige Aktivposten hat er im Grunde nur noch seine Spieler, urteilt Hasler. Nach seinen Berechnungen werden sich die Verbindlichkeiten bei 78 Millionen Euro einpendeln, bei rasch schwindendem Eigenkapital und sinkender Bilanzsumme. Die Kalkulation geht nicht mehr auf. Weder bei den Geschäftsfeldern neben dem Fußball-Internet-Unternehmen, Reisebüro, Sportartikel-Hersteller sowie dem Besitz und Betrieb des Westfalenstadions, noch im Kerngeschäft Fußball selbst. Gewisse Geschäftspraktiken erschrecken den Fachmann. Der Vorgriff auf erwartete Erlöse von Nike zum Beispiel. Hasler: Es ist ein großes Problem, wenn der BVB Einnahmen in die Zukunft verlagert, Ausgaben aber in der Jetzt-Zeit tätigt. Das ist nicht üblich in der Wirtschaft. Oder der Flop mit der Eigenmarke goool.de. Wer sich richtig informiert, weiß, dass in der Textilbranche maximal fünf Prozent Umsatzrendite zu erwirtschaften sind. Da hat der Club massiv Geld verschenkt. Was außerdem schlecht ankommt: die Informationspolitik der Borussen-Bosse. Immer nur Dementis, Dementis – aber nie harte Fakten, was wirklich los ist, klagen nahe stehende Analysten. Noch immer sei diese GmbH Co KGaA zu viel Verein und zu wenig Unternehmen. Überdies hätten Niebaum und Manager Michael Meier versäumt, Wirtschaftsfachleute in der zweiten Reihe einzustellen. Spielern wie Sebastian Kehl 3,5 Millionen Euro Gehalt fernab des sportlichen Risikos zu garantieren, sei bar jeglicher wirtschaftlicher Vernunft. Offen wird von schwerem Missmanagement gesprochen. Hasler kommt zu dem Schluss, dass der BVB spätestens in der kommenden Saison zusätzliche Finanzierungsquellen wie die Aufnahme weiterer Bankverbindlichkeiten, die Begebung einer Zuschaueranleihe oder den Verkauf der Namensrechte am Westfalenstadion erschließen muss. Mittlerweile hat Niebaum drastische Sparmaßnahmen angekündigt, falls die Champions League erneut verpasst wird. Von einer Anleihe à la Schalke sollte der Revierrivale absehen. Von einer Anleihe halte ich nichts. Es ist nicht gutzuheißen, damit Löcher im laufenden Etat zu stopfen. Eine Anleihe ist nicht dazu da, strukturelle Defizite zu beseitigen. In Finanzkreisen gilt als fraglich, ob der Club die Bewertungen erfüllt, um mit dem Londoner Makler Stephen Schechter ins Geschäft zu kommen. Unter dem Strich steht bei der Hypovereinsbank das Urteil: Underperform – die zweitschlechteste Kategorie.“

Entkoppelung des Profifußballs vom Unterbau der Vereine

Michael Ashelm (FAS 25.1.) stellt ein neues Finanzierungsmodell vor: „Die ersten zaghaften Vorstöße werden hinter den Kulissen gewagt. Dabei handelt es sich um eine hochpolitische und höchst umstrittene Angelegenheit. Was in internen Ligazirkeln schon diskutiert wird, könnte den deutschen Vereinsfußball in Zukunft grundlegend verändern. Es geht um die Entkoppelung des Profifußballs vom Unterbau der Vereine, ganz nach dem Muster der englischen Premier League, wo Klubs wie Manchester United, FC Chelsea oder FC Liverpool schon seit vielen Jahren als völlig eigenständiges Wirtschaftsunternehmen betrachtet werden und frei gelenkt vom Markt private Partnerschaften mit Investoren eingehen können. Wir müssen unser System überdenken, sagt Wolfgang Holzhäuser, Vorstandsmitglied der DFL und Finanzchef von Bayer Leverkusen. Was dem russischen Öl-Milliardär Roman Abramowitsch auf der Fußballinsel mit dem Kauf des FC Chelsea und seiner Einflußnahme im Klub möglich ist, würde ihm bislang in Deutschland verwehrt bleiben. Denn selbst wenn in der Bundesliga schon elf Kapitalgesellschaften existieren, der Mutterverein bleibt immer Mehrheitsaktionär. Als AG (wie Bayern München) oder GmbH (Borussia Mönchengladbach) heißt das, fünfzig Prozent der Anteile plus mindestens ein weiterer Anteil bleiben dem e.V., bei der Rechtsform einer GmbH und Co. KG auf Aktien (Borussia Dortmund) hat der Verein oder eine hundertprozentige Tochter als Komplementär in der Kommanditgesellschaft das Sagen. So steht es bislang in der DFL-Satzung. Diese Regelung schreckt Kapitalgeber ab, meint Holzhäuser, auch wenn es natürlich ein berechtigtes Interesse gibt, daß der Fußball nicht von Dritten beherrscht wird. Der ambitionierte Ligamanager ist nicht der einzige Funktionär, der so denkt. Im Arbeitskreis Finanzen der DFL soll das Thema schon von einigen Vereinsvertretern ins Spiel gebracht worden sein, doch nicht alle wollen sich öffentlich dazu äußern.“

Friedenspreis des deutschen Wursthandels

Anno Hecker (FAZ 23.11.) kommentiert den Vorschlag, die Halbzeitpause zu verlängern: „Ja, wenn es um die Wurst geht, dann wirken die Herren aus den Führungsetagen des deutschen Fußballs urplötzlich so lebensweise. Natürlich steckt hinter dem deutschen Vorstoß die Hoffnung, eine Einnahmequelle gehörig auszudehnen. Allerdings ist das Rechenspiel auch ein gefundenes Fressen, um mal wieder die Gier der Fußballmacher vor Augen zu führen. Aber man muß ja nicht zu jedem cleveren Schachzug der Würstchenfabrikanten unter den Managern seinen Senf abgeben. Zumal die Idee ein Dienst am Kunden ist. Denn eines ist doch klar: Was wäre das Live-Erlebnis Fußball ohne eine gute Wurst? Auf die Idee der verlängerten Pause kann nur einer kommen, der selbst mal in der Schlange gestanden hat, gelockt von der Leckerei, gestreßt vom Wettlauf mit der Zeit zwischen Halbzeitpfiff und Wiederanpfiff: Reicht es noch? Bislang hinterläßt beinahe jeder Kampf um die Wurst in den meisten Fußballstadien Deutschlands Spuren. Während die Fans nach dem Beutefang in einer Ecke der Betonschüsseln leicht vornübergebeugt mit einer Hand den Mantel in Brusthöhe zurückhalten, um virtuos Fettspritzern zu entgehen, trocknen die Ketchup- und Senfschlieren der Kombattanten an ihren Schultern. Die betagte Soziologin Elisabeth Naumann hat in ihrer Frittenbuden-Dissertation nach einer umfassenden empirischen Studie in Berlin den Schnellimbiß als einen Ort unmittelbarer Bedürfnisbefriedigung bei minimalem Zeiteinsatz beschrieben. Dem Bundesligaalltag wird diese Definition nicht gerecht. Samstags zwischen 16.15 Uhr und 16.30 Uhr verlagert sich die Zweikampfzone des Erstligafußballs vom Rasen auf den Stellplatz vor dem Brater. Insofern gebührte dem Marketingchef von Werder Bremen als Vater des Gedankens der neuen Pausendauer eine Art Friedenspreis des deutschen Wursthandels: mehr Würste, weniger Kämpfe, allen wäre gedient.“

FR-Interview mit Manfred Müller, Marketing-Direktor Werder Bremens, über eine Verlängerung der Pause

FR: Warum wollen sie mit der Tradition brechen, dass die Halbzeitpause 15 Minuten dauert?

MM: Das wollen wir ja gar nicht. In unserem Antrag steht, dass ‚die Pause bis zu 20 Minuten dauert‘. Es muss kein Amateurverein in Sorge sein. Da bleibt es bei 15 Minuten.

FR: Da bleibt alles beim Alten?

MM: Genau. Oft wird doch in der Kreisklasse nur zehn Minuten Pause gemacht. Und wenn in Finnland die Heizung des Vereinsheims ausgefallen ist, dauert die Pause halt nur fünf Minuten. Das ist auch erlaubt.

FR: Warum braucht der Profifußball nun 20 Minuten Auszeit?

MM: Wenn ein Stadionzuschauer, sich ein Bier, eine Bratwurst kaufen und vielleicht noch auf Toilette will, hat er definitiv ein logistisches Problem. Das kann er in einer Viertelstunde nicht schaffen, weil er überall in der Schlange steht. Also geht er fünf Minuten vor der Halbzeit und kommt fünf Minuten danach – nun kommen wir ihm entgegen. Wir sind ein Dienstleister für den Zuschauer.

FR: Aber Sie verdienen damit mehr Geld.

MM: Natürlich wird der größte Umsatz in der Halbzeitpause gemacht. Als ich im vergangenen Jahr bei der Manager-Tagung der DFL den Vorschlag gemacht habe, waren alle Bundesligisten dafür. Das Catering ist eine große Einnahmequelle in den neuen Stadion, für jeden Verein kann das 200 000, 300 000 Euro in der Saison mehr bringen. Und die Halbzeitpause ist die beste Werbeplattform.

Elisabeth Schlammerl (FAS 25.1.) schreibt über eine mögliche neue Hierarchie im Bayern-Team: „Daß die Verantwortlichen des Rekordmeisters versuchen, Claudio Pizarro eine Führungsrolle zu übertragen, hat ein paar gute Gründe. Die Vorrunde hat gezeigt, daß der Weggang Giovane Elbers schwerer ins Gewicht fiel, als es den Münchnern lieb war – und vermutlich auch, als sie sich jemals vorgestellt hatten. Er sei das Herzstück gewesen, gab Hitzfeld zu. Pizarro ist Elber in vielen Dingen ähnlich, in guten wie in schlechten. Er ist ebenfalls ein lustiger Zeitgenosse, ein Spaßvogel, der gut ankommt in der ganzen Mannschaft. Als Sprecher der Südamerika-Fraktion bietet sich ohnehin nur Pizarro an, denn Ze Roberto scheint immer noch nicht ganz angekommen zu sein in München; Martin Demichelis kämpft um einen Stammplatz, und Roque Santa Cruz hält sich – zum Leidwesen von Hitzfeld – ohnehin lieber dezent und ruhig im Hintergrund. Er würde nie auf die Idee kommen, beim Trainer mehr Geltung einzufordern, wie es Pizarro in der Vorrunde einmal getan hatte.Claudio Pizarro ist aber auch so launisch, wie sich Elber bisweilen gezeigt hatte beim FC Bayern. Manchmal scheint dem Peruaner ein wenig die Ernsthaftigkeit bei der Ausübung seines Jobs abzugehen, nämlich genau dann, wenn er sich seiner Position ganz sicher ist.“

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