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Juve gegen Milan, das ewige Duell steht bevor – AS Roma pleite, aber nicht am Ende

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Juve gegen Milan, das ewige Duell steht bevor – AS Roma pleite, aber nicht am Ende

Peter Hartmann (NZZ 28.10.) beobachtete Juve und Milan, die am Samstag gegeneinander spielen werden: „Ancelotti (Milans Coach, of) ändert als Traditionalist, der von Vorbildern wie Liedholm und Sacchi geprägt ist, seine Aufstellung nur im Notfall, was ihn gelegentlich in Konflikt bringt mit seinem Arbeitgeber Silvio Berlusconi, der schon mal über das Telefonino Ratschläge auf die Trainerbank übermittelt. Aber diesmal nahm der Coach pragmatisch die sich aufdrängenden personellen Retuschen vor, brachte den Aussenverteidiger Serginho, einen Liebling Berlusconis, ersetzte die übermüdete Saisonentdeckung Kakà durch Rui Costa, griff auf den unersetzlichen Fighter Gattuso zurück und schonte den leicht verletzten Goalgetter Inzaghi – was Schewtschenko, der mit dem Lückenbüsser Tomasson besser harmoniert als mit dem Standardpartner, zu einer „Doppietta“ beflügelte. Juventus-Trainer Marcello Lippi geht mit dem Rotationsprinzip unbefangener um: Abgesehen von dem Langzeitverletzten Del Piero verzichtete er auf den Innenverteidiger Legrottaglie und im Mittelfeld auf Tacchinardi. Den 2:0-Arbeitssieg gegen Brescia leitete der blondmähnige Leitwolf Nedved mit einem Bilderbuchtor ein, einem seitlichen Fallrückzieher, doch die mutmassliche Schlüsselszene hatte sich schon nach vier Minuten ereignet: Der hamletsche Roberto Baggio, mittlerweile 36 Jahre alt und noch immer Italiens meistbewunderter Fussballer, schob wie in Trance einen Elfmeter in die Hände des Juve-Tormannes Gigi Buffon, der 12. nicht verwertete von 84 in seiner Laufbahn. Doch sofort kamen auch Erinnerungen hoch an die dramatische Szene des Jahres 1994 in Pasadena, als der Mann mit dem Rossschwanz im Final den entscheidenden Elfmeter verschoss und Brasilien zum Weltmeister machte. Stolperte der gläubige Buddhist Baggio über die Ressentiments gegen Trainer Lippi aus fünf Jahren versteckter Feindschaft bei Juventus und einem Jahr bei Inter, die der Verschlossene in seinen Memoiren preisgab? Der Penalty von Turin hatte noch einen andern Symbolwert: Der Schiedsrichter Paparesta, einer der Besten der Branche, konnte mit seinem Pfiff gegen den Verteidiger-Veteranen Ferrara, der Caracciolo zu Boden gerissen hatte, den Eindruck korrigieren, er sei Juventus-hörig. Am 5.Oktober hatte ihn der Juve-Spieler Zambrotta mit einer peinlichen Schwalbe hereingelegt und damit den 2:1-Sieg gegen Bologna provoziert. Diesmal verweigerte Paparesta (übersetzt: Bleib, Papa) den Turinern ausserdem – ausgleichende Ungerechtigkeit – ein reguläres Tor Trézéguets.“

Die gigantische Unterhaltungs- und Wählerstimmenindustrie Fußball genießt Sonderrechte

Birgit Schönau (SZ 27.10.) referiert die Schuldenlast des AS Rom: „Wenn der AS Rom ein normales Unternehmen wäre, könnte man vermutlich seine Pleite vermelden. Im Geschäftsbericht stehen 288,6 Millionen Euro Schulden einem Nettovermögen von 44,7 Millionen Euro gegenüber, davon 83,4 Mio Euro reine Steuerschulden. Seit Monaten schon werden keine Gehälter mehr ausgezahlt, laut Presseberichten schuldet der Klub seinen Spielern über 40 Millionen Euro. Bis zur Aktionärsversammlung am 24. November hat Präsident Franco Sensi eine Kapitalerhöhung über 37,5 Millionen Euro angekündigt, etwa durch den Verkauf von Anteilen am Flughafen „Leonardo da Vinci“. Reicht nicht, meinen die Bilanzprüfer. Unter ähnlichen Voraussetzungen musste vor Jahresfrist der AC Florenz Bankrott anmelden und wurde in die 4. Liga relegiert, aus der ihn jüngst ein caritativer Verbund von Politikern und Funktionären zurück in die Serie B schubste. Denn der Fußball, das hat der frühere Chef der Liga- Aufsichtskommission, Vittorio Uckmar, immer wieder festgestellt, genießt als gigantische Unterhaltungs- und Wählerstimmenindustrie Sonderrechte in Italien. Wenn es kritisch wird, greift die Regierung ein. Ein Steuergeschenk hier, eine Notverordnung da. Berlusconi hat bisher alles getan, damit der Ball weiter rollt. Und so wird aller Voraussicht nach auch der AS Rom irgendwie weiter spielen, auf dass in der Hauptstadt bloß kein Volksaufstand los bricht: Die Roma-Fans gelten als besonders heißblütig. Roma-Patron Franco Sensi, 77, haben Erdöl- und Immobiliengeschäfte zu einem der reichsten Männer Italiens gemacht. Er brachte seinen Klub an die Börse – und managt ihn weiterhin wie eine Familientrattoria. Töchter, Schwägerin, Schwiegersohn, alle mischen mit, und wer gegen den rustikalen Padre Padrone aufmuckt, fliegt raus. Der bullige Senior hat sich in den vergangenen Jahren mit den Strippenziehern des calcio in Turin und Mailand angelegt. Derart laut polterte Sensi, dass ihm Juve-General Luciano Moggi und Liga-Chef Adriano Galliani schon mehrfach mit Klage drohten. Die Tifosi feierten ihn deshalb als Held, aber Sensi ist in letzter Zeit auffallend kleinlaut: Der von ihm ebenfalls geschmähte Verbandschef Franco Carraro sitzt im Aufsichtsrat des Bankenverbundes Capitalia, der schon dem Lokalrivalen Lazio in höchster Not das Überleben gesichert hat – nicht aber dem geschassten Klubpräsidenten Sergio Cragnotti (…) Ein Blick auf die Einzelposten zeigt, mit welcher Arroganz Italiens Fußballbosse ihre Lieferanten und Geschäftspartner behandeln. Da wartet ein Hotelier auf 140 000 Euro, der Lieferant der Kickerschuhe auf 8000 Euro, eine Klinik auf 13 000 Euro für eine Operation. Sensi hat weder den Zauberkünstler bezahlt, der das Weihnachtsfest für die Kinder seiner Fußballer gestaltete (300 Euro) noch den Besitzer einer Kaffeebar, der 7,48 Euro für Cappuccino und Panino einfordert. Vor diesem Katastrophenszenario spielt die Roma tatsächlich Fußball, auf dem Platz gilt: Angriff ist die beste Verteidigung. Die von Francesco Totti geführte Mannschaft verzaubert mit elegantem Offensivfußball die Kritiker, die die beiden Jungstars Antonio Cassano, 21, und Daniele De Rossi, 20, schon als größte Talente der Serie A handeln. Besser spielen für weniger Geld, das haben die Kicker bislang klaglos geschluckt. Nur der Franzose Olivier Dacourt, 29, wagte öffentlichen Protest. Der Klub fürchtet den Aufstand der Spieler: Wenn diese ihre Verträge wegen nicht überwiesener Gehälter für nichtig erklärten, könnte keine Hilfe von oben die Roma retten. ”

Trainerentlassungen en masse in der brasilianischen Liga NZZ

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