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Marco Bode beendet Karriere – Krise in Kaiserslautern

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Marco Bode beendet Karriere – Krise in Kaiserslautern

Bremen siegt im Nordderby – Marco Bode beendet Karriere – Krise in Kaiserslautern – Auslandsfußball am Dienstag

Werder Bremen – Hamburger SV 2:1

Nach dem Nordderby bemerkt Dirk Susen (SZ 20.8.). „Nun stehen beide Mannschaften mit drei Punkten im Mittelfeld der Tabelle, und da gehören sie vorerst wohl auch hin. Die Hamburger, weil sie vor allem in punkto Torgefährlichkeit wenig zu bieten haben – die Bremer, weil die personelle Neuorientierung nach den Weggängen von Frings, Bode und Rost noch längst nicht abgeschlossen ist (…) Anzumerken ist schließlich noch, dass sich das neue Weserstadion am Sonntag erstmals den Bremern vorstellte. Das Spielfeld ist fast zwei Meter abgesenkt worden, nur so war es möglich, auf die für eine WM-Bewerbung erforderliche Kapazität von 40.000 Sitzplätzen zu kommen. Mit der WM wird es bekanntlich nichts, und auch die 40.000 Plätze standen gegen den HSV nicht zur Verfügung, weil die neuen Tribünenreihen noch nicht installiert waren. Sie wurden allerdings auch nicht vermisst, nur 32.000 wollten das Nordderby sehen. Die Bremer Kritiker, die den 25 Millionen-Ausbau für überflüssig halten, durften sich bestätigt fühlen.“

Aus der Bundesliga

Evi Simeoni (FAZ 20.8.) schreibt. „Es ist nicht zu ändern: Effenberg appelliert an das Schlechte im Menschen, an Missgunst und Schadenfreude. Kommt dagegen der freundliche Marco Bode ins Spiel, entspannen sich die Fußballfans wieder. Der ist 33 und hört nun wirklich auf. Bode spielte 14 Jahre lang bei Werder Bremen, er war überhaupt in der Bundesliga für keinen anderen Verein am Ball. Als er einmal nach dem Grund für seine Treue gefragt wurde, sagte er schlicht: “Ich bin vom Typ her kein Wandervogel.” Verschiedene Leute haben den Offensivspieler gebeten, doch noch ein Weilchen in der Bundesliga zu bleiben. Nach der wundersamen Fußball-Weltmeisterschaft in Asien, wo er noch einmal die Freuden seines Berufs auskosten konnte, wurde er dann sogar ein wenig schwankend. Aber eigentlich fand er, dass er kaum einen besseren Moment zum Abschied finden könnte. So muss man es wohl machen, wenn man will, dass die Leute einen vermissen.”

Zur Situation in Kaiserslautern meint Jan Christian Müller (FR 20.8.). „Der von der täglich mächtiger werdenden Opposition geforderte Umbruch wird stattfinden. Es bleibt mit Spannung abzuwarten, wer über die Neueinstellungen bestimmen wird. Einer wie der mächtige Ex-Profi Friedrich ist trotz seiner sich häufenden Fehler in Personalpolitik und Außendarstellung nicht so leicht zu ersetzen, wie sich manch einer der Gegner dies vielleicht vorstellt.“

Zur Absage Eugen Strigels an das ZDF lesen wir von Thomas Klemm (FAS 18.8.). „Keine Frage, die Unparteiischen haben es schwer: Nach den öffentlichen Auseinandersetzungen um Abseits, Simulieren und Fersehurteilen, zuletzt bei der Weltmeisterschaft in Japan und Südkorea, sind sie zunehmend dünnhäutiger geworden. Doch musste es ihnen nach den vielen Vorurteilen und Urteilen, die mitunter weniger vom Kopf her als aus dem Bauch heraus gefällt wurden und, je nach Stammtisch, zu verschiedenen Ergebnissen führten, nicht um mehr Sachlichkeit in der Auseinandersetzung gelegen sein? Der soignierte Herr Strigel stand Woche für Woche für Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit und Fairness. Doch Aufklärer haben es schwer, das weiß man nicht erst, seit Oswalt Kolle seine sexualpädagogischen Werke unter das Volk brachte und bei einigen Interessensgruppen aneckte. Eine Rolle wie Kolle hätte Strigel ansatzweise einnehmen können im Fernsehfußball, der in den vergangenen Jahren mit sogenannten Experten geradezu überschwemmt wurde. Doch in der Konsensgesellschaft goutiert man mehr die erste Bürgerpflicht, die Ruhe heißt, als die Auseinandersetzung.“

Martin Hägele (NZZ 20.8.) über den Tabellenführer. „Aus dem Traumstart (3:1 in Nürnberg, 5:0 gegen Cottbus) leitet die Mannschaft nun keinerlei neue Visionen ab. Allerdings fehlt es weder den Professionals noch ihrem Anführer Neururer an einem gesunden Selbstbewusstsein. Das Wort Abstieg ist in Bochum tabu. Neururer siedelt das Saisonziel zwischen Platz 15 und Platz 8 an. Wie es derzeit aussieht, könnte das Team eher im vorderen Teil der Prognosen landen, denn ihre Art, Fußball zu spielen, sieht auch nach Spaß und Begeisterung aus.“

Auslandsfußball am Dienstag

Zum Fall Roy Keane heißt es bei Thomas Dahlhaus (FAZ 19.8.). „Nach dem dritten Auszug fällt es nun selbst Ferguson schwer, seinen Kapitän in Schutz zu nehmen. Denn darin bricht Keane mit einem Tabu und räumt offen ein, einen Gegenspieler vorsätzlich verletzt zu haben. Sein Foul an dem Norweger Alf Inge Haaland vom Ortsrivalen Manchester City im April vergangenen Jahres sei ein gezielter Vergeltungsakt gewesen, heißt es in den Vorabauszügen aus Keanes Biographie. Haaland, der nach mehreren Knieoperationen kaum noch zum Einsatz gekommen ist und möglicherweise vor seinem Karriereende steht, hat nun gemeinsam mit seinem Arbeitgeber Manchester City eine Schadensersatzklage gegen Keane und Manchester United erhoben. Keanes Ghostwriter Eamon Dunphy versucht zwar inzwischen seinen Klienten zu schützen, indem er auf die „dichterische Freiheit“ verweist und davor warnt, jedes vermeintliche Zitat wörtlich zu nehmen. Für viele ist Keane jedoch zu weit gegangen und hat ein ungeschriebenes Gesetz im Fußball gebrochen. Der englische Fußballverband will bis zur Veröffentlichung des vollen Wortlautes warten, erwägt jedoch ebenfalls rechtliche Schritte gegen Keane. Eine gute Auflage für die „Memoiren“ des Mittelfeldstars scheint gewiss, weiterer Ärger für ihn persönlich wie für seinen Verein allerdings auch.“

„Evertons Jubeljahre liegen weit zurück“, weiß Martin Pütter (NZZ 20.8.) und berichtet, „dass es sich um einen einstigen Giganten handelt, der den Anschluss verpasst hat, der von der Vergangenheit lebt und vor sich hin schlummert (…) Seit dem letzten Triumph (FA-Cup 1995) erlebte Everton ein ständiges Auf und Ab – dabei wäre das Potenzial für einen kompetitiven Großklub in der Premiership vorhanden. Allerdings hat Everton nicht ganz aus eigenem Verschulden den Anschluss verpasst. Als die Toffees (Caramel- Bonbons, verpackt in hellblauem Papier, die Farbe von Evertons Trikots) 1985 Europacup-Sieger wurden, standen sie kurz vor der Dominanz im nationalen wie im internationalen Fußball und schienen dem lange dominierenden Stadtrivalen Liverpool den Rang abzulaufen. Doch diesem durchaus möglichen Aufschwung setzte der Europacup-Bann gegen englische Klubs nach der Tragödie im Brüsseler Heysel-Stadion ein abruptes Ende.“

Der amerikanische Historiker John Efron (SZ 17./18.8.) analysiert in einem sehr lesenswerten Artikel die gemischt Identität der Fans von Tottenham Hotspur. „Es gibt andere Aspekte der Fußball-Fankultur, die meist übersehen werden. Eine ungewöhnliche Ausformung findet sich unter den Anhängern von Tottenham Hotspur, einem großen Verein aus dem Norden Londons. Gegründet im Jahr 1882, hat Tottenham eine große jüdische Anhängerschaft. In den siebziger Jahren übernahmen Tottenhams nichtjüdische Fans den Begriff „Yids“ (und Varianten wie „Yiddo“ und „Yid Army“) als Bezeichnung für sich selbst. Hier erklären also Insider, in diesem Fall Engländer, am ureigensten Ort der Arbeiterklasse, dem Fußballstadion, ihren Outsider-Status als verhasste „Yids“. Nichtjüdische Fans würden sonst nie behaupten, sie seien Juden. Aber in einem Akt parodistischer Mimikry geben sie am Spieltag bis zu einem gewissen Grad vor, sie seien welche (…) Alle Fußball-Fans verstehen ihre Clubzugehörigkeit als eine Art Berufung. Aber im Fall von Tottenham erlaubt sie die Festigung einer pseudo-jüdischen Identität, durch die der „Yid“ und sein Verein eine Art biblischen Bund eingehen. Dieses Phänomen untermauert die These, der zufolge Identitätsgrenzen porös sind. Sie nährt die Vorstellung von der kontingenten Natur der Identität von Gruppen und Individuen, wenn auch nur auf der Ebene von Pantomime und Parodie. Die Übernahme der Bezeichnung „Yid“ durch Tottenhams nichtjüdische Anhänger verdankt sich zu einem Gutteil dem selbstverachtenden Zug, der dem britischen Humor eignet – es ist eine Feier des Absurden. Nichts illustriert dies besser als der Song, den die Tottenham- Fans ihrem Helden Jürgen Klinsmann widmeten: „Chim chiminee, chim chiminee,/ Chim Chim churoo./Jürgen was a German / But now he’s a Jew!“”

Anlässlich des Saisonstarts in den Niederlanden wirft Bertram Job (NZZ 20.8.) ein. „Ein bisschen lockerer soll es hier zugehen, pflegt der Fremde Holland ganz allgemein einzuschätzen – und speziell auch, wenn es um Fußball geht. Das weitverbreitete Klischee einer Liga, in der die Resultate nicht ganz so wichtig sind wie anderswo, haftet der Eredivisie bis heute im Ausland an. Demnach ist der Holländer als solcher ein etwas weltferner Ästhet – Hauptsache, es wird mit drei Spitzen und möglichst „aanvallend“, also nach vorne gespielt. Im wirklichen Leben jedoch hat sich die holländische Eliteliga, die am vergangenen Wochenende ihren Spielbetrieb aufgenommen hat, von der Gemütlichkeit verabschiedet. 8 der 18 Vereine haben in der Zwischensaison einen neuen „Hoofdtrainer“ verpflichtet, um ehrgeizige Ambitionen umzusetzen (…) Die kurzfristigen Manöver um die Übungsleiter verdeutlichen die eigenartige, Holland-spezifische Erwartungshaltung. Fast überall rechnen sich die Klubs zwischen den „Top Drie“ (Ajax, PSV und Feyenoord) und dem Tabellenende Chancen aus, einen der lukrativen Plätze der Subtopper einzunehmen.“

Javier Cáceres (SZ 17./18.8.) bemerkt zur Entscheidung des argentinischen Fußballverbands, den Vertrag mit Nationaltrainer Bielsa zu verlängern. „Trotz des WM-Debakels hat sich die Kritik an Bielsa in Grenzen gehalten. Das Fiasko wurde vor allem als Schicksalsschlag gewertet und dem Trainer nur rudimentär angelastet. Ein einziges Mitglied der AFA-Exekutive, Armando Capriotti, votierte gegen Bielsa („eine zu große Belohnung für ein derart umfassendes Scheitern“). Bemerkenswert war aber auch, dass die argentinische Öffentlichkeit ein famoses Erinnerungsvermögen zeigte: Dass Argentinien mit Bielsa die beste WM-Qualifikation der letzten 30 Jahre spielte, wurde nicht vergessen. Wegen seines sondersamen Seitenlinien- Gebarens wird Bielsa zwar el loco, der Verrückte, genannt. Doch er ist bei Fans und Spielern beliebt, wegen seiner Seriosität und Gradlinigkeit. Dass solche Charakterzüge auffallen, sagt einiges über den Zustand des argentinischen Fußballs aus.“

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