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Name-Dropping-Sucht

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Name-Dropping-Sucht

Angesichts der Verpflichtung Kohlers blickt Christoph Biermann (SZ 28.3.) zurück in die Leverkusener Vereinsgeschichte. „Neulich beklagte sich Meinolf Sprink, der Sportbeauftragte der Bayer AG, dass die Berichterstatter unter einem „Name-Dropping-Trauma“ leiden würden. Denn ständig schwirrten die Namen von Kandidaten für eine eventuelle Neubesetzung des Trainerpostens oder die Bestallung eines Sportdirektors herum. Dieses Trauma mag es geben, es spiegelt aber nur die „Name-Dropping-Sucht“ des Vereins wider. Die reicht lange zurück, wenn man sich an die Verpflichtung von Rinus Michels erinnert, der 1988 als Trainer des niederländischen Europameisters nach Leverkusen kam. Später sollte Dragoslav Stepanovic seine berühmt gewordene „Zirkusluft“ über die Chemieausdünstungen legen. Mit Bernd Schuster wurde ein Weltstar heim ins Bergische Land und Glamour zu Bayer geholt. Schließlich kam Rudi Völler als populärster Spieler, den Deutschland nach Uwe Seeler hatte. Dafür gab es sportliche Gründe, auch wenn es nicht immer klappte. Bis heute aber hat das mit dem tief verwurzelten Gefühl zu tun, nicht recht akzeptiert zu sein. Gerne schmückt sich Bayer mit den Großen des Fußballs, was wie eine Kompensation für den latenten Vorwurf wirkt, kein richtiger Verein, sondern eine kickende Werbemaßnahme zu sein. Dem wird mit der Erfindung immer neuer Teammanager, Kompetenzteams oder Schnittstellenleiter begegnet, die eine Aura von Hyperprofessionalität schaffen sollen. Um diese wiederum Fan-kompatibel zu machen, müssen bei der Besetzung Namen her.“

Von den schönen Seiten des Berufs

Richard Leipold (Tsp 28.3.) beschreibt Wilmots´ ersten Arbeitstag als Trainer. „Anders als in anderen Krisengebieten des Fußballs ist auf Schalke in diesen Tagen nicht nur vom Ernst der Lage und von Disziplin und Ordnung die Rede, sondern auch von den schönen Seiten des Berufs. Bevor Wilmots die Details in Angriff nimmt, will er seinen früheren Kollegen den Spaß an Arbeit, Sport und Spiel zurückgeben. Der Teamchef läßt aufs Tor schießen, aus allen Lagen; nach einer Weile befreit er die Torhüter vorübergehend vom Dienst, damit die Feldspieler noch häufiger treffen. Selbst Frank Rost, von Beruf Torwart, gibt sich unter diesen Umständen mit einem Teilzeitjob zufrieden. Zuzuschauen, wie die Kollegen auf das leere Tor schießen, scheint ihm immer noch mehr Freude zu bereiten, als unter Neubarth zu trainieren. Als der Übungsleiter, der bei den meisten Spielern unbeliebt war, noch für die Mannschaft verantwortlich zeichnete, hatte Rost dessen Autorität mit einem letztlich folgenschweren Satz untergraben. Seit du hier bist, macht mir Fußball keinen Spaß mehr. Neubarths Entlassung kommentiert Rost auch am Tag danach kühl. Diese Entscheidung ist im Sinne des Vereins. Was soll er auch anderes sagen, wo doch immer deutlicher wird, daß die Spieler bei dem Personalwechsel zu den treibenden Kräften gehört haben?“

siehe auch:

Experiment mit dem hanseatischen Kopfmenschen gescheitert

Spannung abseits der Meisterschaftsfrage

Gewinnspiel für Experten

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