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Frankfurt, klein und grau, ärgert sich über Benachteiligung

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Frankfurt, klein und grau, ärgert sich über Benachteiligung

SC Freiburg – Eintracht Frankfurt 1:0

Ich kann den Ärger verstehen

Ingo Durstewitz (FR 25.11.) ärgert sich mit den Frankfurtern: “Es gibt ein paar Stereotype über den Fußballlehrer Volker Finke, die dem Pädagogen Volker Finke zum Halse raushängen: Querdenker, Freigeist, Öko-Rebell oder, ganz schlimm, der etwas andere Trainer. Beschreibungen, die schrecklich ausgelutscht sind, längst ist Finke, seit 13 Jahren in der schnuckeligen Stadt an der Dreisam und beim SC daheim, angepasst, nicht stromlinienförmig oder aalglatt, aber angepasst. Eines aber hat er sich bewahrt: die phrasenschweinfreien Sätze mit Subjekt, Objekt, Prädikat. Nach dem 1:0 gegen Eintracht Frankfurt hat der Oberstudienrat, 55, gesagt: Wir hatten einfach nur Glück. Nachsatz: Ich gehe jetzt aber nicht in die Kirche und zünde eine Kerze an. Er weiß, er hätte es besser tun soll, denn noch einmal werden die Breisgauer nicht so viel Dusel haben, ein Fußballspiel, das sie hätten verlieren müssen, zu gewinnen. Bei Eintracht-Trainer Willi Reimann ist der Ärger über die krassen Fehlentscheidungen von Schiedsrichter Lutz Michael Fröhlich, der die Frankfurter gleich in fünf (!) spielentscheidenden Situationen benachteiligte, auch einen Tag später noch nicht verflogen, er redet nach wie vor einer Konspiration das Wort. Auch die Fans mochten sich nicht beruhigen, sie denken ernsthaft über Aktionen (Frankfurt wehrt sich) nach. Andere rudern zurück. Vorstandssprecher Heiko Beeck etwa: Wir sollten es dabei belassen, sonst kann der Schuss nach hinten losgehen. Auch Andreas Möller mahnt: Wir sollten aufhören zu lamentieren. Alles am Schiedsrichter festzumachen, ist zu billig. Der Gescholtene selbst zeigt sich weitgehend uneinsichtig, nur bei Bajramovics Handspiel hätte ich Elfmeter geben müssen. Fröhlich zeigte Mitleid mit den sich schändlich betrogen fühlenden Verlierern: Ich kann den Ärger verstehen. Aber wir haben die Anordnung, nur das zu pfeifen, was wir sehen. Das war offenbar nicht viel.“

Jan Christian Müller (FR 25.11.) hält Schiedsrichtergunst für eine Frage von Macht und Einfluss: “Es gibt angenehmere Dinge, als in einem rappelvollen Fußballstadion mit der Pfeife im Mund offensichtliche Fehlentscheidungen zu treffen. Insoweit gebührt dem erfahrenen Referee Lutz Michael Fröhlich Mitgefühl. Aber der Berliner hat auch Glück: er hat lediglich im überregional unbedeutenden Fußballspiel SC Freiburg gegen Eintracht Frankfurt ein paar Mal daneben gelegen, nicht etwa, wie vor einem Jahr der junge Kollege Michael Weiner beim Giganten-Treff Bayern gegen Dortmund, als Elber dem BVB-Torwart Jens Lehmann mit Vollspann gegen den Kopf trat, aber dafür nicht belangt wurde, ehe Lehmann wegen Lamentierens und Verlassens des Strafraumes vom Feld geschickt wurde. Hinterher gab es eine wahre Hexenjagd auf den Unparteiischen, die sicher nicht zu den Glanztaten des deutschen Sportjournalismus‘ gehörte. Dass Fröhlich so pfiff wie er pfiff und hinterher bei der Fehleranalyse auch auffällig wenig Einsicht zeigte, ist sicherlich nicht mit einer absichtlichen Böswilligkeit oder tiefen Abneigung gegenüber den Hessen zu erklären, eher mit Psychologie. Wie von Fröhlich wurde die mausgraue Frankfurter Eintracht bereits zuvor viermal zuvor von dessen Kollegen Jörg Keßler, Peter Gagelmann, Uwe Kemmling und Florian Meyer benachteiligt. Die Parallele zur ebenfalls unbedeutenden Bielefelder Arminia, die sich zu Beginn der vergangenen Saison völlig zu Recht über sieben gravierende Fehlentscheidungen binnen weniger Wochen beschwerte, ist offenkundig. Und der Verdacht drängt sich auf, dass die subjektive Wahrnehmung eines vermeintlich Unparteiischen beeinflusst ist dadurch, wie viel Respekt sich ein Club und seine Spieler erarbeitet haben. Da hat die Eintracht noch eine ganze Menge Nachholbedarf.“

1. FC Kaiserslautern – Hertha BSC Berlin 4:2

Die Reparaturen am lädierten Selbstbewusstsein verlangen viel Geduld

Martin Hägele (SZ 25.11.) führt den Sieg Kaiserslauterns auf die Schwäche Berlins zurück: „Hoeneß und Stevens hatten recht, dass sie auf der Tölpeleien der verantwortlichen Profis und ihren hervorgehobenen Status verwiesen: Kiraly, ungarischer Nationalkeeper; Simunic, Abwehrchef des EM-Teilnehmers Kroatien; der deutsche Nationalspieler Friedrich; und nicht zu vergessen der brasilianische Weltmeister Luizao, der allein vor Torwart Wiese auftauchte und den Treffer zum 1:3 verpasste, der Hertha wohl unweigerlich zum Sieger befördert hätte. „Und wir stünden jetzt auf Platz 13 der Tabelle, mit Kontakt zum Neunten“, träumte Hoeneß. Ohne Konjunktiv befindet sich der selbsternannte Champions League-Kandidat als Fünfzehnter nur noch einen Zähler entfernt von der Abstiegszone. Für den Rest der Saison geht es allein um das neu formierte Ziel „gesichertes Mittelfeld“. Die Reparaturarbeiten am lädierten Selbstbewusstsein der Mannschaft verlangen viel Geduld. Denn nicht den Rafael, 19, Madlung und Mladenov, beide 21, fehlt die psychische Stabilität. Es geht um die Qualität der Routiniers, und den Zusammenhang zwischen Konzentration und Klasse – weshalb sich Hoeneß und Stevens die Frage gefallen lassen, ob sie sich nicht bei einem großen Teil ihres Kaders vertan haben. Unter diesen Vorbehalten lässt sich auch der Kaiserslauterer Erfolg schwer einordnen. Der Betzenberg ist zwar berühmt geworden für seine eigenen Gesetzmäßigkeiten und Wunder; doch das jüngste Mirakel haben mehr die arglosen Hertha-Profis als der Glaube der FCK-Kicker ans eigene Können möglich gemacht.“

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