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Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Themen

Themen: “Fußball in Mannheim – gestrichen!” (FAZ) – zurück zur guten alten SportschauFC Bayern verbietet drei Fanclubs – SZ-Interview mit Rummenigge

„Fußball in Mannheim – gestrichen! Waldhof hat es in die Oberliga verschlagen, der VfR spielt in der Kreisliga“, vermeldet Michael Ashelm (FAZ 3.7.). „Wie an vielen anderen Fußball-Standorten im Lande war man bei Waldhof dem Größenwahn verfallen. Falsche Leute am falschen Platz, keine Kontrolle über die Geldströme. Man hat hier geaast, sagt Regelein. Allein zwanzig Millionen Euro, so Regelein, seien unter dem ehemaligen Präsidenten Wilfried Gaul verwirtschaftet worden. Eine schöne Summe, mit der man viel hätte anfangen können. Doch die Euros landeten in den Taschen von Beratern und Spielern aus ganz Europa, die sich im Vorbeigehen bedienten. Bald 110 Profis holte Trainer Uwe Rapolder in viereinhalb Jahren in die Mannschaft, ein trauriger Rekord. Der glücklose Fußball-Lehrer wurde Ende 2001 entlassen, Gaul zwischenzeitlich wegen Beihilfe zur Untreue in einem Finanzskandal auf Bewährung verurteilt. Die schönen Erinnerungen, als ein Klaus Schlappner mit einer Mannschaft voller Talente in die Bundesliga aufstieg und dort für Furore sorgte, sind verblaßt.. Das war genau vor zwanzig Jahren. Da gab es noch das solide Fundament mit guter Jugendarbeit ohne Verrücktheiten, sagt Gaudino, heute 36 Jahre alt. Später verpaßte der Verein dreimal nur knapp den Wiederaufstieg, mit Trainern wie Klaus Toppmöller oder Uli Stielike. Aber schon der Ausflug in die Regionalliga (von 1997 bis 1999) deutete an, wo die Reise am Ende hingeht. Ganz nach unten. Vielleicht wäre wenigstens ein wenig Mannheimer Tradition im Berufsfußball zu retten gewesen, hätte man sich mit dem Lokalrivalen VfR über eine Fusion geeinigt. Doch die Mannheimer Armenhochzeit platzte im Winter, Fans und Funktionäre zerstritten sich über den neuen Namen, obwohl mit dem Energiedienstleister MVV Energie ein großer Geldgeber für den Neubeginn parat stand. So kicken die Waldhöfer nun in der Oberliga, wenigstens noch besser als der ebenfalls traditionsreiche VfR. Den deutschen Meister von 1949 und Regionalliga-Neunten des vergangenen Jahres hat es ganz heruntergerissen, bis in die Kreisliga. Gehobener Fußball wird in der Region nun woanders gespielt, in den Dörfern drum herum. In Hoffenheim (Regionalliga) mit dem Geld des SAP-Gründers Dietmar Hopp oder im ambitionierten Wald-Michelbach (Oberliga), wo es Gaudino als Managernovize hinverschlagen hat. Die Stadt Mannheim hat auf ihrer Internetseite unter der Rubrik Sportpower made in Mannheim den Fußball schon gestrichen. Selbst die Hoffnung fehlt.“

Das Dilemma der ganzen privaten Ranschmeiße

Im Feuilleton interpretiert Harry Nutt (FR 2.7.) die Rückkehr zur Sportschau. “Das Standbein des Retro ist die Ökonomie, das Spielbein seine Nähe zum Mythischen. Es geht immer um ein nostalgisches Spiel mit dem Eigentlichen. In diesem Sinne hat die Sportschau als Beispiel der gegenwärtigen Konjunktur von Deja-vu-Effekten ihre Stellung als Kultartikel überhaupt erst als Retro-Produkt gewonnen. Fernsehgeschichtlich war es das Aktuelle Sportstudio, das aus dem im Sport unverzeihlichen Zuspätkommen Anerkennungskapital zu schlagen vermochte. Wer nach 22 Uhr noch dabei ist, kennt alle Ergebnisse und erfreut sich am kindlichen Noch mal, das eine anthropologische Konstante im Umgang mit dem Mythos ist. Die Sportschau hingegen war stets ein biederes Produkt. Irgendwie dabei, aber trotzdem knapp danach. Aus dem Geist eines soliden Nachrichtenjournalismus hervor gegangen, ist sie nie im Zeitalter des Glamour angekommen. Heribert Fassbenders berühmte Einleitungsfloskel blieb mit seinem Gruß an die neighbourhood, die in der Poptheorie eine nicht ganz unbedeutende Rolle spielt, ganz dem Lokalfunk verpflichtet. Dass der Bundesliga-Fußball nun in die Sportschau zurück kehrt, mag mit der Erosion der New Economy im Ganzen und den Entwertungsprozessen in den Medien im Besonderen zu tun haben, kulturell bedeutet es eine Rückkehr zum Prinzipiellen. Die Wiederkehr des Sportschau-Fußballs erscheint als verspäteter Triumph eines knorrigen Beharrungsvermögens. Mental ist der Fußball stets ein Sportschau-Produkt geblieben. Darin bestand ja das Dilemma der ganzen privaten Ranschmeiße.“

SZ-Interview mit Karl-Heinz Rummenigge

300 Leute stehen vor den Scherben ihres Lebensinhalts

Aus der SZ (4.7.) erfährt man von harten Münchner Maßnahmen gegenüber drei Fanclubs. „Am 14. Juni erhielt Felix Redetzki Post von seinem Lieblingsverein: „Aufgrund gewisser Vorkommnisse in der Vergangenheit hat der Vorstand der FC Bayern München AG entschieden, Ihnen ab der neuen Saison keine Jahreskarte mehr zuzuteilen.“ Das gleiche Schreiben hatte der FC Bayern an mindestens 200 weitere Anhänger verschickt. Als Redetzki beim Fanbeauftragten Raimond Aumann nachfragte, was mit der Formulierung gemeint sei, teilte ihm Aumann mit: „Sie sind ab sofort nicht mehr Fanclub beim FC Bayern.“ Eine Stunde später standen Redetzkis Red Sharks nicht mehr unter den momentan 2004 offiziellen Fanklubs auf der Bayern-Homepage. In einer Pressemitteilung gab der FCBayern am Donnerstag bekannt, dass der Verein außerdem den Club Nr.12 und die Mitglieder der Gruppierung Schickeria ausgeschlossen hat. Die Maßnahme erfolge in Übereinstimmung mit der Münchner Polizei. Grund für das Vorgehen sei unter anderem „mehrmaliges vereinsschädigendes Verhalten, mehrfache Sachbeschädigung (u.a. gegen den eigenen Mannschaftsbus), massive Drohungen gegen andere Fanklubs und Verantwortliche des FC Bayern“. Gregor Weinreich, der Vorsitzende des Club Nr. 12, beklagt Sippenhaft: „300 Leute stehen vor den Scherben ihres Lebensinhalts.“ Als Auslöser für die Maßnahme des Vereins werden Vorfälle bei der Meisterfeier auf der Leopoldstraße genannt. Die Mitglieder der Red Sharks und des Club Nr. 12 hätten eine Sitzblockade veranstaltet, damit der Autokorso nicht über die Leopoldstraße fahren konnte. Diese Information stammt von der Münchner Polizei, Redetzki schildert den Vorfall so: „Wir haben lediglich in der Hocke Humba, Humba gerufen, um anschließend aufzuspringen und zu singen.“ Dieses Ritual sei in Fankreisen üblich, es habe nur einige Minuten gedauert. Der Autokorso sei noch nicht in Sichtweite gewesen. Die Polizei interpretierte das Verhalten anders (…) Weinreich vermutet einen anderen Grund hinter dem Vorgehen. Der Club Nr. 12 hatte als inoffizielle Dachorganisation verschiedener Fanklubs immer wieder versucht, Einfluss auf die Klubpolitik zu nehmen. Beispielsweise hatte er einen 20 Seiten starken Entwurf für eine andere Verteilung der Auswärtstickets verfasst. Und die Mitglieder der Red Sharks wehrten sich gegen Marketing-Maßnahmen.“

Gewinnspiel für Experten

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