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Ballschrank

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Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Themen

Themen: die wirtschaftlichen und menschlichen Folgen und Ursachen eines möglichen Wechsel David Beckhams ins Ausland – Menschenhandel in der Bundesliga – 1. FFC Frankfurt erneut Deutscher Frauenmeister – Querelen bei der Eintracht – rätselhatfe Krankheitsfälle in Italien

Im Rahmen der Transferspekulationen um Manchesters Star Beckham analysiert Ronald Reng (FR 14.6.) das inzwischen gestörte Verhältnis zwischen Spieler und Trainer. “David Beckham und Alex Ferguson hatten schon immer alle Voraussetzungen, um sich aufs Bitterste zu verkrachen. Sie mochten sich mehr, als Trainer und Spieler sich gewöhnlich schätzen. Ohne ihn wäre ich niemals, was ich bin, sagte Beckham. David ist ein liebenswerter Sohn, ich denke oft an seine Eltern und was sie alles für ihn taten, schrieb Ferguson in seiner Autobiographie. Mit 15 war Beckham auf Wunsch von Manchester Uniteds Trainer Ferguson allein aus London in den Nordwesten gezogen, um in Uniteds Fußballakademie zu lernen. Mit 18 gab ihm Ferguson sein Debüt im Profifußball. Der Rest ist Geschichte. Die Entfremdung zwischen Ferguson und Beckham ist der Kern der Trennung. Als Madrids Sportdirektor Jorge Valdano Ende März Reals Interesse an Beckham öffentlich machte, war der Mittelfeldspieler geehrt, sich aber sicher, dass er bei United bleiben würde, dessen Trikot er schon als Zehnjähriger getragen hatte, wenn er in London zum Kindertraining bei Tottenham Hotspur ging. Ferguson dachte nicht daran, eine seiner Schlüsselfiguren zu verlieren, und für Uniteds Vorstand schien es undenkbar, einen Fußballer, der alleine mehr Werbung und Aufmerksamkeit garantiert als die meisten Teams zusammen, an den größten internationalen Konkurrenten abzugeben. Doch seitdem verging kein Tag, an dem nicht in den Medien über einen möglichen Wechsel Beckhams spekuliert wird, und dabei entwickelte der Prozess eine solche Eigendynamik, dass Beckham, Ferguson und United nun wohl kriegen, was keiner wollte: die Scheidung (…)In ihrer Sturheit sind die beiden sich sehr ähnlich, so unterschiedlich sie in ihrer Lebensauffassung auch sein mögen. Ferguson hält mit 62 noch immer die Werte für die wichtigsten, die man ihm als Werkzeugmacher in den fünfziger Jahren in Glasgow lehrte: Hart sein, diszipliniert arbeiten. Beckham lebt nach denselben Werten, doch in einer modernen Version. Sein Faible für ausgefallene Kleidung und wechselnde Frisuren, seine Frau, Popsängerin Victoria, sein Spaß daran, Star zu sein, war Ferguson von jeher verdächtig. Es war der klassische Generationenkonflikt. Oft stauchte der Trainer Beckham zusammen, je älter er wurde, desto schwerer fiel es dem heute 28-Jährigen, die Schreierei zu ertragen.“

Wie lange behält der Mensch Beckham die Kontrolle in dieser Traumwelt?

Michael Ashelm (FAS 15.6.) referiert die ökonomischen Folgen des möglichen Transfers. „Bei allen Überlegungen wird dabei für ManU am wichtigsten sein, wie Beckhams Weggang das Unternehmen wirtschaftlich treffen würde.Kein Spieler kann mächtiger sein als der Verein, heißt es so schön. Der Verkauf des Stars könnte die Gültigkeit der Fußball-Weisheit beweisen. Natürlich gibt es in Manchester Befürchtungen, ohne Beckham könnte der Verein seinen Glanz und die Attraktivität für Sponsoren verlieren. Der hochdotierte Vertrag mit dem Mobilfunkanbieter Vodafone als Hauptsponsor läuft im nächsten Jahr aus. Ob das Unternehmen, das vor allem mit der Person Beckham für die neue Generation der Mobilfunkgeräte wirbt, im Fall eines Weggangs noch einmal mehr als zwölf Millionen Euro pro Jahr bei ManU investiert, ist offen. Auf der anderen Seite glauben Insider, Beckhams Wechsel mit einer angemessenen Ablösesumme als Gegenleistung könnte für ManU eine neue Chance bedeuten – auch sportlich. Schließlich ist es vier Jahre her, daß man den Titel in der Champions League gewinnen konnte. Außerdem: Der englische Meister erzielt über das Merchandising – ein wichtiger Ansatzpunkt bei der Vermarktung des Produktes Beckham – nur noch sieben Prozent seiner Einkünfte. Ein maßgebender Manager von ManU soll intern schon länger darauf hingewiesen haben, daß der Spieler im Produktportfolio des Vereins auf dem absteigenden Ast sei.Warum also sollte Manchester United nicht den Versuch wagen, sich jetzt von seinem Protagonisten zu trennen? (…) Eine Werbeagentur in London hat dieser Tage den Wert der Marke Beckham auf 90 Millionen Euro festgelegt – bei optimaler Ausschlachtung der Cash Cow. Eine Kaufsumme um die 40 bis 50 Millionen Euro plus Gehalt könnte also ein ganz gutes Geschäft werden, wenn man den Zahlen glauben darf. Kein Wunder, daß Beckham neben allen Gerüchten aus Barcelona oder Mailand vor allem mit Real Madrid in Verbindung gebracht wird. Geschäftlich würde schon jetzt einiges zusammenpassen: Verein wie Spieler haben enge Beziehungen zu den Weltmarken Pepsi und Adidas. Zudem ist der traditionell im Merchandising auf Europa sowie Mittel- und Südamerika ausgerichtete Klub daran interessiert, auf dem asiatischen Markt Fuß zu fassen. Türöffner soll Beckham sein, der zusammen mit ManU in Fernost eine Fangemeinde von bald 17 Millionen Fans hat. Als Real vor zwei Jahren Zinedine Zidane unter Vertrag nahm, verkaufte der Klub innerhalb von zwölf Monaten 480.000 Trikots mit dem Namen des französischen Nationalspielers auf dem Rücken. Das brachte den Königlichen gleich zu Anfang um die 20 Millionen Euro ein. Mit dem Engländer, seit Samstag auch noch Offizier des British Empire, könnte noch viel mehr möglich sein, rechnen Manager in Madrid und anderswo. Bleibt nur noch die Frage: Wie lange behält der Mensch Beckham die Kontrolle in dieser Traumwelt?“

Der Typ lügt

Matthias Wolf (BLZ 14.6.) schildert Menschenhandel hinter Bundesliga-Kulissen. „Er träumte von einer Karriere als Profi in Deutschland. Jetzt sitzt William Amos, 22 Jahre alt, aus Kamerun, untätig in einem Heim für Asylbewerber am Rande von Berlin. Neunzehn Quadratmeter teilt er sich mit einem anderen Afrikaner. Seit seinem fünften Lebensjahr jagt er dem Ball nach, hat es in den Kader eines Schweizer Nationalliga-A-Clubs geschafft. Bis Dezember spielte er in der zweiten französischen Liga. Sein Vater, ein Holzhändler, war stolz auf ihn. Jetzt schämt sich William Amos so sehr, dass er ihn nicht anrufen und um Geld für den Heimflug bitten will. Er grübelt oft, warum er diesem Mann, der ihn in das fremde Land gelockt hat, so sehr vertrauen konnte. Naiv sei er gewesen, sagt er. Doch andererseits hat ihm Nino Gomes, ein 33-jähriger Portugiese, der nach eigenen Angaben seit acht Jahren als Vermittler von Profispielern arbeitet, diesen Vertrag gezeigt – als Beweis für angebliche Seriosität. Das Papier trug die echte Unterschrift von Marcelinho, dem Mittelfeldakteur von Hertha BSC. Hättest du nicht auch geglaubt, dass dir Marcelinhos Berater einen guten Verein besorgen kann?, fragt William Amos. Vielleicht ja, wenn man einen großen Traum hat, so wie er. Doch die Vision des jungen Mannes aus Jaounde endete im Januar mit einem Probetraining in der zweiten Mannschaft des 1. FC Union Berlin. Und ein paar Tage später vor der Geschäftsstelle des FC Energie Cottbus. Das war alles, was heraussprang, alles, was dieser Spielerberater ihm an Chancen vermittelt hat. In Kamerun, sagt William Amos, glaube jeder talentierte Spieler an eine schnelle Karriere in Deutschland; man müsse nur erst dort sein. So wie Mohammadou Idrissou, 23, Stürmer bei Hannover 96. Gegen ihn habe er früher oft gespielt. Gomes versprach William Amos eine ähnliche Karriere. Ende Dezember warb er ihn bei seinem damaligen Verein in Paris ab. Er ahnte nicht, dass der Kontrakt, den Gomes mit Marcelinho geschlossen hatte, nichts wert war. Ein Vertrag, der die Arbeitsvermittlung zur Exklusivleistung macht, hat keinen rechtlichen Bestand. Amos sagt, er habe daraufhin Gomes vertrauensvoll 15.000 Euro für die Vermittlung eines Arbeitsplatzes und einer Wohnung gegeben – und seinen Pass. Den benötige er für Verhandlungen mit Vereinen, hatte Gomes gesagt. Weder Geld noch Ausweis hat der 22-Jährige bis heute zurück. Ohne Papiere und festen Wohnsitz meldete er sich bei der Ausländerbehörde. Endstation Asylbewerberheim. In den vergangenen zwei Wochen hat Gomes immer wieder vereinbarte Treffen mit Amos platzen lassen. Dieser Spieler hat sowieso keine Qualität, weiter mit mir zusammenzuarbeiten, sagt er abfällig: Der Typ lügt. Ich habe nie Geld von ihm bekommen, sondern ihm 600 Euro geliehen. Woher soll ein Asylant auch so viel Geld haben? Dreistigkeit ist Gomes Masche. Mit der Wahrheit nimmt er es offenbar nicht sehr genau. Sein gutgläubiger Klient aber war zumindest so vorsichtig, sich im Beisein seiner Freundin ein Schriftstück unterschreiben zu lassen, wonach Gomes versichert, ihm 5.000 Euro in Raten zurückzuzahlen. Der Fall Amos zeigt die Abgründe in der Branche der Menschenmakler. Bei Hertha BSC, wo sich täglich dubiose Hausierer in Sachen Fußball vorstellen, löst der Fall keine Verwunderung aus. Erst recht nicht, als der Name Gomes fällt. Wenn dieser Herr sich unserer Geschäftsstelle weniger als einen Kilometer nähert, kriegt er Probleme, sagt Pressesprecher Hans-Georg Felder. Manager Dieter Hoeneß will sich über Gomes erst gar nicht offiziell äußern – er ist Persona non grata beim Bundesligisten, seit als erwiesen gilt, dass Gomes sich in einer Discothek das Vertrauen des leichtgläubigen Marcelinho erschlichen hat: Er versprach ihm einen höher dotierten Vertrag als sein Berater mit Hertha ausgehandelt habe. Felder sagt, daraufhin sei der sensible Spielmacher nicht nur in eine Formkrise gestürzt, sondern Gomes habe den Brasilianer bei Schalke 04 angeboten. Zwischengeschaltet war jener Rechtsanwalt, der seinen Namen für Transfers von Gomes hergibt, weil der nämlich keine offizielle Spielerberater-Lizenz des Weltverbands Fifa besitzt.“

Nie war es so knapp wie diesmal

Matthias Wolf (FTD 16.6.) sah ein würdiges Frauenspiel, als der 1. FFC Frankfurt durch das 0:0 bei Turbine Potsdam erneut Deutscher Meister wurde.. „Eine Reporterin erwies sich als etwas unsensibel. „Sind Sie traurig?“, fragte sie Ariane Hingst. Die Nationalspielerin von Turbine Potsdam hob den Kopf, die Tränen in ihren Augen wurden sichtbar – und sie sagte: „Muss ich darauf antworten?“ Musste sie nicht. Es war alles klar in diesem Moment, als der Jubel der Frankfurter Spielerinnen in einem Pfeifkonzert der 7900 Zuschauer unterging. Die Fans des 1. FFC Turbine Potsdam gelten normalerweise nicht als besonders unfair – aber die Enttäuschung war auch bei ihnen einfach zu groß. Hatte ihre Mannschaft doch in der Nachspielzeit durch Petra Wimbersky ein Tor erzielt. Der Treffer zum Titel, wie alle glaubten. Doch die Schiedsrichterin Elke Günthner zerstörte alle Träume: Wimbersky stand im Abseits. „Das ist so bitter – wir hatten den Pokal schon in der Hand“, sagte Navina Omilade von Turbine Potsdam. So durften nur die Spielerinnen des 1. FFC Frankfurt wirklich Hand an den begehrten Silberkelch legen. Das 0:0 im Karl-Liebknecht-Stadion in Babelsberg bescherte ihnen den vierten Meistertitel – und das vierte Double. Trainerin Monika Staab musste von Manager Siegfried Dietrich mehrmals zur Siegerehrung gerufen werden – sie schien nichts mehr von dem, was um sie herum passierte, mitzubekommen. „Das sind Momente, für die man ein Jahr lange gearbeitet hat“, sagte sie: „Wir haben im Hexenkessel, in der Höhle des Löwen bestanden – und das macht mich stolz.“ Nach dem DFB-Pokalsieg vor zwei Wochen hatten die Titeljägerinnen aus Hessen, seit Jahren das Maß aller Dinge im Frauenfußball, eher emotionslos die Gratulationen entgegengenommen. „Dieser Erfolg ist anders als die anderen“, freute sich nun Renate Lingor, „weil es diesmal so knapp war.“ Mit nur zwei Punkten Vorsprung angereist, war es für das Ensemble von Trainerin Monika Staab ein echtes Endspiel. Den Potsdamerinnen blieb zum dritten Mal hintereinander nur Platz zwei in der Bundesliga. Nie war es so knapp wie diesmal.“

Die Begeisterung über den wundersamen Aufstieg ist in Frankfurt längst verflogen

Über Frankfurter Querelen schreibt Thomas Klemm (FAS 16.6.). „Zwei bis drei Kracher hat Volker Sparmann vor drei Wochen angekündigt, und damit meinte der Vorstandsvorsitzende der Frankfurter Eintracht namhafte neue Fußballprofis. Die Kracher, die allerdings zuletzt beim Bundesliga-Aufsteiger einschlugen, waren von ganz anderem Kaliber. Es handelte sich nicht um zündende Verstärkungen von außen, sondern um Schwächungen im internen Führungszirkel des Klubs. Erster Knalleffekt der Woche waren die Spitzen, die Trainer Willi Reimann in Richtung des Eintracht-Aufsichtsrats schoß. Von Sylt aus, wo Reimann derzeit seinen Urlaub verbringt, verwahrte sich der Coach gegen eine Einmischung von Jürgen Neppe, dem Chef des Aufsichtsrats, weil der in die Transferpolitik reinrede. Er lasse sich den Erfolg nicht kaputtmachen, wetterte Reimann aus der Ferne. Neppe fordert eine Entschuldigung und verweist darauf, daß er sogar einen Auftrag des Vorstands habe, seine Kontakte im Profifußball zu nutzen (…) Die Begeisterung über den wundersamen Aufstieg am letzten Zweitligaspieltag ist in Frankfurt längst verflogen. Mit Ach und Krach steigt im Klub der Druck, von innen und außen. Ein Manager wird immer noch gesucht, und Sparmann muß nach dem 30. Juni den Vorstandsvorsitz abgeben, so daß nur noch zwei Wochen bleiben, um einen geeigneten Nachfolger zu finden. Geht der bislang ehrenamtlich tätige Vorstandschef Sparmann fristgerecht zum Monatsende, verlöre Trainer Reimann seinen Fürsprecher im Vorstand, mit dem er sensationell zusammenarbeite. Neppe ist kein Freund des Trainers.Im Kern der vielstimmigen Auseinandersetzung geht es um die Frage, wer über die sportliche Belange bei der Eintracht bestimmt. Der Trainer, der zugleich die Aufgaben eines Managers übernimmt und erwartet, daß die Vereinsführung alles tut, um seine Wunschspieler zu verpflichten? Oder der Aufsichtsrat, der nicht nur alles mögliche unterschreiben, sondern auch ein Wörtchen bei der Zusammenstellung des künftigen Kaders mitreden will?“

„Rätselhaftes aus dem hochgezüchteten italienischen Fußball“ berichtet Doris Ladstaedter (NZZaS 15.6.). „Adriano Lombardi kann noch seine Finger ein wenig bewegen. Aufrecht sitzt er in seinem Sessel neben dem Marmorkamin, die Hände auf den Knien, die Beine bewegungslos abgestellt. „Ich sterbe“, sagt Adriano Lombardi, „das ist das Einzige, was ich noch tun kann.“ Adriano Lombardi, italienischer Fussballer der achtziger Jahre, hat sich ein anderes Ende für sein Leben erträumt. Achtzehn Jahre lang war Lombardi Profifussballer gewesen, siebzehn Jahre lang Trainer. „Bis zum letzten Tag“, sagt er stolz. Der letzte Tag war vor drei Jahren, als Adriano Lombardi im Mailänder San-Luca-Spital von seiner Krankheit erfuhr: amyotrophische Lateralsklerose (ALS), auch Lou-Gehrig-Krankheit genannt. ALS ist eine Erkrankung des Nervensystems, die zu Muskelschwund führt. Erkrankte verlieren zuerst die Kontrolle über die Motorik von Armen und Beinen. Begleitet von furchtbaren Krämpfen, erlahmen ihre Körperteile allmählich, das Sprechvermögen lässt nach, akute Atem- und Schluckbeschwerden beginnen. 99 Prozent der ALS-Kranken sterben den Erstickungstod. Adriano Lombardis Zustand hat sich seit Juni letzten Jahres schnell verschlechtert. „Mit jedem Tag lassen die motorischen Fähigkeiten nach“, sagt Lombardi, „aber wenigstens meine Stimmbänder sind noch nicht betroffen.“ Es begann vor drei Jahren mit Krämpfen in Armen, Oberschenkeln und Bauchmuskulatur. Die Neurologen, die Lombardi in Neapel aufsuchte, konnten ihm zehn Monate lang keine Antwort geben. ALS ist noch immer eine Krankheit, die den meisten Menschen unbekannt ist. Selbst viele Ärzte kennen sie nicht und können sie nicht diagnostizieren. Es dauere im Schnitt ein Jahr, bis ein Patient sich darüber klar werde, dass er an ALS leide, sagt Letizia Mazzini, Neurologin am San-Giovanni-Bosco- Spital in Turin. Adriano Lombardi sah zufällig einen TV-Bericht über einen alten Bekannten, Gianluca Signorini, den ehemaligen Verteidiger von Parma, Roma und zuletzt Genoa, der an ALS litt. „Als ich danach ins Bett ging, habe ich gedacht: Das habe ich auch“, sagt Lombardi. Gianluca Signorini starb im November letzten Jahres mit nur 42 Jahren. Im März dieses Jahres folgte ihm der 44-jährige Ubaldo Nanni, der Ende der siebziger Jahre in der C-Liga in Pisa gespielt hatte. Er war der 34. italienische Fussballspieler, der in einem Zeitraum von vierzig Jahren an ALS erkrankt war, der vierzehnte, der daran starb. In Turin ist diese dramatische Todesfolge unter früheren Fussballern inzwischen Gegenstand der Ermittlungen von Staatsanwalt Raffaele Guariniello. In vier Jahren hat er Arztberichte und Versicherungsakten von 24000 Spielern gesammelt, die zwischen 1960 und 1996 in den zwei höchsten Ligen aktiv gewesen waren. Er fand heraus, dass die Todesrate unter Fussballern 25-mal höher ist als in der Normalbevölkerung. Seit langem führen Spezialisten extreme sportliche Aktivitäten mit häufigen Knochenbrüchen als mögliche Erklärung für eine ALS-Erkrankung an. Staatsanwalt Guariniello geht noch weiter: Der exzessive Gebrauch von Schmerzmitteln und entzündungshemmenden Substanzen, die teilweise auf der Dopingliste zu finden sind, könne schuld sein am Ausbruch der Lou-Gehrig-Krankheit, vermutet er. Gerade für Sportler, die häufig Blessuren an den unteren Körperteilen davontragen, scheint die Gefahr gross zu sein. Das erkläre auch, warum er unter 6000 untersuchten Radfahrern kein einziges Mal auf einen ALS-Toten gestossen sei. Das italienische Gesundheitsministerium lässt inzwischen in einer eigenen Studie prüfen, ob es einen Zusammenhang zwischen Fussball, Schmerzmitteln und ALS gibt.“

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