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Bayern kommt zurück

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Bayern kommt zurück

Themen: Bayern kommt zurück – Larsson, Celtics ehemaliger und ewiger Underdog

Die NZZ(17.9.) ist begeistert. „Real Madrid scheint unter neuer, portugiesischer Führung (Carlos Queiroz) das ausserordentliche Potenzial an individueller spielerischer Klasse noch besser zu nutzen. Diesen Eindruck vermittelte der spanische Meister im ersten Vergleich mit Olympique Marseille, in dem Zidane (er vor allem), Ronaldo, Beckham und Roberto Carlos phasenweise ihr brillantes Können demonstrierten. Die zum Teil herrlich herausgespielten vier Treffer zum 4:2-Sieg gegen die Franzosen fielen jeweils innert vier Minuten.“

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Man muß in der Menschenführung hart sein

Mit dem Bayern-Trainer blickt Elisabeth Schlammerl (FAZ 17.9.) zurück. „Trainer Ottmar Hitzfeld wird wieder an seine vielleicht leidvollste Zeit beim FC Bayern erinnert. Auf jeden Fall war es die schwierigste, denn das Vorrunden-Aus hätte ihn beinahe den Job gekostet. Der erfolglose Herbst 2002 ist wohl erst abgeschlossen, wenn ein erfolgreicher Herbst 2003 folgt. Hitzfeld gewährte vor einem Jahr keinen Einblick in sein Innerstes, und er tut das auch jetzt nicht. Statt sich aufzureiben im ständigen Bangen um seinen Job, hatte er sich damals ganz auf die Arbeit mit der Mannschaft konzentriert, widerlegte die Kritiker, die von Abnutzungserscheinungen redeten, holte mit der Mannschaft den DFB-Vereinspokal und überlegen die deutsche Meisterschaft. Heute will der Trainer zwar nichts davon wissen, daß er seinen Führungsstil geändert habe (mal ziehe ich die Zügel an, mal lasse ich sie locker, je nach Bedarf), aber andererseits ist er auf jeden Fall konsequenter in seinen Maßgaben und Maßnahmen geworden. Man muß in der Menschenführung hart sein, um die Spieler dazu zu bringen, sich dem Erfolg unterzuordnen, sagte Hitzfeld schon vor ein paar Jahren einmal. Damals hatte er aber noch viel mehr Rücksicht genommen: etwa auf verdienstvolle Spieler, die in die Jahre gekommen waren. Früher, in Dortmund und auch noch bei den Bayern, hat sich das Abschiednehmen oft hingezogen, über Monate oder gar über eine ganze Saison. Bei Michael Zorc, bei Thomas Helmer, bei Stefan Effenberg. Bei Giovane Elber nun war die Trennung innerhalb von zwei Wochen vollzogen. Der 54 Jahre alte Südbadener hatte sich im vergangenen Jahr wie alle im Verein blenden lassen, gemeinsam wähnten sie sich beim FC Bayern nach glanzvollen Auftritten in der Bundesliga entrückt in eine andere Fußballwelt, in die von Real Madrid. Heute sieht er die Siege vor der Niederlage gegen die Spanier in einem anderen Licht. Das seien doch Spiele gegen mittelmäßige Mannschaften gewesen. Das weiße Ballett war damals unser Tod, gibt er zu.“

Andreas Burkert (SZ 17.9.) fügt hinzu. “Es hat im Frühjahr Abende gegeben, an denen haben es sich Susi und Uli Hoeneß zur Wochenmitte daheim in Ottobrunn auf ihrer Couch richtig gemütlich gemacht. Sie schauten sich dann zusammen Fußball im Fernsehen an und fühlten sich dabei durchaus unterhalten von den Spielern aus Spanien, England und sogar von den bizarren Verteidigungskünstlern aus Italien. Uli Hoeneß erinnert sich gerne an diese beschauliche Zeit zurück, er sagt: „Das waren schöne Fußballabende, an denen man ein Spiel mal in aller Ruhe beobachten konnte.“ Allein, er hat jetzt wirklich genug davon. Von der Ruhe. Vom Zuschauen (…) Ein erneutes Scheitern schon vor den K.o.–Spielen würde ein sportliches Konzept in Frage stellen, das nach dem Einkauf des 18-Millionen-Mannes Roy Makaay nur ein Ziel verfolgt: den Angriff auf Europa; auf Teams wie Titelverteidiger AC Mailand (Hoeneß: „Sehr gut und konsequent verstärkt“), auf die Showtruppe von Real Madrid mit ihrem Neuling David Beckham („spektakulär verstärkt, aber nicht verbessert!“) und die übrigen Edelmarken. „Ein Ausscheiden nach der Vorrunde darf uns dieses Jahr nicht passieren“, sagt Karl-Heinz Rummenigge unmissverständlich. Sie würden das Trainer Ottmar Hitzfeld nicht nochmal durchgehen lassen. Und wenn er danach mit 40 Punkten Vorsprung Meister würde.“

Vom Bauchnabelmai bis zum Septemberbecken

Das Streiflicht (SZ 17.9.) vereint zwei männliche Lieblingsthemen. „Und noch einmal strahlt und wärmt der gelbe Planet, noch einmal zeigen wir unser braunes Fleisch, wir bleichen nicht und weichen nicht, wir bleiben sitzen in den Freiluftcafés, bis die Sonne untergeht. Dann aber eilen wir ohne Umwege, zielstrebig, konsequent nach Hause, denn es trifft sich wunderbar, dass, sobald es dunkel geworden ist, genau um 20 Uhr 45, der Fußball-Europapokal beginnt. So ersetzt ein Glück das andere, so fließen die Jahreszeiten auf perfekte Weise ineinander, ja, der Herbst schwebt sanft wie eine Bananenflanke in den Sommer hinein und bauscht die Tornetze. Wenn das doch nur die Weiber verstünden! Es war zuletzt durchaus in Ordnung mit ihnen: Sie haben uns Hitze zugehaucht, der Sommer eine fünfmonatige Streicheleinheit, ein weicher Flaum, der sich vom Bauchnabelmai bis zum Septemberbecken zog. Und noch jetzt am Tage genießen wir ihre Gegenwart, so wie sie, ganz offensichtlich, die unsrige genießen, aber, und das ist das Problem, sie können nicht loslassen. Sie sind nicht imstande, die Zeichen des Herbstes zu erkennen und sich bei Anbruch der Dunkelheit diskret zurückzuziehen, abzutauchen unter der Bananenflanke. Stattdessen folgen sie uns aufs Kanapee. Starren wie wir auf den Fernseher. Und es geht ihnen nicht im Mindesten um Fußball, sondern einzig und allein darum, unsere brennende Leidenschaft, welche auch immer es sei, zu teilen. Und so martern sie uns, während die Bayern auf den Rasen laufen, mit der aberwitzigen Frage, ob diesmal wohl der Spieler Babbel teilnehme. – „Babbel? Wie kommst du auf Babbel?“ – „Na, Babbel eben.“ – „Darling, Babbel ist seit ungefähr 25 Jahren nicht mehr bei den Bayern, sondern in England. Gerade ist er von Liverpool nach Blackburn ausgeliehen worden, Babbel ist jetzt ein Rover, if you know what I mean.“ – „Ach, ich meinte ja auch Ballack. Genau. Ich meinte Ballack.“ Man ist so machtlos.“

Ich sage mir vor dem Anpfiff, dass es weh tun muss

Raphael Honigstein (FR 17.9.) warnt die Bayern vor Henrik Larsson. „Martin O‘Neill kommt heute zum ersten Mal als Trainer nach München; die Bank im Olympiastadion kennt er trotzdem ganz genau: 1979 ließ ihn Nottingham Forrest-Coach Brian Clough im Europapokal-Finale gegen Malmö 90 Minuten lang dort sitzen. Diese Enttäuschung brennt immer noch schmerzhaft in dem drahtigen Nordiren; manche behaupten, dass der 51-Jährige das Feuer absichtlich nicht löscht, weil es seinen unwahrscheinlichen Erfolgswillen speist. O‘Neill ist der ewige Underdog, schrieb der schottische Sunday Herald, der Junge, der ständig kämpft, um die bösen Erinnerungen zu besiegen. Ein guter Trainer – und O‘Neill ist sicher einer – überträgt die eigenen Werte und Ambitionen auf seine Mannschaft. Und man muss nicht lange im Kader von Celtic suchen, um diese Underdog-Mentalität wiederzufinden: Henrik Larsson, der phänomenale Mann im Sturm und herausragende Akteur der Truppe, trägt sie praktisch auf der Stirn geschrieben. Der Sohn eines Seemanns von den kapverdischen Inseln und einer Schwedin musste wegen seiner Hautfarbe schon früh kämpfen: Als ich in die Schule kam, bekam ich von den anderen Kindern Wörter an den Kopf geworfen, deren Sinn ich zunächst gar nicht verstand, erinnert er sich. Er war zwölf Jahre alt, als sich seine Eltern trennten. Er war als Fußballer lange zu klein und zu schmächtig; erst mit 20 schaffte er den Durchbruch in Helsingborg. Zuvor hatte er sich als Verpacker von Früchten über Wasser gehalten. Was Larsson auf dem Platz macht, sieht oft elegant und mühelos aus, doch seine persönliche Routine vor dem Spiel verrät, dass dahinter sehr viel Blut, Schweiß und Tränen stecken: Ich sage mir vor dem Anpfiff, dass es weh tun muss. Ich weiß, dass ich verdammt stark bin, stärker als die anderen. Falls es weh tut, wird es den anderen noch mehr weh tun. 1999 zog sich der Schwede einen doppelten Beinbruch zu, noch heute hat er ein 30 Zentimeter langes Stück Metall im linken Schienbein. Hart im Nehmen sind in Schottland viele. Aber Larsson ist ein Superstar, der beste Ausländer, der je in der Liga gespielt hat. Seit seinem Wechsel von Feyenoord Rotterdam im Jahre 1997 für 1,8 Millionen Euro gelangen ihm in 263 Spielen für die Grün-Weißen unglaubliche 207 Tore. Für die vielen Spieler des Jahres-Trophäen ist der Kaminsims viel zu kurz, und im April hat ihn der schwedische Fußball-Verband zum besten Kicker seit 1954 gewählt. Als er im vergangenen Jahr seinen Rücktritt von der Nationalmannschaft erklärte, bekam Aftonbladet 60 000 emotionale Briefe von Lesern, die ihr Idol umstimmen wollten.“

NZZ-Interviewmit Uli Hoeneß

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