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Verwöhnte Haching-Fans sind mit dem Remis gegen Union nicht zufrieden – Valencia dominiert Real – FAS-Interview mit Fredi Bobic – über den Martkwert englischer Fußballklubs – Portrait Birgit Prinz u.v.m

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Verwöhnte Haching-Fans sind mit dem Remis gegen Union nicht zufrieden – Valencia dominiert Real – FAS-Interview mit Fredi Bobic – über den Martkwert englischer Fußballklubs – Portrait Birgit Prinz u.v.m

Markus Schäflein (SZ 29.9.) schreibt über das Remis zwischen Unterhaching und Union Berlin sowie die Reaktion der Heim-Fans: „Die Verantwortlichen des Fernsehsenders DSF werden etwas betrübt nach Unterhaching geblickt haben. Gleich zwei Livespiele an den kommenden Montagen hatten sie der SpVgg zugeteilt, unter dem Eindruck berauschender Leistungen zu Beginn der Saison. Mittlerweile hat die Begeisterung in Unterhaching allerdings nachgelassen. „Die Spieler sitzen total frustriert in der Kabine“, sagte Trainer Wolfgang Frank nach dem 1:1 gegen Union Berlin. Die Leistung seiner Mannschaft war so enttäuschend gewesen wie das Ergebnis gegen den Letzten (…) Die Hachinger hatten mit ihrem sensationellen Start hohe Erwartungen bei den Anhängern und bei sich selbst provoziert; vielleicht zu hohe. Die 3200 Zuschauer hatten frühzeitig zu pfeifen begonnen. Dabei hatte Unterhaching bei aller Enttäuschung eine noch durchschnittliche Zweitliga-Leistung geboten. Gegen die defensiven Berliner mangelte es nicht am Einsatz, sondern meist an den Ideen.“

Peter Burghardt (SZ 29.9.) berichtet die Überlegenheit Valencias über Real Madrid: „Am Mittelmeer können sie das sündteure Ensemble aus der Hauptstadt nicht ausstehen, umso weniger, seit deren Management gerade versucht hatte, ihnen den Verteidiger Roberto Fabian Ayala wegzukaufen. Also ließen sich die besorgten Gäste mit umfangreichem Polizeischutz zum Hintereingang der Arena chauffieren und 5000 zum Teil nicht sehr freundliche Menschen auf der anderen Seite vergeblich warten. Drinnen allerdings musste die Madrider Delegation sich zeigen, und dort wurde es dann erst recht ungemütlich. Die meisten der 55 000 Zuschauer pfiffen jedes Mal, wenn einer der Madrilenen ihnen den Ball berührte, doch das kam zunächst nicht sonderlich oft vor. Begeistert erlebte das Publikum, wie mit dem Anpfiff ein Sturm über den Rasen fegte. Entfacht wurde er von den Männern in den weißen Trikots und schwarzen Hosen, vorneweg ihrem Wirbelwind Pablo Aimar, während die berühmten Gegner vor lauter Schrecken kaum Luft zu bekommen schienen. Nach fünf Minuten schoss der FC Valencia das 1:0, indem Aimar rechts außen Jorge Lopez freispielte, und dessen Hereingabe der Stürmer mit dem Künstlernamen Mista nutzte, Mista, der sich in seiner Jugend auch schon mal bei Real Madrid versucht hatte. Nach 71 Minuten ließ Ricardo Oliveira das 2:0 folgen, es hätten auch noch ein paar Tore mehr sein können. „Valencia war aggressiver, das hat uns überrascht“, berichtete der Madrider Trainer Carlos Queiroz hinterher. Überraschend war vor allem, wie sich die berühmteste aller Fußballmannschaften bei ihrer ersten Niederlage im fünften Meisterschaftsspiel der Saison vorführen ließ. 21 Minuten lang zog der kleine Aimar seine Show ab. Der Argentinier, mittlerweile einer der besten offensiven Mittelfeldspieler der Welt, zeigte dabei mehr Tricks als Zinedine Zidane, David Beckham und Luis Figo zusammen.“

Theoretisieren muß man vermeiden

FAS-Interview mit Fredi Bobic

FAS: Sie ahnen bestimmt, worüber wir mit Ihnen sprechen möchten…

FB: Herrje, es geht bestimmt um Krisen, Absturz und so etwas. Eigentlich sollte ich gar keine Interviews mehr zu diesem Thema geben. Das wäre nämlich der erste Schritt raus aus dem Dilemma.

FAS:Inwiefern?

FB:Es hilft einfach nicht weiter, immer nur um sich selbst zu kreisen und Probleme zu wälzen. Dieses Theoretisieren muß man vermeiden – ich weiß jedenfalls von keinem Fußballspiel, das durch Worte gewonnen wurde. Ich versuche alles auszublenden, was mir die Leute einflüstern wollen. Wenn es schlecht läuft, gibt es plötzlich tausend Experten und tausend schlaue Analysen. Aber aus dem Loch muß man sich schon selbst rausziehen.

FAS:Bloß wie? Ihr Verein Hertha BSC Berlin ist in der Bundesliga noch immer ohne Sieg, und das torlose Uefa-Cup-Spiel gegen Groclin Grodzisk am Mittwoch war auch keine Augenweide. Die Mannschaft erweckt zur Zeit nicht den Eindruck, als könne sie sich selbst helfen.

FBas mag nach außen so aussehen. Wichtig ist aber, daß man innerlich eine positive Einstellung behält. Wer nicht mehr an sich glaubt, ist verloren im Sport. Du mußt die Augen zumachen und die Ohren zumachen und mit Optimismus auf den Platz gehen. Dann wird es irgendwann klappen.

FAS:Können Sie denn die Ohren verschließen, wenn der Hertha-Manager Dieter Hoeneß im Fernsehen ankündigt, er werde vielleicht einige Spieler rauswerfen?

FBer Manager hat das Recht, so etwas zu sagen. Ich bin sogar der Meinung, daß seine Empörung berechtigt ist. Und im übrigen gehört das zu unserem Berufsrisiko, kurzfristig den Arbeitsplatz zu verlieren. Schauen Sie sich den Giovane Elber an: Letzte Saison war er noch Torschützenkönig, und dann ist der von heute auf morgen weg. Der heult auch nicht groß herum.

FAS:Finden Sie denn, daß öffentliche Wutausbrüchevon Manager und Trainergeeignete Mittel sind, um der Mannschaft etwas mitzuteilen?

FBieter Hoeneß ist niemand, der nur blind drauflosschlägt. Er hat selber Fußball gespielt und weiß genau, wann die Mannschaft eine harte Hand braucht und wann sie gestreichelt werden muß. Und der Trainer besitzt dieses Gespür ebenfalls. Huub Stevens ist der zwanzigste Trainer in meiner Laufbahn, und ich muß sagen, daß er sehr souverän mit der Situation umgeht.

Volker Stumpe (FAS 28.9.) porträtiert Birgit Prinz: „Sie ist einer der Weltstars des Frauenfußballs. Aber das hört Birgit Prinz gar nicht gerne. Das ist ein Begriff, mit dem ich mich sehr schwer tue, wenn ich ihn auf mich beziehe. Ein Weltstar ist jemand, der es liebt, im Mittelpunkt zu stehen, und der es liebt, gefeiert zu werden, sagt die 25 Jahre alte Nationalspielerin, die es eben nicht liebt, im Mittelpunkt zu stehen und über Gebühr gefeiert zu werden. Sie will ja nicht einmal überschwenglich jubeln, wenn sie gerade wieder einmal ein Tor erzielt hat: Warum soll ich über den Rasen rutschen oder mit der Eckfahne tanzen? Das ist doch peinlich. Am liebsten würde die Stürmerin einfach nur ihren Job erledigen – gewissenhaft und gründlich wie derzeit auch bei der Weltmeisterschaft in den Vereinigten Staaten – und danach nicht viele Worte darüber verlieren. Deswegen galt sie noch vor ein paar Jahren als patzig und stur. Doch sie hat dazugelernt. Seit zwei Jahren spielt sie im Sommer in der – zumindest vorübergehend – aufgelösten amerikanischen Profiliga bei Carolina Courage. Dort wurde Birgit Prinz endgültig zur öffentlichen Person, hatte Rede und Antwort zu stehen, gab Autogrammstunden. Doch sie ist äußerst selbstkritisch geblieben, und deshalb betont sie immer wieder, daß sie ohne ihre Mannschaft – den 1. FFC Frankfurt, die Nationalelf oder Carolina Courage – nichts sei. Dabei hat sie alle Anlagen, sich als Solistin durchzusetzen. Die amerikanische Zeitung USA Today bezeichnete das deutsche Team als Giant German. Und Birgit Prinz könnte der Inbegriff dafür sein: 1,79 Meter groß, 77 Kilogramm schwer. Die Angreiferin ist kaum aufzuhalten, wenn sie denn einmal Anlauf genommen hat und unwiderstehlich in Richtung Tor rennt.“

Attraktive Kaufobjekte

Ulrich Friese (FAZ 27.9.) referiert den Marktwert englischer Fußball-Klubs: „Immer mehr namhafte Fußballvereine der englischen Spitzenliga werden zum Spielball branchenfremder Investoren. Die Milliardäre aus dem Ausland wittern im zunehmend globalisierten Profisport eine attraktive Kapitalanlage, und sie gehen bei ihren sportlichen Engagements in Großbritannien stets diskret und möglichst steuersparend vor. Ob nach dem vor wenigen Wochen vollzogenen Eigentümerwechsel beim Londoner Traditionsverein FC Chelsea, den der russische Milliardär Roman Abramowitsch vollständig übernommen hat, oder im Zuge des Einstiegs neuer Großaktionäre beim börsennotierten Sportkrösus Manchester United – bei allen größeren Transaktionen in der englischen Premier League waren Investmentvehikel mit im Spiel, die ihren Geschäftssitz in beliebten Steuerparadiesen wie Guernsey, Zypern oder den britischen Virgin Islands haben. Am Rande geht es aber immer noch um Sport. Niederlagen gegen den reichsten Fußballklub der Welt bringen Ken Bates auf den moralischen Tiefpunkt. Der Chairman vom Londoner Klub FC Chelsea, dessen Jähzorn gefürchtet ist, holt danach meist zum verbalen Gegenschlag aus: Wir sind das Manchester United des Südens, tönt er, während die in einer tristen Industriestadt residieren, liegt bei uns eine Nobeleinkaufsmeile wie die King’s Road gleich um die Ecke. Der Rivale im englischen Norden reagiert auf die Attacken des Sprücheklopfers kühl: Sportlich liegen zwischen uns und Chelsea Welten, heißt es in der Klubzentrale. Der Hieb sitzt. Denn während die Stars der Reds aus Manchester seit Jahren die Spitze der Premier League dominieren, dümpelten die Blauen aus London im Mittelfeld der englischen Oberliga. Geht es nach Bates, sind die Tage des Frusts aber bald vorbei. Um endlich mit dem Angstgegner aus Manchester sportlich wie finanziell gleichzuziehen, rang sich der 71 Jahre alte Geschäftsmann vor wenigen Wochen sogar zu einem Eigentümerwechsel bei seinem Verein durch: Bates, der 1982 den damals konkursreifen FC Chelsea zum symbolischen Preis von einem Pfund übernahm, reichte im Juli den Londoner Traditionsklub für 140 Millionen Pfund an den russischen Milliardär Roman Abramowitsch weiter. Der jüngste Einstieg eines ausländischen Investors bei einem britischen Erstligisten stellt den vorläufigen Höhepunkt einer Übernahmewelle dar, die nach Ansicht von Fachleuten künftig weitere Spitzenvertreter des englischen Profifußballs erfassen dürfte: Neben vergleichsweise erschwinglichen Vereinen wie Aston Villa oder Westham United gilt inzwischen auch der im Besitz von Mohamed Al Fayed befindliche FC Fulham als attraktives Kaufobjekt: Der Eigentümer des britischen Nobelkaufhauses Harrods und des feudalen Hotels Ritz in Paris hatte sich 1997 den damals zweitklassigen Fußballverein aus dem Süden Londons für 10 Millionen Pfund einverleibt und dann in die Spitzenliga gehievt. Doch mittlerweile scheint das Interesse des Millionärs aus Ägypten an Geschäften in Großbritannien und somit am heimischen Fußball erloschen zu sein. Nach jahrelangem Streit mit den heimischen Finanzbehörden zog sich Al Fayed schmollend in die Schweiz zurück. Falls er einen Käufer findet, sagen Vertraute, würde er sich von seinem Klub trennen. Ganz im Gegensatz zu Rupert Murdoch. Der amerikanisch-australische Medienzar wollte vor drei Jahren unbedingt Manchester United übernehmen, blieb dabei aber erfolglos. Kaum hatten allerdings britische Kartellwächter und Londons Premier Tony Blair den kühnen Plan von Murdoch durchkreuzt, rückten dort reiche Investoren aus dem Ausland an: Im Aktionärskreis von Manchester United haben jetzt die irischen Millionäre John Magnier und John Patrick McManus das Sagen. Murdochs Bezahlfernsehsender BSkyB, der die Spiele der Premiere League landesweit vermarktet, sitzt mit 10 Prozent mit im Boot. Doch beim englischen Fußballmeister fühlen längst weitere Privatinvestoren aus Europa und den Vereinigten Staaten vor, heißt es im Umfeld des Klubs.“

Schreckensmoderatoren

Vor dem Fernseher schüttelt Volker Weidermann (FAS 28.9.) den Kopf: „Die Ankündigung des DSF war wie ein Erlösungsruf: man plane eine tägliche, aktuelle Fußball-Informationssendung. Bundesliga aktuell. Jeden Werktag von 18.30 bis 19.45 Uhr. Ein Traum. Doch was daraus wurde, ist so schauerlich, wie es die schärfsten ran-Kritiker immer der Qualitätsfußballsendung ran zu Unrecht vorgeworfen haben. Noch die abseitigste Statistik wird vom extra eingerichteten Statistiktischchen minütlich in die Moderation geworfen. Es wird Werbung auf Werbung präsentiert unten im Bild auf kleinen Streifen, und der Nachrichtenblock wird von demselben Sponsor präsentiert, der schon die ganze Sendung präsentiert, und in diesem doppelt präsentierten Block wird die Formel-Eins-Nachricht des Tages (in einer Bundesliga-Sendung!) noch einmal extra von einem Werbepartner präsentiert. Aber das ist alles noch nichts gegen die Art und Weise, wie Schreckensmoderatoren wie Klaus Gronewold ihre Interviews führen.“

Christian Eichler (FAS 29.9.) auch: „ZDF-Videotext: Intergalaktischer Wortmüllemissionsrekord. Am Tag vor dem Uefa-Cup-Spiel der Dortmunder bei Austria Wien lautete die Top-Nachricht des ZDF-Sports (VT-Tafel 204, die erste nach dem Inhaltsverzeichnis): Wark prophezeit BVB eine Zitterpartie. Altmodische Definitionen besagen, daß Sportreporter Sportler interviewen. Hier aber interviewte ein Sportreporter den Sportreporter aus der anderen Betriebsabteilung über dessen nächsten Sportreporterauftrag. Resultat der knallhart selbstreferentiellen Recherche: Ob der BVB gut genug ist, in Wien zu punkten (was in Pokalwettbewerben ausgesprochen schwierig ist), und wie es um die Psyche der Spieler bestellt ist, verrät ZDF-Reporter Thomas Wark im Interview. ,Von Aufbaugegner‘, so Wark (so ZDF-Videotext), kann keine Rede sein. Das wird eine Zitterpartie. Auch die Angst spielt mit. Ein Aus in der ersten Runde wäre die Katastrophe, schon des Geldes wegen. All diese Gedanken belasten die Spieler. Und uns erst! All diese Gedanken!“

Gewinnspiel für Experten

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