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Woher haben sie nur soviel Geld?

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Woher haben sie nur soviel Geld?

Woher hat Schalke eigentlich so viel Geld? – Heynckes wandelt den Schalker Fußballstil – SZ-Interview mit Ailton – Spiegel-Portrait Felix Magath u.a.

Richard Leipold (FAZ 16.10.) recherchiert ökonomische Hintergründe auf Schalke: “Haben die Schalker nicht vor kurzem erst für fast 200 Millionen Euro ein hochmodernes Stadion gebaut, das noch abbezahlt werden muß? Woher haben sie nur soviel Geld? Assauer schiebt solche Fragen beiseite und versucht sich den Anstrich des seriösen Kaufmanns zu geben. Über Geld rede ich nicht mehr, sagt er – und macht manchmal eine Ausnahme. Natürlich leben wir auf Pump. Aber das sei nicht weiter schlimm. Zins und Tilgung für das Stadion bestreite Schalke quasi aus der Portokasse. Geschäftsführer Peter Peters erläutert den Posten Portokasse mit Zahlen. Der Verein zahle fünfzehn Millionen Euro Pacht, inklusive Nebenkosten an eine zum Schalkekonzern gehörende Kommanditgesellschaft. Von diesem Geld wende die KG etwa elf Millionen Euro für Zins und Tilgung auf. Die hohe Pacht eröffne dem Verein die Möglichkeit, das Stadion allein zu vermarkten, ohne strategische Partner, Vermarkter oder sonstige Beteiligte. Diese Eigenständigkeit sichere Schalke auf Dauer einen stabilen Umsatz. 120 Millionen Euro sind immer drin. Im vergangenen Geschäftsjahr erlösten der eingetragene Verein und seine Töchter fast 134 Millionen Euro. Wenn andere Klubs von großen Teilen ihrer (Werbe-)Einnahmen zehn bis zwanzig Prozent an ihre Vermarkter abgeben müßten, schmälerten diese Kosten auch das Ergebnis, sagt Peters. Schalke gebe lieber Geld für Zinsen aus, damit der Klub unabhängig bleibe.“

Stilwandel auf dem Rasen

Christoph Biermann (SZ 16.10.) befasst sich mit der sportlichen Renovierung Schalkes: „Auch Frank Neubarth hatte im letzten Jahr schon darauf hingewiesen, dass eine Kur nötig wäre, doch erst Jupp Heynckes hat den Klub davon überzeugt. Assauer spricht nun beharrlich vom Umbruch und hat dieser Tage zugegeben, dass Schalke in den vergangenen Jahren viel in Steine und zu wenig in Beine investiert hätte. Das betrifft jedoch nicht nur Ausgaben für Transfers, der Betrieb der neuen Arena hat viel seiner Energie absorbiert. So kam es zu einer Fehleinschätzung der Möglichkeiten des Kaders, die auch mit den Sentimentalitäten des Managers gegenüber verdienten Spielern zu tun haben mag. Inzwischen jedoch ist Konsens im Klub, dass die Mannschaft in jetziger Zusammenstellung ihre Ziele nur sehr schwer wird erreichen können (…) Coach Heynckes versucht einen Stilwandel auf dem Rasen, nachdem in Schalke jahrelang das Primat des Kämpfens galt. Zum Image der ehrlichen Malocher mochte das passen, die Grundformel für Spitzenfußball von heute ist es aber nicht. „Der fußballerische Aspekt steht immer mehr im Vordergrund“, sagt Heynckes, denn von der Physis her unterscheiden sich die Mannschaften kaum noch. Nun versucht Schalke in dieser Saison zwar ein kultiviertes, geduldiges Passspiel, doch wirkt es mitunter schal, weil individuelle Klasse und damit Überraschungsmomente fehlen. Heynckes ist das klar, aber er ist sich sicher, dass die Sehnsucht nach neuen Eurofightern auf den Rängen vergehen wird. „Ein anderer Stil wird beim Publikum ankommen, wenn wir erfolgreich sind“, sagt er. Der Stilwandel ist jedoch nur ein Element eines großen Dazwischen: Es ist nicht mehr das alte Schalke und noch nicht das neue. Durch die beiden Transfers und die Ankündigungen, dass noch namhafte folgen werden, führt Schalke zudem ein gefährliches Leben zwischen den Zeitzonen. Da ist eine vermeintlich goldene Zukunft irgendwann ab nächster Saison und eine eher bleierne Gegenwart mäßiger Spiele und mittelmäßiger Platzierungen, und die Fans werden sich nicht über Monate mit der Aussicht auf schöne Spiele übermorgen über müde Partien von heute hinwegtrösten lassen.“

Ich werde viel mehr verdienen

SZ-Interview mit Ailton

SZ: Ist Ihnen der Boden unter den Füßen zu heiß geworden? In einer Zeitung heißt es, Sie seien am Wochenende aus Bremen „geflohen“ und hätten ihre Telefonnummer geändert.

Ailton: Die Situation ist tatsächlich etwas hitzig geworden, mehr als ich gedacht hätte. Die Presse hat die Fans gegen mich aufgebracht. Ich hoffe, dass wir gegen Stuttgart gewinnen und dass sich dann alles beruhigt. Schließlich habe ich noch einige Spiele mit Werder vor mir.

SZ: Was bekommen Sie aus den Presseberichten mit? Was wirft man Ihnen vor?

Ailton: Alles mögliche. Dass ich nur des Geldes wegen wechsle, dass ich mit Werder früher hätte reden müssen, dass ich bei Schalke nicht ohne das Wissen Werders hätte unterschreiben dürfen . . .

SZ: Sie fühlen sich unverstanden?

Ailton: Ja. Ich habe hier fünf Jahre gespielt, viele Tore erzielt. Die Fans sind meine Zeugen. Jetzt tut man so, als sei das nie da gewesen, als wäre ich ein schlechter Mensch . . . Aber egal. Ich bin ruhig. Ich bin jetzt 30 Jahre alt und kann damit umgehen. Das wird schon wieder ins Gleichgewicht kommen.

SZ: Muss man die Reaktionen nicht auch verstehen? Etwa als Beweis von Zuneigung und enttäuschter Liebe?

Ailton: Kein Spieler bleibt doch heutzutage ewig im gleichen Verein. Keiner. Ich war jetzt fünf Jahre hier, es war an der Zeit, Bremen zu verlassen. Es geht dabei nicht nur ums Geld. Aber natürlich ist das ein wichtiger Faktor. Meine Familie ist von meiner Arbeit abhängig. Jetzt geht es mir beruflich hervorragend: Ich schieße Tore, bin die Attraktion der Bundesliga. Aber das kann sich alles schnell ändern. Also muss ich jetzt das Beste für meine Familie rausholen. Vermutlich ist das mein letzter Vertrag in Europa. Wer weiß, vielleicht kann ich irgendwann mal in Mexiko, Japan oder Katar spielen.

SZ: Wenn Sie von Familie reden, meinen Sie ihre Frau, ihre Kinder . . .

Ailton: Und meine Brüder in Brasilien. Sie haben dort ein gutes Leben, Gottseidank, sie haben Arbeit. Aber die Lage in Brasilien ist ja generell nicht gut. Ich hab’ einen kleinen Bruder, dem ich die Ausbildung zahle, die Kleidung. Ich bin für ihn wie ein Vater. Am Wichtigsten ist mir aber natürlich, meinen eigenen Töchtern eine gute Zukunft zu geben.

SZ: Weil Sie an ihre eigene Kindheit zurückdenken?

Ailton: Ich habe nie Hunger gelitten. Meine Eltern haben für uns sorgen können. Aber wenn ich nicht Fußballer geworden wäre, würde meine Familie jetzt bestimmt Probleme haben. Glücklicherweise habe ich eine Karriere eingeschlagen, die einem viel Geld bringt – wenn man die Dinge richtig macht.

SZ: Angeblich werden Sie in Schalke doppelt so viel verdienen wie in Bremen.

Ailton: Ich werde viel mehr verdienen.

SZ: Das Doppelte?

Ailton: Ja.

Wenn ich länger quatsche, kann ich zuschauen, wie die Ersten vor mir wegnicken

Michael Wulzinger (Spiegel 13.10.) stellt das Wirken Felix Magahts dar: „Magath, der ewige Mahner und Forderer, wundert sich dieser Tage über sich selbst. Seltsam milde gab er sich sogar nach dem 0:0 gegen den dumpf bolzenden 1. FC Köln drei Tage nach der Manchester-Gala, das den Club die Tabellenführung kostete. Ich kann meiner Mannschaft keinen Vorwurf machen. Sie hat alles versucht. Öffentliches Lob: Das hat es früher bei ihm nicht gegeben. Und so beschleicht den Coach mit etwas Abstand die Sorge, seine Spieler könnten schon bald einen Gang zurückschalten, wenn er sich häufiger derart gnädig gibt. Deshalb sagt Magath nun auch: Dass die Medien das 2:1 gegen Manchester zu einem historischen Ereignis gemacht haben, zeigt mir, dass man in Stuttgart und Umgebung noch nicht selbstbewusst genug ist. So kennen ihn seine Spieler schon eher: bissig, grimmig, vergnatzt. Schließlich beruht die Autorität Magaths beim VfB auch auf der Distanz, die der Coach zu seinem Kader hält – und die bisweilen in Sarkasmus umschlägt. In Hamburg, Nürnberg, Bremen und Frankfurt, wo der Schachliebhaber zuvor als Trainer gearbeitet hatte, war Magath an seinen teils zynischen Kommentaren noch gescheitert. Er hatte es übertrieben mit seiner ätzenden Art, erinnert sich ein früherer Eintracht-Profi. Beim VfB Stuttgart hingegen nimmt sich Magath jetzt etwas zurück. Seitenhiebe, die verletzen, meidet er. Ich kann mich besser als früher in die Spieler hineinversetzen, sagt der Mann, dessen Tor gegen Juventus Turin dem Hamburger SV im Finale um den Landesmeisterpokal vor 20 Jahren den bedeutendsten Titel der Vereinsgeschichte brachte. Gleichwohl: Es kann vorkommen, dass Magath, wie der Berater eines Jungprofis amüsiert berichtet, eine Woche lang mit keinem der Spieler ein Wort wechselt. Dann steht der Trainer schon mal wie der Nato-Oberbefehlshaber auf dem Rasen hinter dem Gottlieb-Daimler-Stadion, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, und überlässt seinen Assistenten die Regie. Magath redet selten, und noch seltener debattiert er. Selbst bei den Sitzungen vor Heimspielen im Hotel Am Schlossgarten sind seine Ansprachen kurz. Das habe ich von Ernst Happel übernommen, erläutert Magath, denn eines ist mir klar geworden: Wenn ich länger quatsche, kann ich zuschauen, wie die Ersten vor mir wegnicken. Damit es so weit nicht kommt, lässt der Coach seine Spieler gern zappeln. Wenn er als Letzter den Konferenzraum des Fünf-Sterne-Hauses betritt, beenden die Spieler schlagartig ihre Unterhaltungen. Magath setzt sich vorn an einen Tisch. Er rührt seinen Tee um und schweigt: eine Minute, zwei Minuten, fünf Minuten. Die meisten Spieler meiden seinen Blick. Magath schaut von einem zum anderen, nippt an seinem Tee und stellt die Tasse wieder ab. Dann pickt er sich einen Spieler heraus, der seine Fragen beantworten muss: Aufstellung des Gegners, Taktik, Stärken und Schwächen. Wer darauf nichts erwidern kann, sagt ein VfB-Profi, der hat ein Problem. Magath nennt das Spielchen drei Stunden vor dem Anpfiff Reize setzen.“

SZ-Interviewmit Falko Götz

Himmel, hilf! Frank Hellmann (FR 16.10.) meldet Schlimmes. „Darauf hat Rudi Völler nur gewartet. Der Teamchef der Fußball-Nationalmannschaft erhält jetzt gute Ratschläge von Lothar Matthäus: Der Rekordnationalspieler verbreitet sich künftig als Kolumnist der Sport-Bild (…) Matthäus leidet darunter, in der deutschen Öffentlichkeit kaum noch wahrgenommen zu werden. Nun kommen ihm beste Kontakte zu Sport-Bild-Autor Raimund Hinko zupass. Zusammen mit Chefredakteur Gottschalk flog Hinko nach Belgrad und machte mit Matthäus den Deal perfekt. Er hat beste sportliche Reputation und kann Hintergründe erklären, lobt Gottschalk seinen neuen Mann. Beide Seiten wollen profitieren: Matthäus hofft, sich so als Bundesliga-Trainer empfehlen zu können, das Blatt setzt auf die kernigen Sprüche des Dampfplauderers. Der haut gerne mal einen raus, heißt es. Jetzt schreibe ich, titelt Sport-Bild in seiner neuen Ausgabe mit Matthäus-Konterfei. Und verkauft über drei Seiten die Ansichten des Schreiner-Sohnes aus Herzogenaurach. Geredet hat Matthäus schon immer gern. Davon lebt der Boulevard und auch Matthäus gut. Ergüsse wie diese sind großen Zeitschriften locker sechsstellige Euro-Beträge pro Jahr wert. Dafür darf Matthäus gar sein wirkliches Anliegen zu Papier bringen. Ich versuche irgendwann mal in einer Liga zu trainieren, in der Fußball einen höheren Stellenwert hat als in Serbien-Montenegro.“

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