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Ballschrank

Auflösung vom letzten Mal

Oliver Fritsch | Donnerstag, 15. April 2004 Kommentare deaktiviert für Auflösung vom letzten Mal

 

ein möchtegern-cool-lässighipster-style, der mit zuviel krampf und geld erzwungen wird

Sollen wir Jakob Spehr, unserem Sieger, glauben? „wie zufälle nun manchmal so wollen, kuckt man auch mal hinter kulissen. ich habe die letzten paar jahre immer mal auf der cebit gejobbt, handpantomime für eben diesen siemens-mobil-stand (halle 26, stand soundsoviel). ich stand da so hinter einer wand, und die leute draußen konnten nur meinen arm sehen, und hinter dieser wand wurden diese nicht wirklich hübschen models bemalt – hat ganz schön lange gedauert die prozedur einer solchen trikotüberbemalung (für die vereinssymbole gabs sogar eine schablone, und es wurde mit airbrush gearbeitet). na ja, halt viel klimbim, und die siemens-manager alle ganz aufgeregt und wie wild immer wieder rein gestürmt in das kabuff; ja der bus mit der mannschaft und manager steht noch im stau, kommen gleich und schweißperlen und klapp auch alles, große aufregung (die haben alle jahre da ne bundesligamannschaft präsentiert, ich kann mich noch an den hsv erinnern) und hatten dann jeden tag so ein möchtegernprominentenauftritt, alle immer ganz aufgeregt und wie wild durch einander gewuselt… man selbst denkt ‚wow!’ hier passiert jetzt richtig was, und dann kommen da so ein paar spieler (meist so ein oder zwei bekannte gesichter und drei vier reservebankdrücker und ein zwei aus der chefschlipsträgeretage) zu einem promo-auftritt und spätestens, wenn man das so das vier mal mitbekommen hat, denkt man sich, dass das doch echt nicht wahr sein kann, es zerplatzt so eine große seifenblasen-scheinwelt, die fußball in der kindheit für mich war und auch immer wieder mal, aber die jungs haben auch so gar nichts auf dem kasten, was das auftreten außerhalb des grünen rechteckes anbelangt. die kucken sich die bemalten frauen an, machen ein paar billige witze, sagen ja und amen zu einem der moderatorten und machen dann wieder den abgang, an freies sprechen kann aber wirklich nicht im entferntesten gedacht werden – was noch ganz interessant ist, ist der modische gruppendynamische zwang der bei den jungs zu beobachten ist. über die jahre immer mehr gel in die haare, und sind wir nicht alle ein bisschen punk-iromatte? so ein möchtegern-cool-lässighipster-style, der mit zuviel krampf und geld erzwungen wird, dadurch einfach nur richtig billig und schleimig wirkt.“
ps: die kleinschreibung ist eine hommage an otl aicher ein echt großen deutschen designer (hat olympia72 entworfen undundund). so nebenbei.

Antje Hagel greift durch: „Ich verweise nur auf das Buch: Tatort Stadion. Papyrossa Verlag 2002. Da gibt es einen guten Artikel über Sexismus im Fußballkontext… Mehr Kommentar ist nicht nötig.“

Der Kaiser steckt UH Wörter in den Mund: „’Wisst Ihr, dass ich ne Würstchenfabrik habe?’“

Stefan Anderer legt seine Stirn in Falten: „Uli denkt: ‚Mann, ich hab ja schon Probleme, dieses Handy zu bedienen. Aber vier Bälle gleichzeitig zu jonglieren, das wäre mal wirklich eine Herausforderung. Ich kann ja mal den Olli fragen, wie das so geht. Obwohl – der hat ja auch mehr Talent in den Händen als ich. Andererseits Kahn der ja gerade gar nix mehr festhalten, noch nicht mal die Verena. Ich frag die beiden jetzt einfach mal, ob wir das Ganze in zwei Halbzeiten aufteilen können. In der ersten hab ich die Bälle und bin im Angriff und in der zweiten gehe ich dann mehr in die Abwehr, so in der Art kontrollierte Defensive oder so ähnlich.“

Ich wünsche euch alles Gute, ihr Mandys und Simones, ihr Verenas und Saskias

Holly phantasiert: „Wir schreiben das Jahr 2004. Die selbsternannte Abteilung Attacke des einst erfolgreichen FC Bayern zieht trotz hinreichender optischer Reize den Schwanz ein, Ex-Luderlecker Kahn wechselt als Pannen-Olli vom Helden- ins komische Fach, und Ottmar Hitzfeld schielt nach dem kaiserlichen Arschtritt so vehement auf den Job als Bundestrainer, dass ihm die Unzulänglichkeiten seiner eigenen Schützlinge in Sachen Einsatzbereitschaft und Abrufen des Leistungspotenzials bereits total an Arsch und Visus vorbeigehen. Dort, wo nur Erfolg sexy macht, wirken die kickenden Bayern-Bratwürste wie aus dem Leim geratene Münchner Marktfrauen in ausgegilbter Feinripp-Unterwäsche – gerechte Strafe für eine Saison, in der man wirklich alles vermasselt hat. Und so verwundert es nicht, dass bei ausbleibenden Siegprämien die Spielerfrau von heute zur Aufrechterhaltung des gewohnten Lebensstandards gezwungen ist, ihre nackte Haut zu Markte zu tragen – eine Schickeriawelt, in der man für unter 100 Euro nicht mal mehr ein T-Shirt bekommt, fordert nun mal besondere Opfer. Ich wünsche euch alles Gute, ihr Mandys und Simones, ihr Verenas und Saskias, vielleicht habt ihr bei der Auswahl eures nächsten Spielersein glücklicheres Händchen.“

Ulis Mädels Treffen sicher!

Michael Hermann kratzt sich am Kinn: „Zu den Atem raubenden Innovationen auf der diesjährigen High-Tech-Computermesse Cebit zählte auch die ‚elektronische Glaskugel’, die einen digitalisierten Blick in die Zukunft erlaubt und das Ergebnis gleich in einem hoch auflösenden Foto-Format ausspuckt: Wir schreiben das Jahr 2024. Der alterslose Uli Hoeness ist immer noch Manager des FC Bayern – bzw. eine ausgewachsene Stammzelle von ihm, hier war sich das elektronische Orakel nicht ganz sicher. Ihm zur Seite stehen die Spielführerin des FC Bayern München, Olivia Kahn jr., und ihre Big Sister Titania. Nach dem finanziellen Zusammenbruch der Deutschen Fußball-Liga im Jahre 2010 hatte der findige Hoeneß/die Hoeneß-Zelle eine neue Strategie ersonnen und fortan ausschließlich auf Frauenfußball gesetzt. Nachdem Versuche, die neue Mobilfunkgeneration UMTS erfolgreich zu vermarkten, wiederholt gescheitert waren, sollte nun eine neue Werbekampagne dem Bayern-Sponsor Siemens den Durchbruch bringen: ‚Ulis Mädels Treffen sicher!’“

Zu gewinnen war das Buch: Die 100 “schönsten” Schikanen gegen Fußballfans. Repression und Willkür rund ums Stadion. Hrsg. v. BAFF, Bündnis aktiver Fußballfans, Grafenau 2004 (Bezug bei amazon)

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