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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

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Bundesliga

Oliver Fritsch | Dienstag, 20. April 2004 Kommentare deaktiviert für Bundesliga

„Bremer Tabellenhoch trotz sportlichem Tiefdruckgebiet“ (FAZ) – „Köln steigt schrecklich schön ab“ (FAZ) – SZ-Interview mit Christian Ude über die Zukunft 1860 Münchens; „ist Auer eine Marionette?“ (NZZ); Gerald Vanenburg, der Neue – FAS-Interview mit Michael Meier über Dortmunder Geld u.v.m.

Werder Bremen – Hannover 96 0:0

Wer es nicht im Kopf (oder im Bauch) hat, muß es in den Beinen haben

Wie ist das Bremer Remis zu werten? Richard Leipold (FAZ 20.4.) weiß es auch nicht: „Als die Profis von Werder Bremen in Richtung Kabine schritten, sahen sie aus, als hätten sie ein entscheidendes Spiel verloren. Sie verließen den Rasen zwar nicht geschlagen, aber sichtlich angeschlagen. (…) Die vielversprechenden sportlichen Kennzahlen spiegeln eine Souveränität vor, die durch das aktuelle Auftreten der Spieler seit einigen Wochen nicht mehr gedeckt ist. Die leichtfüßige unkomplizierte Art, den Gegner auszuspielen, ist auf der Strecke geblieben. Neben den Geistesblitzen des Mittelfeldstrategen Johan Micoud fehlt die Dynamik, mit der Torjäger Ailton seine Widersacher auszutanzen oder zu überlaufen pflegt. Auch gegen Hannover wußten die beiden ihre individuelle Klasse nicht annähernd so einzusetzen wie in Zeiten fußballerischer Hochkonjunktur. Micoud vergab die große Chance, seine Elf in Führung zu schießen und die Niedersachsen zum Mitspielen zu animieren. Ailton kam überhaupt nicht zur Geltung. Den Bremern bleibt nichts anderes übrig, als sich mit Sekundärtugenden über ihr Tief hinwegzuhelfen. Wer es nicht im Kopf (oder im Bauch) hat, muß es in den Beinen haben. In den Disziplinen Rennen und Kämpfen genügte Werder, besonders in der zweiten Hälfte, den Anforderungen; dafür lobte Schaaf die Spieler sogar, vermutlich aus pädagogischen Gründen. Der Trainer sagte, er sei zufrieden, „daß die Mannschaft angegriffen hat und etwas bewegen wollte“. Die Bewegungsenergie reicht jedoch nicht mehr aus, wenn ein Gegner so konsequent verteidigt wie Hannover 96 unter dem neuen Trainer Ewald Lienen, der in einem Crashkurs scheinbar nicht vorhandene Defensivkräfte mobilisiert hat.“

Jörg Marwedel (SZ 20.4.) ergänzt: „Als Ailton Goncalves da Silva in der 71. Minute vom Feld stapfte, wirkte er sehr beherrscht. Kein öffentliches Zeichen der Empörung hat er diesmal gezeigt, weil Bremens Trainer Thomas Schaaf Angelos Charisteas für ihn auf den Rasen schickte. Keine wütenden Armbewegungen, keine aufgeblasenen Backen, ja nicht einmal ein Gruß an die Fans und der schnelle Lauf in die Kabine folgten der Maßnahme seines Chefs, wie man es sonst von ihm kannte. Doch kaum war er an der Ersatzbank angekommen, war es vorbei mit der Beherrschung. Wütend warf der Brasilianer die ihm zugedachte Trainingsjacke hinter sich und kauerte sich vor die Bank. Auch die 17. Auswechslung in dieser Saison, die Spitzenwert in der Bundesliga bedeutet wie seine bislang 25 Tore, hat er nicht gelassen ertragen. (…) Trainer Schaaf, der seine sprichwörtliche Bärenruhe in diesen Wochen besonders gern zur Schau stellt, verblüffte mit dieser Wertung: „Ich bin zufrieden“, sagte er und lächelte dieses undurchdringliche Schaaf-Lächeln, „die Mannschaft hat angegriffen und wollte etwas bewegen.“ Es sei zwar nur ein Punkt geworden, aber „wir sammeln eifrig und fleißig weiter.“ Von Ailton sprach Schaaf lieber nicht. Es war eine eigenartige Gemengelage spürbar, zwischen Beschwichtigung, Selbstsicherheit und Ratlosigkeit, die einige Bremer beschlich. Denn Ailton ist nicht der einzige Schlüsselspieler, dem nach zwanzig Bundesligaspielen ohne Niederlage und kurz vor dem großen Ziel, der vierten deutschen Meisterschaft, die Form ein wenig abhanden gekommen ist. Kapitän Frank Baumann und Fabian Ernst wirkten müde. Und Johan Micoud, Kopf des Bremer Spiels, verschwand wieder wortlos und frustriert mit raumgreifenden Schritten in den Stadiongängen.“

Guck mal, Ailton! Dein Bewacher wohnt noch bei Mama und Papa im Kinderzimmer

Markus Jox (taz 20.4.): „Per Mertesacker nach dem Schlusspfiff zu beobachten, war eine helle Freude. Der ausgepowerte, aber glückliche Abwehrspieler von Hannover 96 harrte, in eine hellblaue Decke gewickelt, des Interviews, das ein gelhaariger Jungreporter vom Deutschen Sportfernsehen gleich mit ihm führen würde. Rasch strich sich Mertesacker die Bubi-Frisur zurecht und grinste ein wenig in sich hinein, so wie alle Spieler von Hannover 96 grinsten, und Trainer Ewald Lienen natürlich obendrein. „Guck mal, Ailton! Dein Bewacher wohnt noch bei Mama und Papa im Kinderzimmer“, hatte die Boulevardpresse in der Vorberichterstattung zum Spiel gehöhnt. Der 1,98 m lange Schüler Mertesacker, der im Mai das Abitur machen wird, ließ sich von solchen Mätzchen nicht irritieren. Ailton, der die Bundesliga-Torjägerliste mit 25 Treffern anführt, machte gegen den jungen Mann keinen Stich.“

1. FC Köln – VfL Bochum 1:2

Thomas Klemm (FAZ 20.4.) sieht und hört starke Verlierer: „Wie schrecklich schön Absteigen sein kann, zeigten die Kölner Fußballprofis abermals ihren anhänglichen Zuschauern. An Engagement fehlte es dem jungen Team nicht, an Kreativität kaum – nur die alte Abschlußschwäche verhinderte aufs neue ein Erfolgserlebnis. Während die Bochumer ihre wenigen Torchancen laut Neururer „mit Glück“ ausgiebig nutzten, scheiterten die Kölner dutzendfach. Für die kommende Saison wünscht sich FC-Trainer Marcel Koller daher „einen erfahrenen Stürmer, der den jungen Vertrauen und Sicherheit geben kann“. Ein gestandener Nebenmann würde auch Lukas Podolski helfen, der nach allgemeiner kölscher Sichtweise nicht nur die sportliche Zukunft des FC sichern kann, sondern auch der Nationalmannschaft guttäte. Koller machte sich für eine EM-Teilnahme des Angreifers stark; nicht für die Endrunde der Junioren „Unter 21 Jahren“, sondern für die A-Nationalelf.“

Normal ist in Köln bedingungsloser Überschwang

Christoph Biermann (SZ 20.4.) fügt hinzu: „Einem gern zitierten Aperçu des Kabarettisten Jürgen Becker und des Stadtführer Marti Stankowski zufolge ist Köln ein „Biotop für Bekloppte“. Im Fall des 1. FC Köln muss man es inzwischen leider ernst nehmen. Die Niederlage konnte nämlich alle, die mit dem designierten Absteiger leiden, ohne Umweg in den Irrsinn treiben. Alle Probleme der vergangenen Monate wurden dabei nochmals aufs Engste verdichtet. Schwungvoll, ja mitunter hinreißend spielte die junge Mannschaft, erarbeitete sich fast ein Dutzend Gelegenheiten – und nutze nur eine davon. Wie da der Ball im Bochumer Tor nicht untergebracht wurde, das war mitunter schon bizarr. Aber man hat es in dieser Saison schon so oft gesehen, dass der Kölner Stadt-Anzeiger den FC „Gefangen in der Gummizelle“ wähnt. So sehr die Kölner auch gegen deren Wände rennen, am Ende stehen sie stets nur verbeult da. „Sie können es nicht bestimmt mehr hören“, sagte Peter Neururer, „aber sie haben gut gespielt und einen Uefa-Cup-Aspiranten fast total beherrscht, bis auf ein paar kleine Schwächen.“ Genau diese Unachtsamkeiten in der Abwehr führten zu den Gegentoren und zu leicht spöttischen Mitgefühl der Sieger. „Eigentlich muss man mit dem 1. FC Köln schon seit zehn Jahren Mitleid haben“, sagte Thomas Zdebel. Der Mittelfeldspieler des VfL Bochum wohnt in Köln und konnte über den Rahmen des Spiels nur den Kopf schütteln: „Die sind Letzter, und es sind 43 000 Zuschauer im Stadion, das ist doch nicht normal. Aber was ist in Köln schon normal?“ Normal ist in Köln zweifellos bedingungsloser Überschwang, wo immer es möglich ist. Weil über die Gegenwart aus verständlichen Gründen niemand mehr reden mag, und die Zukunft einen Namen hat, richten sich nun alle an Lukas Podolski, 18, auf. Den Stürmer, gegen Bochum erneut einer der Besten und Torschütze zum zwischenzeitlichen Ausgleich, empfahl Marcel Koller nachdrücklich für die Nationalmannschaft.“

Allgemein

Mit spontanem Herumfuhrwerken muss Schluss sein

SZ-Interview mit Christian Ude, Oberbürgermeister Münchens und Aufsichtsrat bei 1860 München, über die Zukunft des Vereins

SZ: Herr Ude, wie bewerten Sie die jüngsten Ereignisse beim TSV 1860?
CU: Ich kann es nur in dem Satz zusammenfassen: 1860 ist mehr denn je über den Verdacht der Professionalität erhaben. Die Spannungen zwischen Präsident und Vizepräsident hätten intern geregelt und erst im Aufsichtsrat vorgebracht werden sollen. So hätte man sich manchen Auftritt sparen können.
SZ: Das klingt nach Vorwürfen. Meinen Sie Präsident Karl Auer?
CU: Ich möchte nicht Einzelpersonen, die ein furchtbar schwieriges Amt in einer krisenhaften Situation übernommen haben, mit tadelnden Worten belegen. Der Gesamtauftritt des Vereins hätte professioneller sein können.
SZ: Das Vorpreschen des Vizepräsidenten Hans Zehetmair, der die Entlassung von Trainer Falko Götz verkündet hatte, kam dessen Gegnern nicht ungelegen. Zehetmair wurde isoliert, er trat zurück.
CU: Ich glaube, dass es Unverträglichkeiten an der Spitze gab. Persönlich bedauere ich, dass Zehetmair das Präsidium verlässt. Er war eine sehr bekannte, öffentlich anerkannte Persönlichkeit. Der Verein ist gut beraten, die Kräfte zu bündeln und sie nicht zu zersplittern.
SZ: Sie hätten sich Zehetmair als Präsident gewünscht. Ist dessen Rücktritt als Vize eine Niederlage für Sie?
CU: Nein. Es ist nicht so, dass ich mein politisches Schicksal mit CSU-Politikern verbinden würde. Aber wenn einer der bekanntesten Mitglieder die Segel streicht, ist das unerfreulich. Mein Vorschlag wäre gewesen, Zehetmair zum Präsidenten zu wählen und damit deutlich zu machen, dass Repräsentanten jeglicher Coleur zusammenhalten, um den Karren aus dem Graben zu ziehen.
SZ: Auer gelingt das offenbar nicht.
CU: Ich kannte Herrn Auer als einen loyalen Aufsichtsrat, der sich aber wenig profiliert hat. Deswegen konnte ich bei seiner Wahl auch keine besonderen Erwartungen an ihn richten. Er ist vielleicht nicht so reformfreudig, wie man sich wünschen könnte. Aber er bringt Ruhe hinein und mehr Führungskraft, als ihm manche zugetraut haben.
SZ: Wie geht es bei 1860 weiter?
CU: Die Termine von 60 sind für mich das undurchschaubarste Rätsel. Ich habe schriftlich verlangt, dass wir in Zukunft einen festen Terminfahrplan haben, an dem festgehalten wird. Es gibt kein anderes Gremium, in dem Termine derart kurzfristig geändert und mehrfach verschoben werden. Aber ich werde in die nächste Sitzung des Aufsichtsrats gehen und dann auf einer festen Terminplanung bestehen. Mit diesem spontanen Herumfuhrwerken muss Schluss sein.

Ist Auer nichts anderes als eine Marionette?

Martin Hägele (NZZ 20.4.) schreibt dazu: „Vanenburg, mit den Niederlanden 1988 Europameister, bringt in die Branche frischen Wind und kennt die Gegebenheiten in München: Er hat von Juli 1998 bis Dezember 1999 bei den Löwen die Rolle des Regisseurs gespielt, aber als Assistenzcoach schon nach ein paar Tagen das Handtuch geworfen. Schnell hatte Vanenburg gemerkt, dass die Zusammenarbeit mit dem Vorgesetzten, dem Österreicher Peter Pacult, nicht funktionieren konnte – diese Weitsicht spricht für Vanenburg. (…) Alle Hoffnungen, wonach der TSV 1860 München nach dem Rücktritt des patriarchischen Präsidenten Karl-Heinz Wildmoser wieder ein stolzer Verein werden könnte, haben sich offenbar innert kürzester Zeit zerschlagen. Anders lassen sich jedenfalls die momentanen Äusserungen von Sportdirektor Dirk Dufner nicht interpretieren. Man müsse den Traditionsverein „im Geist Wildmosers“ weiterführen, hatte Dufner gesagt. Und an Pressekonferenzen oder in Interviews stimmt er ein Loblied nach dem andern auf den „sensationellen Präsidenten Wildmoser“ an, der dem Verein in zehn Jahren zu einer gesunden Basis verholfen habe. Dufners Leitsatz: „Die hervorragende Arbeit von Wildmoser wird mit Karl Auer fortgesetzt.“ Wer jedoch den neuen Präsidenten Auer bisher erlebt hat, erhält einen etwas differenzierteren Eindruck. Auer mag ein erfolgreicher Grossmetzger sein, aber die Leitung eines mittelständischen Sportbetriebs verlangt, vor dem Hintergrund unzähliger Emotionen, andere Qualitäten. Ist Auer also in Wirklichkeit nichts anderes als eine Marionette?“

Goldfuß in Lorants Hoch-Weit-System

Thomas Hahn (SZ 20.4.) präsentiert den Neuen in München: „Vanenburgs Biographie weist ihn als Sportsmann aus, der den Kompromiss zwischen Leidenschaft und Geschäftssinn durchaus zu finden weiß. Im Fußball ist er früh zu Ehren gekommen: Debüt mit 16 in Hollands Eredivisie, Nationalspieler für die Niederlande (41 Mal), Europameister 1988, achtmal niederländischer Meister mit Ajax Amsterdam und PSV Eindhoven, fünfmal Pokalsieger. Und als sein Stern langsam sank, begann der kommerziellere Teil seiner Karriere: Drei Jahre Japan bei Yamaha und Jubilo Iwata, eine Saison FC Utrecht, eine Saison AS Cannes, mit dem er abstieg, und endlich der Wechsel zu 1860 München, ins Regime des berüchtigten Polterers Werner Lorant. Dort hat er sich dann hervorgetan als Goldfuß in Lorants Hoch-Weit-System, das in der ersten Saisonhälfte 1998/99 eine seltene Blüte erlebte, ehe es im Sturzflug von einem Champions-League-Platz zurück ins Mittelmaß rauschte. Im selben Sommer noch nahm Vanenburg seinen ersten Abschied von den Löwen mit freundlichen Grüßen an Lorant („Mit mir als Trainer wären wir nicht abgestürzt“), die er aber wieder vergessen hatte, als Lorant ihn ein halbes Jahr später aus seinem Ruhestand herauskaufen wollte, weil er eine schnelle Notlibero-Lösung brauchte.“

Peter Unfried (SpOn 19.4.) vermisst Professionalismus in vielen Vereinsführungen: „Die Sache in München ein weiterer Beweis ist für das traurige und unprofessionelle Bild, das die Fußball-Bundesliga in diesen Tagen jenseits von Bremen abgibt. Möglicherweise auch ein Grund, warum der ehemalige Nationalmannschaftskapitän Oliver Bierhoff gerade so besonders unangenehm auffällt mit seinem Versuch, Wirtschaft und Gesellschaft zu erklären, was man vom Fußball lernen kann, um in die speziell, auch von Bayern-Aufsichtsrat Dr. Edmund Stoiber so gern beschworenen „Champions League“, zurückzukehren. Was denn? Stillos und peinlich wie 1860 ist man anderswo in Politik, Wirtschaft, Medien und Gesellschaft auch (von der Bundespräsidentensuche der Union bis zu: Gottschalk feiert 50 Jahre Rock). Aber vielleicht möchte der eine oder andere vom Sport gezeigt bekommen, wie man ein Unternehmen zu einem Sanierungsfall herunterwirtschaftet? Da kann man bei Borussia Dortmund oder dem 1. FC Kaiserslautern in der Tat einiges lernen. Von grundsätzlichem ökonomischem Versagen abgesehen, ist man derzeit auch vielerorts darum bemüht, geballt Anti-Werbung in eigener Sache zu machen. Das fängt wie immer beim FC Bayern an, wo man so grundsätzliche Probleme hat, dass man stille schweigen sollte und froh sein, die Direktqualifikation zur Champions League zu erreichen. Stil und Niveau würde darin bestehen, die nun wirklich bemerkenswerten unternehmerischen und fußballerischen Leistungen der Bremer zumindest zu respektieren. Stattdessen zetert man seit Wochen über Schiedsrichterentscheidungen. Und zwischendurch reden die international wahrgenommenen Entscheider Hoeneß und Rummenigge auch noch die Spieler des taumelnden Ex-Konkurrenten Dortmund schlecht. (Was nicht heißt, dass die Dortmunder Verantwortlichen Niebaum und Meier die nach unten offene Anti-Image-Skala nicht noch weiter ausgedehnt hätten). (…) Meine persönliche Geschichte 2004 ist die Erkenntnis, dass die Professionalisierung der Fußball-Unternehmen längst nicht so weit vorangeschritten ist, wie die Protagonisten das gerne suggerieren. Die zeitweilige Hoffnung, in naher Zukunft würden Konzept-Sportdirektoren mit Konzept-Trainern enthysterisiert an mittelfristigen oder gar grundsätzlichen Verbesserungen arbeiten, hat sich nicht erfüllt. Mittelfristige Konzepte? „Irgendwie“ und „überstehen“ ist derzeit die Unternehmensphilosophie an Orten, wo mehr versprochen wurde. In Berlin, Wolfsburg, Hannover (sportlich), in Dortmund und Hamburg (sportlich und ökonomisch). In Kaiserslautern sowieso. Im Vergleich zu manchem anderen wurde in Köln und Frankfurt allem Anschein nach fast rational und im Rahmen des Möglichen effektiv gearbeitet. Ob es Unfähigkeit ist oder Unmöglichkeit an manchen Orten, die verheißene Professionalisierung von Fußballunternehmen über die Organisation der Geschäftsstelle hinaus entscheidend voranzubringen, ist pauschal nicht zu sagen. Jedenfalls wurde vielerorts zusammengekauft, was mittelfristig die gemeinsame Philosophie von Club, Sportdirektor und Trainer auf dem Platz ausdrücken sollte – aber nicht refinanzierbar war. Oder auf dem Platz nicht oder noch nicht zusammenpassen wollte. Oder beides.“

FAS-Interview mit Michael Meier, Manager Borussia Dortmunds, über Dortmunder Geld und Zukunft

FAS: Dieses Geschäftsjahr wird bei einem Halbjahresverlust von knapp 30 Millionen Euro und einem möglichen Ganzjahresminus von 50 Millionen Euro nicht gerade als glänzend in die Geschichte des BVB eingehen. Hier und da ist sogar mit der Gefahr des Lizenzentzuges spekuliert worden.
MM: Da ist viel Blödsinn geschrieben worden. Borussia Dortmund hat ein Eigenkapital von 120 Millionen Euro. Damit ist ein Halbjahresverlust von 29 Millionen oder Ganzjahresverlust von 50 Millionen Euro, wie ihn die Analysten der Hypo-Vereinsbank hochgerechnet haben, aufzufangen. Die Liquidität für die neue Saison, das wichtigste Kriterium des Lizenzierungsverfahrens, ist gewährleistet. Wir haben in unseren Gesprächen mit der DFL deutlich gemacht, daß der in der Bilanz der GmbH&Co KGaA ausgewiesene Halbjahresverlust von 29 Millionen Euro vor allem auf das Nichterreichen der Champions League zurückzuführen ist. Da sind wir ein, man muß es im nachhinein sagen, gewaltiges Risiko eingegangen, das sich nicht ausgezahlt hat. Unsere Planung für das kommende Jahr basiert allein auf dem nationalen Wettbewerb.
FAS: Auch deshalb muß der BVB sparen und mit neuen Kostenstrukturen die nähere Zukunft bewältigen. Eine Erwartung gründet auf Transfererlösen von rund 25 Millionen Euro, wie es heißt. Andererseits sind die Verkaufsaussichten angesichts der international kriselnden, teilweise fast zusammengebrochenen Märkte nicht gerade rosig.
MM: Wenn wir geplante Transfers aufgrund der Marktsituation nicht nach Wunsch realisieren könnten, müßten wir Alternativen anbieten. Die haben wir, doch wollen wir darüber noch nicht öffentlich reden. Die DFL ist informiert, was wir für den Fall des Falles geplant haben.
FAS: Ihr größter Verkaufsschlager im Augenblick scheint Torsten Frings zu sein. Die Münchner, die Frings‘ Mannschaftskameraden Tomas Rosicky als, gelinde gesagt, schwer verkäuflich bezeichnet haben, geben sich im Fall des deutschen Nationalspielers zumindest interessiert.
MM: Bei den Bayern wird derzeit ein bißchen viel über uns und unsere Spieler geredet. Wir haben Frings nie angeboten und werden überhaupt Spieler nur im Rahmen des wirtschaftlich Machbaren, also zu akzeptablen Konditionen, verkaufen. Bayern München hat bisher nie offiziell nach Torsten Frings gefragt. Wenn sie ihn haben wollen, sollen sie das bitte schön sagen. Wir haben keinen Anlaß, uns an Spekulationen zu beteiligen. Ich werde mich aber auch hüten zu sagen, der Torsten Frings wird für ewige Zeiten in Dortmund spielen. Wir haben gesagt, wenn wir Spieler verkaufen können, werden wir das tun, weil es auch unsere Aufgabe ist.
FAS: Gibt es eine bestimmte Summe, die Sie für die kommende Saison mit Ihren Spielerverkäufen einnehmen müssen?
MM: Nichtrealisierte Spielerverkäufe streicht die DFL sowieso aus dem Lizenzierungsantrag. Insofern gibt es keine Vorgabe, die uns zwingt, diese oder jene Summe zu erreichen. Intern haben wir natürlich schon konkrete Vorstellungen.
FAS: Ein Betrag zwischen 25 und 30 Millionen Euro?
MM: Ich wäre ein schlechter Kaufmann und Geschäftsführer eines börsennotierten Unternehmens, wenn ich jetzt konkret würde.

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