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Vermischtes

Oliver Fritsch | Donnerstag, 6. Mai 2004 Kommentare deaktiviert für Vermischtes

Schalke 04 und seine Fans, ein außergewöhnliches Verhältnis – Valérien Ismaël (Werder Bremen), „Muster eines mündigen Führungsspielers“ (SZ) – AS Monaco im Finale der Champions League – „leicht zu erkennen, wer Portos bester Mann ist: der Trainer José Mourinho“ (taz) – endet das Torwartmärchen Robert Enkes doch noch gut? (FAZ) u.v.m.

Der Schalker ist eine besondere Spezies Mensch

Christoph Biermann (SZ 6.5.) schreibt eine Reportage zum 100. Geburtstag Schalke 04s: „Bodo Berg wurde vor bald 50 Jahren in einer Zechensiedlung in Gelsenkirchen-Erle geboren. Bereits sein Vater war Schalke-Fan, und sein Großvater hatte sich das Vereinsemblem mit Kohlenstaub in den Unterarm tätowiert. Seit den Sechzigerjahren ist Berg mit seinem Klub durch Deutschland und Europa gefahren. Er hat Pokale mitgewonnen, ist mitabgestiegen und sagt: „Der Schalker ist eine besondere Spezies Mensch.“ Vor vier Jahren hat er diese besondere Spezies in einem Buch zu beschreiben versucht. „Mehr als ein Spiel. Aus dem Leben eines Fußballfans“ ist von einer großen Sehnsucht nach dem Gestern durchzogen. Bei vollem Bewusstsein, dass es nicht besser als das Heute war. Ganz ist diese Haltung nicht verflogen. „Es gibt nicht wenige Fans, die sagen, dass im Parkstadion alles besser war“, sagt Berg. Und wenn er selbst sich auch mit der supermodernen Arena AufSchalke längst arrangiert hat, will er nicht abstreiten, „dass ich es manchmal vermisse, beim Bier auf einen Sieg bis zu den Knien im Schlamm zu stehen“. Ein seltsamer und nicht seltener Zwiespalt ist das. Die Fans des FC Schalke 04 sind stolz darauf, dass sie es sind, die Schalke durch ein Jahrhundert getragen haben und selbst die schlimmsten Zeiten haben überstehen lassen. Sie wissen, dass ihre Anhänglichkeit den Klub unterscheidbar macht. Der Klub weiß es auch und hat daher, schon vor Jahren, als erster Bundesligist einen Fan in den Aufsichtsrat aufgenommen. „Schalke hat immer schon die Interessen der Fans hoch geachtet“ sagt Berg. Doch längst ist deren unzerstörbare Zuneigung auch ein Teil des Marketings eines modernen Unterhaltungsunternehmen, und vielleicht liegt irgendwo sogar ein Papier in der Schublade, das die Treue der Fans als Teil der Markenbildung von Schalke ausweist. Berg jedenfalls ist nicht immer wohl mit seinem Klub. „Ich habe Ernst Kuzorra noch kennen gelernt“, sagt er, „wenn man ihn heute durch den Fanshop führen würde, bekäme er einen Schreikrampf.“ Gerade jetzt ist eine ganze Reihe neuer Devotionalien im Sortiment, denn in dieser Woche feiert Schalke 04 seinen hundertsten Geburtstag. (…) Die richtige Feier mit großem Showprogramm steigt am Samstagabend, da werden in die Arena wohl 60 000 Zuschauer kommen. Wieder einmal wird der Klub von der Liebe seiner Fans fast erdrückt. „Hier kann man mitleiden wie nirgendwo sonst“, sagt Berg erklärend. Das stimmt zwar so nicht, auch anderswo fahren Anhänger mit ihren Klubs in der Gefühlsachterbahn. Aber hier geht es mehr als anderswo um Zusammengehörigkeit unter einem Dach, das Schalke 04 heißt und dieser Tage mitunter wie das Dach einer Kirche erscheint. Dieser von Bergarbeitern im Stadtteil Schalke gegründete Klub stillte wie kein anderer die Sehnsucht der kleinen Leute nach sportlichen Triumphen mit deutschen Meisterschaften. Diese großen Siege liegen lange zurück, so lange, dass der Mythos Schalke immer nur noch größer wird. Es gibt in Schalke keine Emotionen, die es anderswo nicht auch gäbe, aber hier gibt es sie en masse. Bodo Berg, der gelernte Möbelrestaurateur, ist inzwischen „Berufsfan“ geworden, wie er sagt. Er hat vor zwölf Jahren die mehrfach ausgezeichnete Initiative „Schalker gegen Rassismus“ mitgegründet und arbeitet inzwischen für das vereinsübergreifende Projekt „Dem Ball ist es egal, wer ihn tritt“. Im Stadion ist er Fan geblieben, jubeltrunken oder deprimiert, wie auch Thomas Kirschner. Der 24-jährige Jurastudent ist Vorsitzender der „Ultras Gelsenkirchen“, die inzwischen über 500 Mitglieder haben. Das hat nichts mit politischem Radikalismus zu tun. Wie überall repräsentieren die Ultras auch in Schalke eine neue Fankultur, bei der die optische Selbstinszenierung der Fan-Kurve im Vordergrund steht. Sich an südeuropäischen Kurven orientierend, versuchen sie zum Motor der Stimmung zu werden. Selbstverständlich ist das in der Arena nicht mehr. „Mittlerweile braucht es ein gutes Spiel, um gute Stimmung zu haben“, sagt Kirschner. Die königsblaue Emotionsmaschine kommt auch deshalb schwerer in Gang, weil sie von einem Teil der Besucher eher besichtigt als gelebt wird. „Mich stört es, dass man auf Schalke ab und zu das kleine Schwarze sieht“, sagt Berg. In den Logen und auf den Business-Seats ist ein Publikum zu Gast, das so ins Stadion geht, wie es auch beim Musical erscheinen würde.“

Muster eines mündigen Führungsspielers

Am Erfolgs Werder Bremens habe Valérien Ismaël großen Anteil, meint Jörg Marwedel (SZ 6.5.): „Vielleicht, hat Werders Sportdirektor Klaus Allofs unlängst laut gedacht, sei dieser Ismaël der beste Einkauf, den er als Manager bislang getätigt habe, was bedeutet: noch besser als Johan Micoud, der Regisseur, oder der von ihm reaktivierte Weltstar Julio Cesar, mit dessen Verpflichtung Allofs nach seinem Entree 1999 seine Nase für unkonventionelle Personalien bewies. Und das Erstaunliche ist: Allofs hat kaum Widerspruch geerntet. Nur wenige Experten in Deutschland kannten Valérien Ismaël, als Bremens Manager den 1,91 Meter langen Defensivstrategen im vergangenen Sommer von Racing Straßburg zunächst auf Leihbasis holte. Und wenn einer etwas wusste, hieß es: schwieriger Spieler; hatte Krach mit Trainern; scheiterte in England bei Crystal Palace, das er nach nur zehn Monaten wieder verließ. Etiketten, aus denen sich gut Klischees schnitzen lassen. Auch Willy Sagnol, Ismaëls Landsmann vom FC Bayern, sagt: „In Frankreich war er ein ganz normaler Spieler, nicht außergewöhnlich gut.“ Die Umstände in Bremen aber haben einen anderen Ismaël zum Vorschein gebracht. Einen, den man das Muster eines mündigen Führungsspielers nennen darf und der längst souverän mit der Tatsache umgeht, es bislang weder zum Nationalspieler noch zu einem Meistertitel gebracht zu haben. Einmal, mit dem RC Lens, hat er sogar einen Vorsprung von acht Punkten verspielt. Das könnte ein Ansatz sein für Uli Hoeneß“ Psychokrieg. Doch Ismaël sagt nur: „Damals hatten wir Angst, heute nicht. Valérien Ismaël sagt das mit der Überzeugung eines Mannes, dem in Bremen sehr schnell sehr viele wichtige Funktionen zugewachsen sind: Er ist der Abfangjäger, der Spieleröffner, der Kommandeur, der Freistoßexperte. Und er ist derjenige, der Micoud noch wertvoller für die Bremer gemacht hat. Wenn der zuweilen schnell frustrierte Spielmacher auf dem Platz missmutig wird, eilt Landsmann Ismaël herbei und mahnt: „Ruhig Joe, es geht weiter.“ Noch im Vorjahr hatte Micoud die Kollegen in schwächeren Phasen mit seinem Ärger hinuntergezogen, jetzt reißt er sich meist zusammen.“

Flurin Clalüna (NZZ 6.5.) teilt den Finaleinzug des AS Monaco mit: „Bald vier Jahre hat er seit seiner Ankunft an der Stamford Bridge jetzt schon am Chelsea FC herum gewerkelt, der „Tinkerman“, der Bastler, wie die englischen Zeitungen den Manager Claudio Ranieri höhnisch nennen. Einen Titel hat der Italiener in dieser Zeit an seinem Werkplatz nicht zusammenschustern können. Und seit mit der Machtübernahme von Roman Abramowitsch die „russische Revolution“ über den exklusiven Westlondoner Klub hereingebrochen ist, gibt es ohnehin nur noch eine Maxime: Siege und Trophäen – und zwar subito. Die letzte Chance auf einen Titelgewinn in dieser Saison hat Ranieri am Mittwoch gegen die AS Monaco vertan. Die Equipe aus dem Principauté steht zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte im Final der Champions League. Ein schwacher Trost bleibt dem 53-jährigen Ranieri immerhin. Der direkte Augenkontakt mit seinem mutmasslichen Nachfolger, dem portugiesischen Coach José Mourinho, ist ihm nach dem Ausscheiden erspart geblieben. Der neue Shootingstar der Branche, der seine Karriere 1992 als Übersetzer von Bobby Robson bei Sporting Lissabon begonnen hatte, gilt als der kommende starke Mann in Chelsea.“

Leicht zu erkennen, wer Portos bester Mann ist: der Trainer
Ronald Reng (taz 6.5.) muss uns stellt José Mourinho, Portos Trainer, nicht vorstellen; das kann Mourinho schon selber: „Es ist dem schönen Mann mit der ordentlich gegelten Frisur, dem schicken Ledermantel und der sauber gebundenen Krawatte anzumerken, dass er José Mourinho ziemlich gut findet. Er lobt in pompösen Worten Mourinhos Werk, er zählt detailliert auf, wie toll Mourinho seine Mannschaft vorbereitet hat. Der junge Trainer hat den Außenseiter FC Porto gerade ins Finale der Champions League geführt – und trotzdem wirken die Elogen in den Katakomben des Riazor-Stadions von La Coruña etwas irritierend. Weil der Mann, der so begeistert von José Mourinho erzählt, José Mourinho selbst ist. „In Portugal sagen sie, ich sei arrogant. Aber ich bin ein guter Trainer“, sagte er einmal und merkte vermutlich nicht einmal, dass er mit dem Selbstlob im zweiten Satz das Vorurteil aus dem ersten bestätigte. Im Übrigen kann man nicht anders als Mourinhos hohe Meinung über Mourinho zu teilen. In Porto hat der 41-Jährige eine Erfolgself geschaffen, wie es sie nach der Logik des modernen Fußballs gar nicht mehr geben dürfte. Nachdem in den Neunzigern das Bosman-Urteil den Einsatz von unbeschränkt vielen ausländischen Spielern erlaubte und die führenden Fußballnationen wie Spanien oder England vier Vereine in der Champions League ins Rennen schicken durften, begann das Zeitalter der Superklubs, Manchester United, Real Madrid, AC Mailand, „und die Vereine in Portugal verloren den Verstand, weil sie nicht wussten, wie sie noch eine Chance haben sollten“, sagt Mourinho. Dann kam er, der selber nie höher als Zweite Liga gespielt hatte und in dieser Klasse noch 1994 als Assistenztrainer arbeitete. In Porto baute er eine Elf, wie sie seit Bosman ausgestorben schien, mit fast nur portugiesischen Spielern (…) Während Portos Kreativer Deco mit Risikopässen bestach, war leicht zu erkennen, wer Portos bester Mann ist: der Trainer. Sein kurioser Weg als Übersetzer in den großen Fußball verleitet oft zur Annahme, er sei da zufällig hineingestolpert. Tatsächlich verinnerlichte Mourinho das strategische Denken eines Trainers schon als Kind. Sein Vater Felix war Trainer bei bescheidenen Erstligisten in Portugal und der Sohn immer dabei. „Als 14-Jähriger bekam ich vom Vater schon Aufträge, Gegner zu beobachten, zu analysieren. Von seiner Siegprämie gab er mir zehn Prozent.“ Nun reizt ihn England, das Land, wo er Sport studierte. Der FC Chelsea will ihn. Ob Mourinho in England, wo Eigenlob das schlimmste Verbrechen ist, viele Freunde findet, sei dahingestellt. Aber Chelsea würde einen exzellenten, den außergewöhnlichsten Trainer des internationalen Spitzenfußballs bekommen. Und das hätte José Mourinho nicht besser über José Mourinho sagen können.“

Das Kraftwerk hat den Strom abgeschaltet

Paul Ingendaay (FAZ 6.5.) schildert Niedergeschlagenheit in La Coruña: „Das Stadion Riazor von La Coruña ist wegen mindestens zweierlei berühmt: Zum einen hat hier der heimische Fußballverein Deportivo in dramatischen Aufholjagden schon so manchen europäischen Giganten vom Feld gefegt, zuletzt mit 4:0 den AC Mailand. Und zum anderen sitzen im feuchten Klima des spanischen Nordwestens wohl die treuesten Fans von ganz Spanien. Im Halbfinal-Rückspiel gegen den FC Porto, bei Dauerregen und heftigem Wind, war von fußballerischer Größe überhaupt nichts, von Treue dafür um so mehr zu sehen. Die Fans von Deportivo La Coruña weinten hemmungslos. Immer wieder schwenkten die Fernsehkameras von der 59. Minute an auf die Gesichter junger Mädchen mit dicken Pullovern und blauweißen Schals, die untröstlich ins Leere blickten und die Tränen gar nicht so schnell wegwischen konnten, wie sie flossen. In dieser 59. Minute entschied sich eine verbissen geführte Partie mit wenigen Glanzlichtern: Das Elfmetertor von Derlei. Daß der FC Porto an diesem Abend die bessere, klügere Mannschaft war, mochte niemand bestreiten. Doch die eigentliche Enttäuschung war, daß die Galicier gegen den Nachbarn aus Portugals Norden nie ins Spiel fanden. Es lag nicht an mangelnder „Einstellung“, denn Iruretas Männer fühlten sich hoch motiviert, an frühere glanzvolle Taten anzuknüpfen; es waren nicht Trägheit, Formschwäche oder physisches Unvermögen. Es war viel schlimmer. Als probierte man hektisch eine Steckdose nach der anderen aus, ohne zu ahnen, daß das Kraftwerk den Strom abgeschaltet hat. (…) Wer Porto zuschaute, konnte lernen, wie man einer klassischen Angriffsmannschaft den Schneid abkauft. Die Portugiesen standen hinten sicher, gingen schneller zum Ball und gewannen die Zweikämpfe. Nicht nur Disziplin und mannschaftliche Geschlossenheit, auch die häufigen Fouls durch versteckte Schläge ins Gesicht erinnerten an die eisenharte Schule der Italiener. Portos Fußball ist nüchtern, unattraktiv und effizient, sicherlich nichts, was man sich im Finale der Champions League erträumt. Doch Trainer Mourinho ist stolz darauf, seinem Team jeden südländischen Schlendrian ausgetrieben zu haben.“

Ein zum Töten bestimmter Elitesoldat

Georg Bucher (NZZ 6.5.) fügt hinzu: „Wer Milan im Halbfinal mit 4:0 demütigt, der verliert offenbar den Respekt vor weniger klangvollen Namen als jenen des Berlusconi-Klubs und Titelhalters. Die Fiesta in La Coruña duldete keine Skeptiker, Deportivo und dem erstmals überhaupt im Riazor-Stadion weilenden König Juan Carlos wurden rote Teppiche ausgelegt. In dieser Inszenierung war Porto die Rolle des Erfüllungsgehilfen zugedacht, der den Weg nach Gelsenkirchen bahnen sollte. Konträre Eindrücke vermittelte indessen „TV Galicia“ von der Praça da Liberdade im Zentrum der nordportugiesischen Metropole: keine lateinische Begeisterung, eher angelsächsisches Fluidum und doch ein schier unerschütterliches Vertrauen in das Feuer der (eigenen) „Drachen“. Auch ohne Stars aus anderen Dimensionen, wie sie im Team der Galaktischen von Real Madrid stünden, sei der FC Porto Europas beste Mannschaft, verkündete ein älterer Portuense apodiktisch. Ähnlich rigide Sicherheitsvorkehrungen wie in La Coruña angesichts des Defilees von Prominenz und Fussvolk wurden im 50 Kilometer entfernten Kurort Guitiriz getroffen. Nach dem Gewinn des Landestitels und zuletzt mässigen Auftritten in der nationalen Superliga heckte Jose Mourinho in grüner Abgeschiedenheit eine Strategie mit „Joker“ aus. Benni McCarthy hatte fast zwei Monate nicht mehr reüssiert und musste deshalb zur Überraschung vieler Beobachter auf die Ersatzbank. Obschon er nach einem Kreuzbandriss kaum Matchpraxis hatte, kam dafür der Brasilianer Derlei zum Zug, der entscheidenden Treffern im Uefa-Cup 2003 gegen Panathinaikos und Celtic seinen Spitznamen „Ninja“ verdankt: Darunter ist ein zum Töten bestimmter Elitesoldat, ein Matador zu verstehen. Die Präsenz von Derlei würde psychologisch wirken, glaubte Mourinho. Sie könnte ein Signal an die Kollegen aussenden, sich in infernalischer Umgebung nicht verstecken zu brauchen und sogar den Takt vorgeben zu können. Diese Einstellung manifestierte sich vor allem in der ersten Viertelstunde der zweiten Halbzeit.“

Van Gaal hat in diesem Jahr nie mit mir geredet

Ein Fall für Ronald Reng; Peer Vorderwülbecke (FAZ 6.5.) erzählt die Torwartgeschichte Robert Enkes: „Mit 21 holte ihn Jupp Heynckes zu Benfica Lissabon. In aller Unbekümmertheit feierte der Jungprofi drei Jahre lang Erfolge in Portugal. Der Publikumsliebling wurde trotz seiner Jugend sogar Mannschaftskapitän. „Bei Benfica hätte ich einen Vertrag bis 2010 unterschreiben können – für sehr viel Geld“, erinnert sich der Torwart. Hätte er es nur getan. Enke wollte mehr, er wollte zur EM 2004 und deshalb für einen Klub spielen, der in Deutschland noch mehr in der Öffentlichkeit steht. Manchester United interessierte sich für den Senkrechtstarter. Enke entscheidet sich im Sommer 2002 für den FC Barcelona. Dort endet das Fußball-Märchen. Der 1,85 große Torhüter patzt vor der Saison in einem Pokalspiel gegen den Drittligaklub Noveldas, Barca verliert 2:3. Die stolze katalanische Presse hat den Schuldigen für die Schmach schnell ausgemacht: Robert Enke. Die komplette Saison verfolgt er abwechselnd von der Tribüne oder von der Ersatzbank aus. „Trainer Van Gaal hat in diesem Jahr nie mit mir geredet“, erzählt Enke. Dann kommt das Angebot von Fenerbahce Istanbul. „Eigentlich wollte ich nie in die Türkei“, sagt Enke rückblickend. Aber beim türkischen Topklub trainieren Christoph Daum und Eike Immel – eine ähnliche Konstellation wie damals bei Benfica Lissabon, er läßt sich überreden. Und der Nationaltorwart Immel schwärmt schon nach der ersten Einheit: „Ich habe noch keinen besseren Torwart trainiert.“ Aber das Auftaktmatch verläuft unglücklich für Enke – für alle überraschend löst er sofort seinen Vertrag auf. Der Torwart verteidigt sich gegen den Vorwurf, zu schnell aufgegeben zu haben. Er habe sich von Beginn an in Istanbul unwohl gefühlt. Eine überstürzte, vielleicht faire, ganz sicher eine folgenschwere Entscheidung. Zurück in Barcelona, verweigert ihm die Vereinsführung die Teilnahme am Mannschaftstraining, das Gehalt wird gestrichen. Bis zur Winterpause darf der Torwart laut FIFA-Statuten zu keinem anderen Verein wechseln. Enke ist arbeitslos. (…) Erst als im Winter 2003/2004 das Angebot aus Teneriffa kommt, geht es ihm wieder besser. Enke überlegt nicht lange und greift zu. Aber auch hier läuft es nicht wie gewünscht. Eigentlich war dem Modellathleten ein Stammplatz garantiert worden. Mit Enkes Vertragsunterschrift dreht sein Konkurrent Alvaro Iglesias plötzlich auf und bleibt vier Spiele in Folge ohne Gegentor. Torwartwechsel unmöglich. Den ersten Schritt in eine bessere Zukunft hat Enke unternommen. Eine Verletzung des Stammtorwarts Alvaro Iglesias öffnete ihm die Tür – und der Deutsche ist entschlossen hindurch gegangen. Seine Premiere gegen Elche gewann er mit Teneriffa 2:1. Seitdem ist sein Klub ungeschlagen und Enke 234 Minuten lang ohne Gegentor geblieben. Der Klub will ihm einen Dreijahresvertrag anbieten. Ob er annimmt oder auf etwas Besseres wartet?“

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