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Franca im Portrait: Milde Struwwelpeterfrisur

Oliver Fritsch | Freitag, 13. August 2004 Kommentare deaktiviert für Franca im Portrait: Milde Struwwelpeterfrisur

Champions-League-Qualifikation, Franca schießt drei Tore; Roland Zorn (FAZ 13.8.) schildert die Wandlung des Brasilianers: „Das Comeback der Leverkusener zeichnet sich jedenfalls ab, auch weil der zunächst verständnislos angestarrte Franca längst in Deutschland Fuß gefaßt hat. Schon in der vorigen Spielzeit kam der sensible Angreifer mit der milden Variante einer Struwwelpeterfrisur erheblich besser in der Bundesliga zum Zuge als zu Beginn seiner nun zwei Jahre in Deutschland. 14 Treffer und 13 Torvorlagen, das war schon eine beachtliche Quote, doch im Blickpunkt des Leverkusener Wirbelsturms stand allemal Dimitar Berbatow, der mit 16 Toren ähnlich eindrucksvoll das Vorurteil vom „Chancentod“ widerlegte. Sagten dem Bulgaren selbst seine schärfsten Kritiker zumindest noch das Talent zu mehr nach, wurde Franca, der aus dem brasilianischen Urwald stammt, rasch zum „Fehleinkauf“ abgestempelt. Dem Mann, der mit der imposanten Empfehlung von 113 Toren aus 204 Spielen vom FC São Paulo an den Rhein gewechselt war, wurde die Ablösesumme von 8,5 Millionen Euro vorgehalten und dazu das Etikett, das ihm anhaftete: „Was“, fragten sich die an der Echtheit des Zertifikats zweifelnden Beobachter, „ist denn das für eine eingerostete, angebliche Tormaschine? „Franca aber verzweifelte nicht angesichts von Trainern, die ihm begrenzte Spielräume zuwiesen und seinen Tatendrang damit, gewollt oder ungewollt, einengten. Der allmählich in der Selecao des fünfmaligen Weltmeisters vergessene Schützenkönig von gestern kämpfte gegen das Vorurteil an, arbeitete konzentriert an sich, gewöhnte sich an das neue Land – und fand sein Glück, als Augenthaler Ende der Saison 2002/03 zum Nachfolger von Thomas Hörster berufen wurde. „Er hat mir gesagt, nimm dir den Ball und mach mit ihm, was immer du willst.“ Dank Augenthaler befreite sich der höfliche Südamerikaner von seinen Zwangsvorstellungen und fand zu einer Spielweise, die überaus effektiv Mannschaftsdienlichkeit (Franca, der Torassistent) und solistische Entschlossenheit (Franca, der Goalgetter) miteinander verband.“

Daniel Theweleit (FR 13.8.) ergänzt: „Aus Sao Paulo gekommen, um Champions League zu spielen, waren seine Auftritte Monate lang so katastrophal, dass im Umfeld nicht ohne Ernst gezweifelt wurde, ob dieser Mann überhaupt ein Fußballspieler sei. Nach einer guten Spielzeit zuletzt, beglückt der Stürmer sein Publikum jetzt serienweise mit wunderbaren Anspielen und vor allem mit herrlichen Toren. Die Ursachen für diese Wendung liegen irgendwo in den psychischen Tiefen des Fußballers und seines Klubs. Doch Rätsel bleiben meist nach überstandenen Krankheiten dieser Schwere. Folglich vergisst man in Leverkusen lieber die Vergangenheit und preist die Gegenwart.“

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