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Internationaler Fußball

Wie wird sich José Mourinho schlagen?

Oliver Fritsch | Freitag, 13. August 2004 Kommentare deaktiviert für Wie wird sich José Mourinho schlagen?

Die Premier League startet am Wochenende / wie wird sich José Mourinho schlagen? – Zinedine Zidane wird kein Länderspiel mehr bestreiten

Spitzentrainer müssen wie Politiker auch gute Schauspieler sein

Die Premier League beginnt am Wochenende: Zeit für Geschichten und leidenschaftlichen Fußball, Raphael Honigstein (FR 13.8.): „Gut 300 Millionen Euro steckte Öl-Tycoon Roman Abramowitsch in den 14 Monaten seit seiner Übernahme des Vereins in neue Spieler. Die Investitionssucht trug zwar bislang keine Titelfrüchte, eines aber hat sie erreicht: In den Nebendisziplinen Glamour und Strahlkraft ist das Ensemble der Konkurrenz uneinholbar enteilt. There is no other show in town – die Spielzeit 2004/05 gehört, unabhängig von ihrem Ausgang, den Blauen. Dafür bürgt neben dem 34 Millionen Euro teuren Stürmer Didier Drogba (Olympique Marseille) vor allem der neue Trainer José Mourinho. Der Portugiese mit dem eindrucksvollen Lebenslauf – vom Dolmetscher zum Uefa-Cup- und Champions-League-Gewinner mit dem FC Porto brauchte er nur zehn Jahre – tritt seinen neuen Job mit Stoppelbart und einem Maß an Selbstgewissheit an, das in der höflichen Insel-Kultur unerhört ist. Mourinhos knallharte Sätze driften bisweilen in kalte Arroganz ab, allerdings wirkt die Kraftrhetorik sehr aufgesetzt. Der 41-Jährige kultiviert seine Unnahbarkeit wohl auch deswegen, weil er als Spieler nie selbst ganz oben hat mitmachen dürfen. Spitzentrainer müssen wie Politiker auch gute Schauspieler sein. Bisher spielt Mourinho die Rolle des charmanten Bösewichts überzeugend. Im Juni hat er die Rivalen gewarnt, es nicht mit psychologischen Tricks gegen ihn zu versuchen, denn: „Sie würden den Kürzeren ziehen“. Als vor Wochen ausgerechnet der von den Londoner Spielerkäufen beunruhigte Manchester-United-Trainer Alex Ferguson warnte, dass der Titel nicht zu kaufen sei, pflichtete ihm Mourinho clever bei: „Das stimmt, das hat man ja gesehen, als Porto das reiche United in der Champions League besiegt hat“. Mourinho trägt seit seiner Ankunft an der Themse demonstrativ Trainingsanzüge, um zu signalisieren, dass der erste Titelgewinn seit 50 Jahren nur mit viel Arbeit zu erreichen ist.“

Martin Pütter (NZZ 13.8.) kramt in seinem Fußball-Gedächtnis: „Brian Clough scheint endlich einen charismatischen Nachfolger in der englischen Fussballszene gefunden zu haben. Die englischen Medien oder genauer: die wie überall auf Fussball spezialisierte Regenbogenpresse ist der Ansicht, dass Chelseas Neuerwerbung José Mourinho zu ähnlichem, oft auch als Arroganz ausgelegten Sarkasmus neigt wie das „Grossmaul“ Clough, dessen grösste Erfolge der zweimalige Gewinn des Europacups der Landesmeister mit Nottingham Forest (1979/80) gewesen war. Der Portugiese, vom Chelsea-Eigentümer Roman Abramowitsch als Nachfolger für Claudio Ranieri engagiert, setzte sich gleich in Szene, indem er die in der letzten Saison begonnene Fehde mit Alex Ferguson fortsetzte, dem Amtskollegen bei Manchester United. (…) Abgesehen von Chelsea, Arsenal und Manchester United wird keinem anderen Klub eine Chance eingeräumt, am 14. Mai 2005 die Meisterkrone zu empfangen. Um Platz vier werden wohl Newcastle United und der FC Liverpool ringen, vielleicht mit dem Ligacup-Sieger Middlesbrough sowie Birmingham City als Mitstreitern. Die übrigen Premiership-Vereine werden versuchen, so früh wie möglich den Ligaerhalt zu sichern – was, wie allgemein erwartet, den drei Aufsteigern Norwich City, West Bromwich Albion und Crystal Palace am schwersten fallen wird.“

Ende der erfolgreichsten Fußballgeneration Frankreichs

Christian Tretbar (Tsp 13.8.) bedauert den Abschied Zinedine Zidanes aus der Nationalmannschaft: “Es war am 17. August 1994 in Bordeaux. In der 63. Minute im Freundschaftsspiel zwischen Frankreich und der Tschechischen Republik wechselte Aimé Jacquet einen neuen französischen Hoffnungsträger ein: Zinedine Zidane. Und der damals 22-Jährige bewies sofort, dass er einmal ein großer Spieler werden würde. Er erzielte beide Tore für Frankreichs Nationalmannschaft zum 2:2-Endstand. Es folgten 24 weitere Tore in 92 weiteren Einsätzen, ein WM- und ein EM-Titel. Zinedine Zidane hat alles gehalten, was er in jener Augustnacht in Bordeaux versprochen hatte. Gestern, fast genau zehn Jahre später, ist diese Ära zu Ende gegangen. „Ich werde meine Karriere in der französischen Nationalmannschaft beenden“, erklärte Zidane. Diese Entscheidung habe er sich reiflich überlegt, sie habe auch nichts mit Frankreichs enttäuschendem Abschneiden bei der EM in diesem Jahr zu tun. „Es gibt einfach einen Moment, in dem man Stopp sagen muss“, schrieb Zidane. Und dieser Moment sei jetzt gekommen. Auch weil nahezu alle seine Freunde wie Lizarazu, Desailly und Thuram, mit denen er vor sechs Jahren Weltmeister geworden ist, vor einigen Wochen schon ihren Abschied bekannt gegeben haben. Zidane: „Großartige Fußballer sind gegangen, nun bin ich dran.“ Einzig Torwart Barthez denkt noch ans Weitermachen. Trotzdem ist es das Ende der erfolgreichsten Fußballgeneration Frankreichs.“

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