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Ball und Buchstabe

Großmannssucht und Wichtigtuerei

Oliver Fritsch | Donnerstag, 23. September 2004 Kommentare deaktiviert für Großmannssucht und Wichtigtuerei

Roms Medien sind schlechte Verlierer (SZ) – Diego Maradona ist schwer zu heilen (FAZ)

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Schlechter Verlierer Rom – Birgit Schönau (SZ 23.9.): „Schiedsrichter Anders Frisk wird von der römischen Presse in einer Art zur Unperson gestempelt, wie man es seit den Zeiten des unglücklichen Byron Moreno nicht mehr erlebt hatte. Genau wie bei Moreno, der 2002 Italiens Nationalelf aus der WM pfiff, wird gnadenlos im Privat- und Geschäftsleben des Schiedsrichters gegraben. Der Messaggero hat eigens einen Reporter dafür abgestellt, der mit Polizeigewalt aus Frisks Garten vertrieben wurde. Die „neue Freundin“ des Schiedsrichters sei „blond mit butterweichen Formen“, vermeldete der Sportreporter von der Front. Frisk besitze eine „tolle, weiße Riesenvilla mit rotem Dach, einen Park mit Fußballplatz und einen silbergrauen Volvo“, mit dem er davon brause „wie unser Antonio Cassano mit dem Ball am Fuß“. Krankgemeldet habe er sich, und deshalb die „Villa seiner Freunde am Meer“ verlassen müssen, um sich in sein eigenes Landhaus zu begeben. Dabei weiß doch jeder in Rom, dass die Wunde so tief nicht war. Die Ärzte in der Notaufnahme des katholischen Gemelli-Krankenhauses hätten sich geweigert, den Schnitt zu nähen. Es habe eine lange Diskussion gegeben mit Frisk, der auf eine Naht bestand, und dem Mediziner, der in derselben Nacht die aufgeschlagenen Knie einiger Mopedfahrer zu verarzten hatte und dem Referee zum Schluss nur ein dickes Pflaster aufklebte. Soweit die Gerüchte in Rom.“

Großmannssucht und Wichtigtuerei

Diego Maradona ist schwer zu heilen – Josef Oehrlein (FAZ 23.9.): „Von der Behandlung in Kuba erwartet Maradona wahre Wunderdinge. In 45 Tagen will er wieder in Argentinien zurück sein, um nichts Dringlicheres zu tun, als an der Eröffnung eines neuen Hotels seines Freundes Alan Faena in einem exklusiven Flanier- und Residenzviertel von Buenos Aires teilzunehmen. Selbst sein Leibarzt, Doktor Cahe, der während der vergangenen Monate seinem vom Entziehungsdelirium heimgesuchten Schützling manche lebensgefährliche Eskapade nachgesehen hatte, gibt sich jetzt streng und meint, daß die Behandlung viel länger werde dauern müssen. Maradona hält sich für erhaben über derlei medizinischen Rat. Das ist Teil seiner Krankheit. Als er im April wegen akuten Herz- und Lungenversagens in das Argentinisch-Schweizerische Spital in Buenos Aires eingeliefert wurde, entließ er sich bald darauf selbst, weil er den Klinikbetrieb nicht mehr aushielt. Die Großmannssucht und Wichtigtuerei um die eigene Person konnten nur gedeihen, weil seine Umgebung und die Öffentlichkeit das Spiel stets mitmachten. Sogar der argentinische Präsident Néstor Kirchner, der illustre Besucher und selbst Amtskollegen oft stundenlang warten läßt oder sie trotz fester Terminvereinbarung schließlich doch nicht empfängt, hofierte Maradona und gab ihm eine Audienz, als er um die Ausreise nach Kuba ersuchte. Bestandteil einer erfolgreichen Behandlung in Kuba müsse es sein, Maradona zu „entmaradonisieren“, meinte eine spanische Zeitung. Das hat bisher noch niemand geschafft. Es hat bisher aber auch noch nie jemand gewollt.“

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