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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Interview

Ich habe zu viele junge Spieler erlebt, die mit zuwenig Respekt, Bescheidenheit und Demut an die Sache herangehen

Oliver Fritsch | Dienstag, 23. November 2004 Kommentare deaktiviert für Ich habe zu viele junge Spieler erlebt, die mit zuwenig Respekt, Bescheidenheit und Demut an die Sache herangehen

Ewald Lienen mit Michael Ashelm (FAS 21.11.)
FAS: Unter Ihnen ist Per Mertesacker zum Nationalspieler geworden. Welche Qualitäten muß ein Talent mitbringen, um sich durchzubeißen?
EL: Fußball muß nicht neu erfunden werden. Man muß technisch-taktisch auf der Höhe sein. In manchen Ländern wird noch besser ausgebildet als bei uns, das Thema ist noch nicht zu unserer Zufriedenheit gelöst worden. Die Ausbildung muß besser werden, damit die Anzahl der topausgebildeten Spieler größer wird. Da sind wir auf dem richtigen Weg mit der Ausländerbeschränkung bei Nicht-EU-Leuten. Es ist ein schiefes Bild in der Bundesliga, wenn man am Wochenende achtzig Leute auf dem Platz stehen hat aus Deutschland und zweihundert Ausländer. Daraus soll sich die Nationalmannschaft bilden?
FAS: Wie ist das im Fall Mertesacker?
EL: Wir haben ihm sofort das Amt eines Stammspielers in der Bundesliga übertragen. Wir haben gesehen, wie er auf dem Platz steht. Und der Junge ist von seinem Elternhaus, vom Charakter sehr gut vorgebildet. Ein intelligenter, ruhiger, bescheidener Junge.
FAS: Ist die neue Fußballgeneration vielleicht wieder zielstrebiger, ehrgeiziger als die der Neunziger?
EL: Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, daß es viel Licht und Schatten gibt. Ich habe Beispiele von jungen Leuten, die hier mittrainieren oder mittrainiert haben, die gar nicht merken, daß sie beim Bundesligaverein sind. Die schicken wir gleich wieder weg, weil das für mich zu kraß ist im Vergleich zu früheren Zeiten, in denen wir als junge Spieler kaum zu atmen gewagt haben, wenn Topspieler den Raum betraten. Ich habe zu viele junge Spieler erlebt, die mit zuwenig Respekt, Bescheidenheit und Demut an die Sache herangehen. Da fehlt der Biß. Früher hatte man die Straßenfußballer, die mußte man nur taktisch in die Spur setzen, und dann ging’s los. Heute muß ein großes Talent noch viel lernen, deshalb ist es um so unverständlicher, daß viele dies nicht begreifen wollen.

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