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Der neue Stoff, aus dem die Träume sind

Oliver Fritsch | Donnerstag, 9. Dezember 2004 Kommentare deaktiviert für Der neue Stoff, aus dem die Träume sind

Borussia Dortmund lechzt nach guten Nachrichten – Richard Leipold (FAZ 9.12.) hat eine: “Christoph Metzelder steht im Kabinengang des Westfalenstadions und strahlt wie ein Junge, der seine Angst vorm Zahnarzt besiegt hat. Der Verteidiger hat fast zwei Jahre bohrender Schmerzen hinter sich. Nun ist er wieder umringt von Reportern, schaut in Kameras und spricht in Mikrofone. Mit fester Stimme erklärt er sein Martyrium für beendet. Wie es geht? „Gut“, sagt er, „ich spüre nichts.“ Aber er hat sehr wohl etwas gefühlt an diesem kühlen Abend: Freude und Erleichterung. Nach 626 Tagen ohne Spiel hat er wieder unten angefangen, bei den Amateuren des BVB gegen Eintracht Braunschweig. Trotz des 0:2 war dieser Auftritt für Metzelder ein Hauptgewinn. Siebenunddreißig Ballkontakte, zehn Zweikämpfe, sechs davon gewonnen, das ist für ihn der neue Stoff, aus dem die Träume sind. (…) An diesem trüben Dienstag war es schöner als jemals zuvor irgendwo auf der Welt für den Fußballspieler Christoph Metzelder. Er hat in Rotterdam um den Uefa-Pokal gespielt und in Yokohama um die Weltmeisterschaft. Aber was bedeuten jene historischen Auftritte schon im Verhältnis zu dieser einen Halbzeit vor zweitausend Zuschauern gegen Eintracht Braunschweig?“

Er föhnt sich gerade die Haare

Was macht er? Was macht er? Nun sagen Sie schon, Felix Meininghaus (FR 9.12.)! „Dass der BVB das Spiel verlor, interessierte höchstens am Rande. Die zweite Halbzeit bekamen die Journalisten sowieso nicht mit. Sie warteten im Kabinengang auf den Protagonisten. Die Szenerie hatte etwas Kurioses: Draußen wurde gekickt, drinnen überbrachte der in schwarze Ballonseide gekleidete Betreuer Zwischenmeldungen: „Er steht unter der Dusche“, und wenig später: „Er föhnt sich gerade die Haare.““

Im Sport altert man anders als im Kalender

Christof Kneer (BLZ 9.12.) verdeutlicht am Beispiel Metzelder die Vergänglichkeit von Prognosen: “Der Fall Metzelder zeigt, dass man im Sport anders altert als im Kalender. Sportler altern relativ. Der Kalender sagt, dass Metzelder gut anderthalb Jahre weg war, aber der Fußball sagt, es waren mindestens vier. Metzelder war der Hoffnungsträger einer Zeit, die es nicht mehr gibt. Er war der Prototyp einer neuen Generation, jetzt ist er ihr Urahn. Er war im Jahr 2002 angeblich schon 2006, aber 2004 ist er immer noch 2002. In seiner Abwesenheit sind dem Land neue Metzelders erwachsen, sie heißen jetzt Huth oder Mertesacker, aber es gibt immer noch Hoffnung für das Original: Vielleicht braucht Bundestrainer Klinsmann im Jahr 2006 ja einen Routinier, einen Haudegen, einen Methusalem. Einen in Ehren ergrauten, 25-jährigen Christoph Metzelder.“

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