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Es sind viel zu viele Halbwahrheiten durch die Kabine gegeistert

Oliver Fritsch | Samstag, 18. Dezember 2004 Kommentare deaktiviert für Es sind viel zu viele Halbwahrheiten durch die Kabine gegeistert

Christoph Metzelder mit Freddie Röckenhaus (SZ 18.12.)
SZ: Hätte man – aus Sicht des Spielers – die ganze Krise beim BVB anders managen sollen?
CM: Ich habe es gegenüber der Vereinsführung immer wieder angeregt, die Führungsspieler rundum über den Ernst der Lage und die Details aufzuklären, sie ins Boot zu holen. Und sie mit in die Verantwortung zu nehmen. Es wäre besser gewesen, nach dem Spiel gegen Energie Cottbus, zum Saisonende 2003, klar zu sagen: Es ist überlebenswichtig, dass wir noch in die Champions-League kommen. Man hätte all die schwelenden Gerüchte vermieden. Aber das BVB-Management hat damals nach bestem Wissen entschieden, es anders zu machen. Klar ist: Es sind viel zu viele Halbwahrheiten durch die Kabine gegeistert, die alle völlig verunsichert haben. Da wurde immer wieder kolportiert: Gehälter werden nicht gezahlt oder verspätet. Dauernd wurde diskutiert, dass der und der verkauft werden muss.
SZ: Interessiert sich der Profi für mehr als sein Gehalt? Die Gesamtsituation eines Vereins spielt doch sicher für viele Spieler keine so große Rolle.
CM: Es gibt schon Führungsspieler, die Verständnis für die Situation haben. Jeder muss aber auch wissen, dass es in Zukunft eine andere Vertragsgestaltung geben wird als vor zwei, drei Jahren. Die goldenen Zeiten sind nicht nur in Dortmund erstmal vorbei. Das gilt ja auch in Italien oder anderen Ländern. Aber man darf nicht vergessen: Weiterhin findet doch alles auf einem sehr hohen Niveau statt. Ich glaube, es muss sich bei uns niemand über Gehälter beklagen.

Dieser Verein hat Unsummen an Abfindungen gezahlt – daraus wird man wohl lernen dürfen

Heribert Bruchhagen mit Ingo Durstewitz & Jan Christian Müller (FR 18.12.)
FR: Es gibt eine neue Trainergeneration, die eine andere Ansprache hat, die ankommt und die auch offensiven Fußball spielen lässt.
HB: Das stimmt. Die alte Schule würde ich auch nicht mehr akzeptieren. Es gibt Trainer, die sprechen aus Überzeugung nicht mit ihren Spielern.
FR: Na ja, da brauchen wir gar nicht so weit zurückzudenken. Willi Reimann hat, wenn überhaupt, nur das nötigste gesprochen.
HB: Ja eben. Ich denke aber, Kommunikation ist unverzichtbar – mit den Spielern, mit dem Vorstand, mit den Medien.
FR: Aber wenn Sie das damals schon erkannt haben, weshalb haben Sie dann in Nibelungentreue zu Reimann gestanden?
HB: Was war denn mit dieser Mannschaft drin, mit der die Eintracht in die Runde ging? Das sportliche Ergebnis von Reimann war für mich sehr zufrieden stellend. Er hat 22 Punkte in der Rückserie geholt, und ich finde, er hat ordentlich gearbeitet. Es gibt halt verschiedene Trainer-Typen.
FR: Plaudertaschen und Schweiger?
HB: Wenn man so will. Neururer redet oft mit den Spielern, Reimann wenig. Ist alles so leicht? Klopp und Rangnick sind erfrischende Trainer in der Branche. Aber irgendwann wird die Medaille sowieso bei jedem gedreht und dann wird aus dem kommunikativen Trainer einer, der immer und zu allem seinen Senf dazugibt. Und wenn bei Klopp der Erfolg ausbleibt, dann wird es heißen: Da muss ein harter Hund her. Es ist immer das gleiche. (…)
FR: Bleibt Trainer Funkel über das Saisonende hinaus in Frankfurt?
HB: Vor Ende März werde ich keine Entscheidungen treffen. Weder in Sachen Spieler noch in Sachen Trainer. Ich weiß ja, dass jetzt im Trainingslager diese Geschichten geschrieben werden. Da werden die Spieler dann die Storys liefern, nach dem Motto: ,Ich kann meine Form nicht finden, weil ich nicht weiß, wie es mit mir weitergeht.‘
FR: Aber so stärkt man nicht unbedingt die Position des Trainers.
HB: Ich weiß.
FR: Da muss er durch?
HB: Genau. 25 Jahre hintereinander hat die Eintracht den Trainer das Vertragsende nicht erleben lassen. Daraus muss man einfach Konsequenzen ziehen.
FR: Daher auch die streng auf nur ein Jahr befristeten Verträge?
HB: Dieser Verein hat Unsummen an Abfindungen gezahlt – daraus wird man wohl lernen dürfen.

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