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Interview

Interview mit Uli Hoeneß: Nicht mal eine halbe Zigarette

Oliver Fritsch | Dienstag, 11. Januar 2005 Kommentare deaktiviert für Interview mit Uli Hoeneß: Nicht mal eine halbe Zigarette

Uli Hoeneß mit Torsten Rumpf (WamS 9.1.)
WamS: Im Sommer ließen Sie Bixente Lizarazu ziehen, weil er zuviel Geld gefordert hatte, jetzt die Rückkehr. Ist das nicht inkonsequent?
UH: Nein, weil wir dieses Mal die Bedingungen stellen konnten. Er hat sehr schnell zugestimmt. Ohnehin werden wir die Gehaltsstruktur weiter nach unten fahren. Wir müssen künftig bei den Spielergehältern noch mehr mit spitzem Bleistift rechnen. Generell glaube ich, daß es in den nächsten Jahren keine Gehaltserhöhungen für einen Spieler mehr gibt. Im Gegenteil: Es muß weitere Reduktionen geben, sonst kommen wir auf keinen grünen Zweig mehr. (…) Wenn man sich nicht für die Champions League qualifiziert, ist es sehr wahrscheinlich, daß man Verluste macht. Deutschland war einmal das Land mit dem TV-Sender, der am meisten in den Topf der UEFA einbezahlt hat. Vor zwei Jahren, als RTL zusammen mit Premiere die Rechte hatte, waren es 200 Millionen Schweizer Franken. Sat.1 und Premiere zahlen jetzt noch nicht einmal die Hälfte. Das Loch in unseren Büchern entsteht durch das Fernsehen, und das ist ein Witz. Denn in allen anderen Ländern steigen die Fernsehhonorare extrem. Nicht nur für die Champions League, auch für nationale Wettbewerbe.
WamS: Was folgern Sie daraus?
UH: Insbesondere national müssen wir höhere Fernseheinnahmen erzielen. Und zwar die Liga als solche. ARD und Premiere müssen in Zukunft mehr Geld bezahlen, da geht kein Weg dran vorbei.
WamS: Die DFL ist stolz, daß sie überhaupt 300 Millionen Euro pro Jahr bis 2006 herausschlagen konnte.
UH: Es kann aber nicht sein, daß ein viel kleineres Land wie Frankreich 500 Millionen Euro an die Liga bezahlt. Ganz zu schweigen von den Zahlen in Italien oder England. Dort kassieren die Ligen jeweils eine Milliarde und noch höhere Beträge. Deshalb: Wir müssen die Fernseheinnahmen beim nächsten Vertragsabschluß 2006 auf mindestens 500 Millionen Euro bringen.
WamS: Glauben Sie wirklich, daß die ARD als gebührenfinanzierter Sender dazu in der Lage ist?
UH: Vor allem aus dem öffentlich-rechtlichen Topf muß künftig mehr kommen. Die ARD verdient doch gutes Geld an der Übertragung der Bundesliga. Sie macht einen Gewinn. Die ARD hatte mit einer Quote von vier Millionen Zuschauern bei der Sportschau kalkuliert, jetzt hat sie sechs Millionen. Und die Werbeeinnahmen sind gekoppelt mit der Quote. Da ist noch viel Luft nach oben, das müssen wir ausschöpfen. Denn wir können unsere Fans in den Stadien oder unsere Sponsoren nicht noch mehr schröpfen.
WamS: Ihre Forderung aber hieße, entweder höhere Gebühren für ARD und ZDF oder mehr Geld fürs Pay-TV zu zahlen.
UH: Ja, wir müssen den Zuschauer etwas belasten, der zu Hause vor dem Fernsehschirm sitzt und die Bundesliga verfolgt. Wenn zehn Cent mehr Gebühren an die GEZ bezahlt werden müssen, was ist denn schon dabei? Zehn Cent ist noch nicht einmal eine halbe Zigarette, nach drei Zügen ist dieser Betrag vernichtet. Doch unsere Politiker haben meistens keinen Mut, eine Gebührenerhöhung – auch wenn sie noch so klein ist – durchzusetzen. Weil sie Angst haben, nicht wieder gewählt zu werden. Alle wollen künftig besseren Fußball und bessere Spieler sehen, dann muß aber auch etwas passieren, daß dies finanziert werden kann.

of: Hoeneß tut weh! Sehr weh! Wie kann jemand seine Bedeutung in der Gesellschaft derart überschätzen und Gebührenerhöhung für Profifußball fordern? Wer ist denn bitteschön der Populist?

Sagen Sie Ihre Meinung über die Forderung Hoeneß‘! Diskutieren Sie mit anderen Lesern in der Südkurve!

Bayern München in der Vorbereitung auf die Rückrunde, SZ

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