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Internationaler Fußball

Palermo schien auf ewig Kolonie zu sein

Oliver Fritsch | Dienstag, 8. Februar 2005 Kommentare deaktiviert für Palermo schien auf ewig Kolonie zu sein

Birgit Schönau (SZ 7.2.) misst die Bedeutung des 0:1 Juventus Turins in Palermo: „Die Niederlage war besonders bitter, denn in früheren Zeiten hatte die Mannschaft aus Turin in der Hauptstadt Siziliens immer ein Heimspiel. Solange der Lokalmatador in den unteren Ligen herumkrebste, bekannten sich die Palermitaner als glühende Juve-Fans. Sogar das rosaschwarze Palermo-Trikot, so die Legende, sei ja aus den abgelegten Hemden der Juventini entstanden. Juve-Poster hingen in jeder zweiten Kaffeebar, bei Gastspielen der Turiner oder der stark Juve-lastigen Nationalelf füllte sich das Stadion mit der sizilianischen Anhängerschaft. Palermo schien auf ewig Kolonie zu sein.“

Del Piero steckt im goldenen Käfig

Peter Hartmann (NZZ 8.2.) bezweifelt die Mittel Fabio Capellos: „Capello ist in seinem ersten Jahr bei Juventus doch nicht der unfehlbare Stratege, als den ihn vor einer Woche die Medien vorauseilend gefeiert haben. Er wälzt Personalprobleme. Goalgetter Trézéguet ist nach der langen Pause wegen seiner Schulteroperation noch nicht in die Schlangenhaut der Strafraum-“Kobra“ zurückgeschlüpft. Der Brasilianer Emerson, den Capello aus Rom mitgebracht hat, rackert sich als Pendler zwischen den Toren bis zur Wirkungslosigkeit ab. Capello hat auch die Trainingsarbeit umgestellt: Nach der forcierten Kraftschinderei an den Muskelmaschinen unter seinem Vorgänger Lippi treibt er die Spieler seit Monaten vermehrt zum Laufen. Die schwierigste Personalie, vom sentimentalen wie vom taktischen Gesichtspunkt betrachtet: Capellos Rezept von Zuckerbrot und Peitsche, von abwechselnden Vertrauensbeweisen und Verbannung auf die Bank, hat dem Melancholiker Alessandro Del Piero nicht aus der Midlife-Crisis seiner dreissig Jahre geholfen. Gianluca Vialli, sein einstiger Sturmpartner bei Juventus, der später nach England emigrierte, empfiehlt ihm dringend den Fluchtweg ins. Del Piero steckt im goldenen Käfig eines mit 4,5 Millionen Euro jährlich dotierten Vertrages bis 2008.“

Der Eindruck bleibt bestehen, dass nur Barca eine Mannschaft mit Zukunft stellt

Real Madrid ist mit Wanderley Luxemburgo wieder auf Kurs – Ralf Itzel (FR 8.2.): „Unter dem früheren brasilianischen Nationaltrainer, seit der Jahreswende im Amt, geht es nach schweren Monaten wieder aufwärts. Weil Atletico Madrid Schützenhilfe bot und beim Spitzenreiter FC Barcelona 2:0 siegte, ist der Rückstand des Zweitplatzierten Real auf vier Punkte geschrumpft – und das Titelrennen wieder spannend. Zwar bleibt der Eindruck bestehen, dass nur Barca eine Mannschaft mit Zukunft stellt, und Real vornehmlich die letzten Genialitäten seiner Altstars abruft, doch während die jungen Katalanen zusehends nervös werden, können die Madrider Routiniers nun ihre Erfahrung in die Waagschale werfen. Öfter und härter trainieren müssen die Berühmtheiten unter der neuen Leitung jetzt auch, und sie bewegen sich geordneter über den Rasen. Luxemburgo hat bei jedem Spiel einen Knopf im Ohr oder ein Handy in der Hand, um sich von der Tribüne Positionsfehler übermitteln zu lassen. Vor allem aber hat der vierte Real-Trainer in acht Monaten, wie die meisten Brasilianer ein fröhlicher Mensch, der Mannschaft frischen Optimismus eingehaucht.“

Kein Verständnis für die Tradition und die Geschichte von Manchester United

Malcolm Glazer ist schlecht informiert – Clemens Martin (NZZ 8.2.): „Glazer hat am Wochenende wenig Feingefühl bewiesen. Ausgerechnet am Jahrestag des Flugzeugunglücks von München, als 1958 die halbe Mannschaft von Manchester United ums Leben gekommen war, reichte der amerikanische Multimillionär sein drittes Übernahmeangebot für den 15fachen englischen Meister ein. 300 Pence pro Aktie will er zahlen, exakt so viel wie beim letzten Versuch im Oktober 2004. Für die Anhänger der United, die gegen sämtliche Versuche einer Übernahme ihres Klubs sind, bewies der Zeitpunkt von Glazers Vorgehen vor allem eines: Der Eigentümer der Tampa Bay Bucaneers habe keinen Sinn und kein Verständnis für die Tradition und die Geschichte von Manchester United.“

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