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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Am Grünen Tisch

Einen Minister aus der UdSSR

Oliver Fritsch | Dienstag, 15. Februar 2005 Kommentare deaktiviert für Einen Minister aus der UdSSR

Der SZ (15.2.) entnehmen wir die nächsten schlechten Nachrichten über Deutschlands Schiedsrichter: „Der Schiedsrichter-Skandal beim DFB erreicht dramatische Dimensionen. Der Sportartikelkonzern und langjährige DFB-Werbepartner Adidas lässt nach Angaben von Pressesprecher Oliver Brüggen „derzeit durch die Rechtsabteilung prüfen“, ob der DFB-Angestellte Stefan Trautmann in größerem Umfang Sportartikel im Internet versteigert hat, die er angeblich kostengünstig über seinen Status als Verbandsangestellter für den Eigenbedarf erwerben konnte. Der Trautmann zur Last gelegte Handel mit Ware soll gewerbsmäßige Ausmaße besitzen, dies zeigen jedenfalls Verkäufe und Bewertungslisten der Verkaufsplattform eBay – und anders wäre es kaum zu der Meldung des Ausrüsters beim Fußballverband gekommen.“

Das nächste Fass geöffnet

Thomas Kistner (SZ 15.2.) kommentiert den Fall Trautmann: „Das nächste Fass wird geöffnet. Der Bundesliga-Schiedsrichter und DFB-Angestellte hat rein gar nichts mit der Affäre Hoyzer zu tun, er steht für andere Sündenfälle. Und liefert so schon mal die Gewähr, dass man sich endgültig von der frommen Einzeltäter-These verabschieden muss, nach der im deutschen Schiedsrichterwesen (abgesehen vom schwarzen Schaf Hoyzer) nur hohe Werte gepflegt werden: Gerechtigkeit, Rechtschaffenheit, Unbestechlichkeit. Tatsache ist ja, wie auch der Fall Koop zeigt, dass man als Manipulator in Schiedsrichterkreisen kein großes Risiko lief, Betrugsvorschläge an den Kollegen zu bringen – sogar, wenn dieser nicht mitmachen wollte. Fakt ist auch, dass es im Verband fragwürdige Besetzungen gibt. Und dass mit diesen Personalien, nicht nur im Fall Hoyzer, gern diskret umgegangen wird.“

Mayer-Vorfelder lebt in der Vergangenheit

Roland Zorn (FAZ 15.2.) befasst sich mit dem Einflussverlust des DFB-Präsidenten: „Präsidiumssitzungen des DFB waren früher harmonische Veranstaltungen, geprägt von der Autorität unbestrittener Anführer wie Hermann Neuberger oder Egidius Braun. Seitdem Gerhard Mayer-Vorfelder an der Spitze des mit 6,3 Millionen Mitgliedern größten Sportfachverbandes der Welt steht, ist das Murren über die präsidialen Alleingänge des 71 Jahre alten Stuttgarter Multifunktionärs kontinuierlich angeschwollen. (…) Nichts ist mehr, was es war. Vor allem „MV“ selbst, de jure noch im Amt, de facto aber ein Mann ohne Rückhalt, ist nicht mehr derjenige, der er mal war. Seit dem Osnabrücker DFB-Bundestag im Oktober muß sich Mayer-Vorfelder die Macht, die er längst verloren hat, der Form nach mit Theo Zwanziger teilen. Der Verwaltungsjurist aus dem Westerwald hat seitdem die Zeit genutzt, sich nach außen wie nach innen zu profilieren. Er gilt inzwischen als der erste und beste DFB-Aufklärer des großen Wettskandals. (…) Beim Düsseldorfer DFB-Empfang anläßlich des Länderspiels gegen Argentinien entschuldigte der oberste Repräsentant des deutschen Fußballs den ferngebliebenen Oberbürgermeister der Stadt damit, daß er „einen Minister aus der UdSSR“ empfangen müsse. Wie es scheint, lebt Gerhard Mayer-Vorfelder längst in der Vergangenheit. Auch deshalb soll er sich, heißt es, zu Fragen der Gegenwart des deutschen Fußballs am besten gar nicht mehr äußern.“

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