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Ball und Buchstabe

Jeder wusste, dass diese Doppelspitze nicht funktionieren würde

Oliver Fritsch | Mittwoch, 16. Februar 2005 Kommentare deaktiviert für Jeder wusste, dass diese Doppelspitze nicht funktionieren würde

Armin Lehmann (Tsp 16.2.) kann den momentanen Ärger um die DFB-Doppelspitze nicht nachempfinden: „Die große Revolution endete in der Doppelspitze. Intern hieß es damals aus dem DFB, trotz des faulen Kompromisses sei Mayer-Vorfelder faktisch entmachtet und isoliert, er dürfe nur noch repräsentieren. Interessant ist nun, dass ein angeblich entmachteter Präsident so mächtig viel falsch machen kann, dass man ihn am liebsten schon wieder entmachten will. (…) Jeder im deutschen Fußball wusste, dass diese Doppelspitze nicht funktionieren würde. Aber gewählt worden ist sie doch. Dass sich jetzt Franz Beckenbauer hinstellt und darüber klagt, ist verlogen.“

Die gleichen bösen, alten Männer

Peter-Michael Diestel, Anwalt des suspendierten Torsten Koop, im Interview mit Matthias Wolf (BLZ 16.2.)
BLZ: Koop wird nicht der Manipulation beschuldigt. Warum braucht er einen Anwalt?
PMD: Weil mit ihm umgegangen wird wie mit einem Schwerverbrecher. Herr Koop ist verzweifelt, deshalb hat er sich anwaltliche Unterstützung geholt. Sonst hilft ihm ja keiner. Der DFB stellt hier einen verdienten Mann in den Regen. Seine ganze Familie wird in die Öffentlichkeit gezerrt – auf unverantwortliche Weise.
BLZ: Was werfen Sie dem Verband denn konkret vor?
PMD: Da gibt es unglaubliche Aussagen von einigen Herren beim DFB, über deren Zurechnungsfähigkeit möchte ich gar nicht mutmaßen.
BLZ: Sie beziehen sich auf Manfred Amerell der erklärte, Koop werde „nie mehr ein Spiel pfeifen“?
PMD: Herr Amerell vermittelt durch seine niederträchtigen Aussagen doch den Eindruck: Der eine Strolch heißt Hoyzer – der andere Koop. Da wird einer aus den eigenen Reihen zum Täter gemacht, totgeschlagen ohne Voruntersuchung. Die Strafe wird auch schon festgelegt, bevor die Fakten auf dem Tisch liegen. Hier stellen die Herren vom DFB einen Unschuldigen vors Loch, um von sich und ihren Fehlern abzulenken.
BLZ: Wie meinen Sie das?
PMD: Ach, in Frankfurt sitzen doch immer noch die gleichen bösen, alten Männer wie vor acht Jahren, als ich Präsident beim FC Hansa Rostock war. Die kriegen die Krise nicht verwaltet und schlagen nun in ihrer hemdsärmligen, hilflosen Art auf Leute ein, die sich um den Fußball verdient gemacht haben.(…) Wie viele Monate hat der DFB schon Kenntnis von den merkwürdigen Vorgängen rund um Herrn Hoyzer – und hat ihn doch weiter pfeifen lassen? Und meinem Mandanten werden jetzt einige Tage Schweigen angelastet. Das harte Vorgehen des DFB gegen Herrn Koop ist unverhältnismäßig.
BLZ: Warum hat Herr Koop den Anwerbeversuch erst so spät bekannt gemacht? Mitte Januar wurde er bei einem Lehrgang angesprochen, letzte Woche erst machte er seine Aussage.
PMD: Er hat das nicht ernst genommen. Er hat die aus seiner Sicht wahnwitzigen Andeutungen als Prahlerei abgetan, zumal Herr Hoyzer an dem Tag alkoholisiert war.
BLZ: Wenige Tage nach dem Anwerbeversuch kam die Skandallawine bereits ins Rollen. Da hätte er wissen müssen, worum es geht.
PMD: Mein Mandant wollte niemanden denunzieren, gegen den noch keine Beweise vorliegen.
BLZ: Robert Hoyzer hat aber bereits am 27. Januar ein Geständnis abgelegt. Da hat der DFB alle Referees aufgefordert, ihr Wissen über Hoyzer offen zu legen.
PMD: Meinem Mandanten erschien das, was er erlebt hat, zu unwirklich. Jenseits der Wahrheit.
BLZ: Er hätte doch nur aussagen müssen, was auf dem Hotelzimmer am Rande des Lehrgangs passiert ist.
PMD: Herr Koop ist Mecklenburger. Ein ruhiger, sachlicher Typ, dem Aktionismus und Wichtigtuerei fremd sind. Für andere mag Herr Hoyzer jetzt ein Aussätziger sein – aber mein Mandant hat in ihm lange noch den Kollegen gesehen.

Gute Freunde

Daniel Theweleit (FTD 16.2.) erklärt den Meinungsumschwung Joseph Blatters in Sachen Chip im Ball: „Noch im November 2002 hatte Blatter eine ganz andere Position vertreten. Fehler werde es immer geben, hatte er prophezeit, und deshalb gehörten Diskussionen, „ob der Ball die Torlinie überschritten hat oder nicht“, eben zum Spiel. Fehlentscheidungen machten den Fußball „menschlich und damit emotional“, fuhr Blatter damals fort. Elektronische Hilfen für Schiedsrichter würden dem Spiel sein „menschliches Antlitz entreißen“. Mit exakt diesen Argumenten stellt er sich heute gegen den Videobeweis. Wird die Fifa in der Frage einer Schiedsrichterunterstützung durch Fernsehbilder also auch irgendwann zustimmen? Das kann sein – wenn gute Freunde ein Interesse daran haben. Denn dies ist bei der „Chip-im-Ball-Technik“ der Karlsbader Firma Cairos der Fall. Diesem Unternehmen ist nämlich ein bemerkenswerter Schachzug gelungen: Es gewann Adidas als Partner, und der Sportartikelhersteller baute den von Cairos entwickelten Chip in einen Ball ein. Einer der wichtigsten Fifa-Sponsoren würde damit also profitieren von der Einführung dieser Technik. Blatter und das Führungspersonal von Adidas kennen sich bestens. (…) Vielleicht lässt sich von dieser Geschichte ja nun auch Philips, der Elektronikhersteller unter den Fifa-Sponsoren, inspirieren. Denn wenn der eine überzeugende Technologie zur Führung von Videobeweisen entwickelt, dann könnte irgendwann auch dieses Hilfsmittel gewisse Chancen vor dem IFAB erhalten.“

(Wie) funktioniert der Chip im Ball?, SZ

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